Die Bundesliga hat ein neues Thema! Nach der halbstündigen Unterbrechung des Zweitligaspiels zwischen Herta BSC und dem Hamburger SV gab es bei der Analyse des vergangenen Spieltags den Ton an. Die Situation war brenzlig, der Schiedsrichter erörterte bereits die Möglichkeit eines Spielabbruchs. Genau das erwarten wir für einen der kommenden Spieltage.
Am Wochenende wird der Protest nochmal auf breiter Front hochkochen und die Hintergründe der gewachsenen Unzufriedenheit sichtbar machen. Zu einem Spielabbruch wird es aber noch nicht kommen. Die bislang erreichte mediale Aufmerksamkeit hilft den aktiven Fanszenen dabei zu informieren, aufzuklären und Sympathien für den Protest einzusammeln.
Das ist eine wirklich gut durchdachte Form des nachhaltigen Protestierens: laut, wirkungsstark, originell, gewaltfrei und in der Sache glasklar. Ein ernstzunehmendes Nein zum Investoreneinstieg bei der DFL! Was die DFL-Oberen um Hans-Joachim Watzke in einem Handstreich erledigen wollten, hat sich in den zurückliegenden Wochen zu einem sport- und gesellschaftspolitischen Problem-Thema entwickelt.
Weshalb wollen die Bosse einer milliardenschweren Branche die Zukunft des Profifußballs auf Pump und in Abhängigkeit von den Interessen eines international agierenden Investors absichern? Was geschieht mit den Milliarden, die Jahr für Jahr aus TV-Geldern, Sponsorings und anderen Marketinginstrumenten in die DFL und die Bundesliga hineinfließen? Zeugt dieser Deal von wirtschaftlicher Vernunft? Oder erinnert das Prozedere an die maßlose Geldgier eines Business, in dem man Gefahr läuft, alle anderen Werte des Sports zu opfern und zu verkaufen?
Möglicherweise liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Aber die DFL hat in Sachen Kommunikation einen grottenschlechten Job gemacht. Nach der ersten Abstimmung im Mai, in der die notwendige Mehrheit verfehlt wurde, war die Investorenidee eigentlich vom Tisch. Deshalb wurde auch die übereilt einberufene zweite Abstimmung im Spätherbst von den Fans als Frontalangriff auf die guten Sitten aufgefasst.
Vollends nachvollziehbar, denn das knappe Abstimmungsergebnis ließ sich nur mithilfe eines billigen Taschenspielertricks herbeiführen. Obwohl die Wahlmänner der 36 Bundesligaklubs an die öffentlich bekannten Weisungen ihrer Vereine (und deren Mitglieder) gebunden waren, ließ die DFL geheim abstimmen. Mit fatalen Folgen, denn nun steht Martin Kind von Hannover 96 im (sehr gut begründeten) Verdacht, als Zünglein an der Waage gegen diese Weisung des Stammvereins verstoßen zu haben.
Statt gegen den Deal zu stimmen, verfolgt er offensichtlich eigene Interessen, weshalb die Fußballöffentlichkeit einen Verstoß gegen das 50-plus-1-Prinzip – also gegen die demokratisch verfasste Garantie der Mitgliederbestimmung – wahrnimmt. Die DFL-Führung würde aus dieser Zwickmühle nur mit einem massiven Gesichtsverlust herauskommen. Wahrscheinlich müssten sogar Ämter aufgegeben werden.
Deshalb wird man in der Chefetage stur bleiben, allerhöchstens Symbolpolitik betreiben und irgendwelche halbgaren Gespräche anbieten, die keine Option für die Lösung des Problems beinhalten. Damit ist der Konflikt vorerst konserviert, die Lage wird weiter eskalieren und wir werden in den kommenden Monaten einen Spielabbruch erleben.
Die Zeit spielt für die Fans, denn es gelingt ihnen für das Problem, das sich hinter den Protesten verbirgt, zu sensibilisieren und zunehmend Verständnis für ihre Protestaktionen zu gewinnen. In der kommenden Woche veröffentlichen wir an der Uni Würzburg eine repräsentative Studie, die wir gemeinsam mit den Meinungsforschern von Fan Q durchgeführt haben.
Die Ergebnisse haben es in sich: Mehr als 75 Prozent der befragten Fußballfans finden den Protest vom letzten Spieltag gut oder sehr gut! Gleichzeitig glauben ebenfalls 75 Prozent der Befragten, dass die Proteste keinen Einfluss auf die Entscheidungen der DFL haben werden.
Die Ergebnisse lassen für die Zukunft zweierlei erwarten. Erstens: Der Protest wird in der fußballinteressierten Öffentlichkeit weiter an Zustimmung gewinnen. Die Pfiffe aus der Kurve werden mehr und der Rückhalt für die Protestaktionen wird breiter. Zweitens: Die Schärfe der Proteste wird zunehmen, denn noch traut man den DFL-Oberen nicht zu, irgendeine tragfähige Lösung des selbst verbockten Problems herbeizuführen.
Mein Rat an die DFL-Spitze: Auch wenn es weh tut. Zeigt euch demütig, gebt den Fehler zu, überdenkt das ganze Verfahren nochmal neu und macht ernstzunehmende Gesprächsangebote. Alles andere mündet in Eskalation!