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Fußball-Kolumne

DFB: "Die Mannschaft" hat ausgedient – Pleite für Oliver Bierhoff

ARCHIV - 09.11.2020, Sachsen, Leipzig: Fu�ball: Nationalmannschaft, vor dem L�nderspiel gegen Tschechien. Der Mannschaftsbus mit dem Schriftzug �Die Mannschaft� steht vor dem Hotel. (zu dpa �DFB-Besch ...
Der Slogan "Die Mannschaft" sollte die Identifikation mit dem DFB-Team im In- und Ausland steigern.Bild: dpa-Zentralbild / Robert Michael
Fußball-Kolumne

"Die Mannschaft" hat ausgedient: Warum das eine Pleite für Bierhoff ist – und die nächste bereits droht

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
29.07.2022, 14:2928.01.2023, 09:32
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Seit gestern steht es fest: Die DFB-Oberen beugen sich in einem Punkt endlich der Stimmung an der Basis und schaffen den PR-Claim "Die Mannschaft" ab. Diese Worthülse war in den zurückliegenden sieben Jahren die Bezeichnung für die Deutsche Fußball Nationalmannschaft.

In einem ersten Statement betonte der DFB-Präsident Bern Neuendorf, dass die Namensgebung im Grunde ja gar nicht wichtig sei. Er meint, dass das Auftreten der Nationalmannschaft ohnehin bedeutender sei als dieser Name. Recht hat er und wir fragen uns: Aus welchem Grund wird in dieser Frage so lange rumgeeiert?

Zuletzt hatte Neuendorf – politisch versiert – immer noch gezögert und eine weitere eigene DFB-Studie zum Thema angekündigt. Schließlich wolle man vor allem die Meinung aus dem Ausland und auch die aus der (nicht am Fußball interessierten) Bevölkerung einholen, bevor die Entscheidung fällt.

Man orientiert sich also beim DFB auch in dieser Frage an denen, die die Einschaltquote und das Geld bringen sollen.

Kolumnist Harald Lange
Fanforscher Harald LangeBild: uni würzburg / uni würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 53-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

"Die Mannschaft" gilt beim DFB noch bis Ende des Jahres

Die Abschaffung erfolgt jedoch nicht als Schnitt. Der PR-Claim darf noch eine Weile weiter vor sich her dümpeln und bis zum Ende der umstrittenen WM in Katar gelten. Besser kann man ein Auslaufmodell nicht in Szene setzen.

Was auch immer in den Monaten bis Weihnachten geschehen wird, erfolgt nun unter einem Mannschaftsnahmen, der gescheitert ist. Wir werden also Dank dieser Posse weitere kleine Peinlichkeiten ertragen müssen. Ob das DFB-Team gewinnt oder verliert: Bis Weihnachten wird alles unter dem Claim dieser abgeschafften Phrase beobachtet und bewertet werden. Public Relations, aber auch Fannähe geht anders.

Abschaffung ist Niederlage für Oliver Bierhoff

Die einstimmige Entscheidung des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung des DFB bedeutet zugleich auch die erste öffentlich sichtbare Niederlage für den mächtigen Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff.

Er konnte in der Vergangenheit scheinbar freie Hand bei der Umsetzung seiner Fußballphilosophie genießen und innerhalb des DFB eine gigantische und vor allem kostenintensive "Akademie" nach seinen Vorstellungen aufbauen durfte.

09.06.2022, Bayern, Herzogenaurach: Fu�ball, Nationalmannschaft, vor dem Nations-League-Spiel in Ungarn: Oliver Bierhoff, Gesch�ftsf�hrer Nationalmannschaften des DFB bei der Pressekonferenz. Foto: Da ...
Nationalmannschaftsdirektor Oliver BierhoffBild: dpa / Daniel Löb

Während sich der in Rede stehende Claim flugs abschaffen ließ, wurde die "Bierhoffisierung" des Deutschen Fußballs mit dem neuen DFB Campus und der inhaltlichen Ausrichtung der Akademie in Frankfurt quasi in Beton gegossen. Deshalb bleibt uns fast nichts anderes übrig als zu wünschen, dass diese Idee von Fußball und seinen Strukturen genial ist. Alles andere würde in den kommenden Jahren fatale Folgen haben.

"Die Mannschaft" ist aktuell die Frauen-Nationalmannschaft bei der EM

Die zweite öffentliche Niederlage für den DFB-Manager Bierhoff kündigt sich bereits jetzt an. Sie wird spätestens ab Sonntag, dem Tag des Endspiels der Frauen Europameisterschaft im altehrwürdigen Wembley Stadion in London, in aller Munde sein.

"Die Mannschaft" der Stunde ist nämlich unser DFB Frauenteam, das in das Finale eingezogen ist und Chancen auf den Titel und die dazugehörige Prämie hat. Bierhoff hat dafür gesorgt, dass es im DFB kein Equal Pay gibt und der DFB den Frauen mit 60.000 Euro zwar eine stattliche, aber im Vergleich zu den Männern (400.000 Euro) deutlich geringere Prämie auszahlen will.

Dass so etwas ebenso ungerecht wie unzeitgemäß ist, empfinden nicht nur die Fans und Beobachter an der Basis so. Auch unser Bundeskanzler reist mit der öffentlich verkündeten Botschaft zum EM-Endspiel, dass die Nationalmannschaft der Frauen mit dem Männerteam gleichgestellt werden muss. Schauen wir mal wie lange Bierhoff das Equal Pay auf der Ebene der Deutschen Nationalmannschaften noch verhindern kann und welche Themen danach auffallen werden.

Abschaffung von "Die Mannschaft" hat Symbolkraft

Letztlich wollen wir alle mithelfen, gute Ideen zur Zukunft des Fußballs zur Entfaltung kommen zu lassen. Dafür brauchen wir eine offene, kommunikative und flexible Struktur im DFB. Die Macht- und Entscheidungszirkel der Vergangenheit dienen nur denen, die ihre Macht erhalten wollen. Nicht dem Fußball und schon gar nicht der Nachwuchsarbeit an der Basis unserer 25.000 Vereine.

Wir werden also weiterhin kritisch und mindestens ebenso hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, denn die Abschaffung des Claims "Die Mannschaft" ist auch eine symbolische Aufwertung aller anderen Mannschaften in unserem Land. Die Reservierung dieses Namens für eine einzige Mannschaft aus dem Männerbereich war arrogant.

BVB-Stars drohen nächste Saison deutliche Gehaltseinbußen

Die Ergebnisse des BVB stimmten zuletzt wieder. In der Bundesliga hat Borussia Dortmund drei Siege in Folge eingefahren, den vierten Tabellenplatz damit gegen Verfolger RB Leipzig verteidigt.

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