Ein unfreiwilliges Handspiel von Sadio Mané verdeutlicht einmal mehr den Mangel einer eindeutigen Hand-Regel.Bild: www.imago-images.de / Passion2Press
Fußball International
Strafbares Handspiel zu definieren, sodass jede Situation auf dem Platz eindeutig und fair ausgelegt werden kann, ist eine Aufgabe, an der Fußball-Regelmacher seit Jahren verzweifeln. Dass die Regel letztendlich auch noch für die Allgemeinheit verständlich sein soll, erschwert die Aufgabe zusätzlich.
Immer wieder versucht die Schiedsrichter-Führungsriege die Definition der Handspielregel anzupassen. Das führt immer wieder zu Verwirrungen.
"Schutzhand" und "angeschossen" – Begriffe, mit denen Handspiel-Streitigkeiten auf dem Schulhof beigelegt werden – sind im Profifußball mittlerweile belanglos. Stattdessen werden inzwischen Begriffe wie "aktive Bewegung zum Ball", "Vergrößerung der Körperfläche" und "natürliche Armbewegung" verwendet.
In der Praxis ist die Auslegung in diesen Fällen aber selten eindeutig. Die Bürde zu entscheiden, was fair ist, obliegt dann dem Schiedsrichter.
IFAB: Hande schützend vors Gesicht halten ist ein "Reflex"
So erging es am Dienstagabend beim Champions League-Gruppenspiel zwischen Bayern München und Inter Mailand auch dem slowakischen Referee Ivan Kružliak: Bei einem Distanzschuss von Nicolò Barella in der achten Minute hatte Bayerns Sadio Mané im eigenen Strafraum schützend die Hände vors Gesicht gerissen und den Ball so ins Toraus abgefälscht. Kružliak entschied zunächst auf Eckstoß, wurde dann aber vom VAR in die Review-Area zitiert.
Sadio Mané (Nr. 17) blockt einen Schuss mit den Händen.Bild: www.imago-images.de / Sven Simon
Nach mehreren Minuten entschied er sich, seine ursprüngliche Entscheidung nicht zu revidieren. Dies begründete er für alle sichtbar mit einer Geste (beide Hände vors Gesicht), die man früher als "Schutzhand" bezeichnet hätte. Aber dieser Begriff ist ja heutzutage tabu.
Stattdessen hatten die Regelmacher vom IFAB (International Football Association Board) im Frühjahr in einer Fragewunde erklärt: Die Bewegung der Hände vors Gesicht sei ein Reflex, also eine "natürliche Handbewegung" bei der "die Körperfläche nicht vergrößert werde", und daher nicht strafbar. Demnach wäre Kružliaks Entscheidung vollkommen richtig gewesen.
"Eindeutig strafbar": Wolfgang Stark widerspricht IFAB
Anders sah das offensichtlich Ex-Bundesliga-Schiri Wolfgang Stark: "Die Szene ist eindeutig strafbar", urteilt er bei Amazon Prime kompromisslos. Im Vergleich zum IFAB legt Stark nämlich weniger Wert auf die Natürlichkeit der Armbewegung und dafür mehr auf die Bewegungsrichtung des Arms: "Beide Hände gehen ganz klar in die Flugbahn. Das war eine Abwehr in Torwart-Manier, es spricht alles für ein strafbares Handspiel", erklärt der zweimalige Schiedsrichter des Jahres.
Wolfgang Stark war von 1999 bis 2014 FIFA-Schiedsrichter.Bild: imago sportfotodienst / /Eibner
Auch Bayerns ehemaliger Sportdirektor Matthias Sammer hätte wohl Elfmeter gegeben, wollte sich jedoch nicht über den ausbleibenden Pfiff echauffieren. "[Mané] muss ihn doch sicher halten und nicht so wegboxen", scherzt er stattdessen über die Torwart-Qualitäten des Bayern-Stürmers.
Nach dem Spiel nahm sich auch der senegalesische Superstar Zeit, die Szene zu kommentieren. "Das ist kein Elfmeter. Der Ball hätte mich sonst im Gesicht getroffen", rezitiert er die Regelauslegung des IFAB. "Wenn ich die Hände nicht hoch nehme, muss ich ins Krankenhaus."
Als Spieler hat Vincent Kompany in der Champions League schon zahlreiche Schlachten geschlagen, als Trainer betritt der Belgier am Dienstag jedoch Neuland: Der Coach des FC Bayern wird beim CL-Auftakt gegen Dinamo Zagreb zum ersten Mal als Trainer in der Königsklasse an der Seitenlinie stehen.