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Fußball-Kolumne

Frauen-EM: Warum Fußball längst keine Männer-Domäne mehr sein darf

Fußball ist längst keine reine Männer-Sache mehr. Der Hype um die Fußballfrauen ist so groß wie nie.
Fußball ist längst keine reine Männer-Sache mehr. Der Hype um die Fußballfrauen ist so groß wie nie.Bild: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow
Fußball-Kolumne

Frauen-EM: Warum Fußball längst keine Männer-Domäne mehr ist – und auch nicht mehr sein darf

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen. Dieses Mal geht es um den Wandel des Frauen-Fußballs.
24.07.2022, 12:3028.01.2023, 09:33
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Die Fußball-Europameisterschaft der Frauen in England unterstreicht eindrucksvoll, dass der Fußball längst keine Domäne der Männer mehr ist. Auch im Spitzenbereich schaffen es Frauen durch Leistung, ansehnliches Spiel und vor allem aufgrund ihrer Spieler-Persönlichkeiten, zu überzeugen.

Der Hype um den Frauenfußball hat bereits begonnen

Nach Abschluss der Vorrunde waren bereits mehr Zuschauer in den Stadien als beim letzten EM-Turnier in den Niederlanden in allen Spielen zusammen. Wir werden also in den kommenden K.O.- Spielen einen regelrechten Hype um den Frauenfußball erleben. Auf der Fanseite werden mit großer Sicherheit alle medialen Rekorde gebrochen.

Über 9,5 Millionen verfolgten das Spiel Deutschland gegen Österreich im TV.
Über 9,5 Millionen verfolgten das Spiel Deutschland gegen Österreich im TV.Bild: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Das Interesse an der Deutschen Frauen-Nationalmannschaft ist während des bisherigen Turnierverlaufs kontinuierlich gestiegen. Das Auftaktspiel gegen Dänemark schauten sich knapp 6 Millionen Menschen im Fernsehen an. Gegen den Turnierfavoriten Spanien waren es wenige Tage später bereits über 8 Millionen und am Donnerstag dieser Woche schalteten 9,5 Millionen Fans den Fernseher ein, als das Deutsche Team die Österreicherinnen im Viertelfinale mit 2:0 besiegte.

Kolumnist Harald Lange
Bild: uni würzburg / uni würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 53-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Mit Blick auf die seit Jahren stark rückläufigen Quoten bei den Spielen der DFB-Männermannschaft und der nervigen Debatten über die unsägliche Überkommerzialisierung und Selbstüberschätzung des Männerteams um Oliver Bierhoff (Stichwort #DieMannschaft) führen die besten Fußballerinnen des Landes gerade eine wohltuende Alternative auf. Nicht als Anhängsel und schon gar nicht als Kopie des DFB-Männerkonstrukts, sondern als attraktive Fußballmannschaft.

Sponsoren werden künftig auch in Frauenfußball investieren müssen

Anders als im Kommerzfußball der Männer wird der aktuell zu beobachtende Hype nicht gesteuert. Die Fan-Basis ist (wieder einmal) bereit dafür, Frauenfußball anzuschauen.

Außerdem lässt die gesellschaftliche Debatte der vergangenen Jahre auch keinen anderen Schluss zu, als den, dass Mädchen und Frauen in diesem Land die gleichen Möglichkeiten bekommen müssen wie Männer und Jungen. Diese Botschaft wird vor allem für die wichtigen Sponsoren des Fußballs relevant, denn künftig wird es mindestens ein Stirnrunzeln bei den Konsumenten und Fans provozieren, wenn sich Sponsoren nur bei den Männern engagieren und den Frauenfußball ignorieren.

Der DFB, aber auch die DFL und alle anderen Institutionen, die sich in Deutschland mit dem Fußball befassen, müssen künftig also die Frage beantworten, weshalb das gigantische Potenzial des Fußballs für die Frauen in der Bundesliga und den Spielbetrieb in den nachfolgenden Klassen nicht erschlossen wird. Auch hierzu liegen starke Zahlen vor: In der zurückliegenden Bundesligasaison stand das Frauen-Team von Eintracht Frankfurt mit durchschnittlich 1.580 Zuschauern pro Heimspiel an der Spitze des Rankings. Das Schlusslicht Carl Zeiss Jena schaffte lediglich 276 Zuschauer pro Spiel.

Diese Werte kommen mir vor wie Zahlen aus einer ganz anderen Welt und sie verweisen auf ein Strukturproblem. Von allein wird sich diese Entwicklung nicht verändern. Der DFB muss aktiv werden und strukturell umdenken.

Nun sind die großen Verbände, TV-Sender und Sponsoren am Zug

Das Interesse an den DFB-Frauen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Das Interesse an den DFB-Frauen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.Bild: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Wir hatten auch vor elf Jahren schon einmal einen medialen Hype um den Frauenfußball. Damals fand die WM in Deutschland statt und weckte in weiten Teilen der Gesellschaft Interesse. Bedauerlicherweise ohne irgendeine sicht- und spürbare Nachhaltigkeit. Denn das Zuschauerinteresse an der Frauen-Bundesliga rechtfertigt bislang keinesfalls den Einstieg großer TV-Sender und Sponsoren in diesen Bereich des Fußballs.

Im Grunde paradox, denn wir erleben am Beispiel dieser Frauen-EM in England das Gegenteil. Krempelt bitte nach dem Finale die Ärmel hoch, packt an, denkt auch mal in anderen Bahnen und arbeitet an einer Reform, die den gesellschaftlichen Erwartungen genügen kann!

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