Nach Tagen der geräuschvollen Berichterstattung hat der DFB mit Julian Nagelsmann einen Nachfolger für Hansi Flick gefunden. "Er war mit Beginn der Suche unser Wunschkandidat als Bundestrainer", erklärte Sportdirektor Rudi Völler bei der Präsentation.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge war es aber auch der klare Wunsch des Verbands, den neuen Übungsleiter langfristig an sich zu binden. Das wiederum wollte Nagelsmann zumindest vorerst offenbar nicht. Denn beide Seiten einigten sich auf einen Vertrag bis zum Sommer 2024.
Nach aktuellem Stand wird der 36-Jährige die deutsche Nationalmannschaft also bis zur EM im eigenen Land betreuen, anschließend müsste sich der DFB nach einer anderen Lösung umschauen. Ob es wirklich so kommt, weiß aktuell wohl nur Nagelsmann selbst – sofern er für sich denn bereits eine Entscheidung gefällt hat.
Bernhard Peters, einst Nachwuchskoordinator bei der TSG Hoffenheim, kennt den Coach noch bestens aus der Anfangszeit seiner Karriere. "Julians ganz große Stärken liegen auf dem Platz, seine Intuition, seine Schnelligkeit in den Gedanken, seine Auffassungsgabe und auch seine Fähigkeit, Dinge zu vermitteln", beschreibt Peters im "Kicker" die Arbeitsweise des neuen Bundestrainers.
"Deshalb bin ich grundsätzlich der Meinung, dass er langfristig täglich auf den Platz gehört, weil er sich da komplett entfalten und die ganze Bandbreite seiner Kompetenzen einbringen kann", schlussfolgert der 63-Jährige.
Das wiederum ist in einer Nationalmannschaft, die abseits der großen Turniere lediglich alle paar Monate zusammenkommt, nicht möglich. In dieser Rolle verbringt ein Trainer den Großteil seiner Zeit damit, (potenzielle) Nationalspieler zu beobachten und die nächste Länderspielpause vorzubereiten.
Ganz anders sieht der Alltag als Vereinstrainer aus, er steht praktisch täglich auf dem Trainingsplatz. Und wenn doch mal ein trainingsfreier Tag ansteht, nutzen viele Übungsleiter ihre Zeit für intensive Videostudien und die Vorbereitung aufs nächste Spiel. Langeweile kommt da nicht auf.
Als Bundestrainer dürfte Nagelsmann in den nächsten Monaten aber auch nicht langweilig werden. Zu viele Baustellen gibt es rund um die sportlich kriselnde DFB-Elf, zu sehr strahlt die in neun Monaten startende Heim-EM bereits jetzt in die Gegenwart. Und zu laut waren die Debatten um die Wahl des Bundestrainers.
Wobei das Präteritum nicht unbedingt angemessen ist, schließlich wird auch jetzt noch diskutiert. So schickte Dietmar Hamann bei "Sky 90" eine Warnung an den neuen Bundestrainer: "Wenn Julian Nagelsmann nicht aus seiner Zeit in München gelernt hat, dass die Spiele in der Nationalmannschaft von den Spielern gewonnen werden – und nicht von ihm – dann wird das nicht funktionieren."
In diesem Video erfährst du mehr über Julian Nagelsmann und Infos über sein Gehalt als Bundestrainer:
In München sei Nagelsmann zu engstirnig gewesen. "Es wurde ihm öfter nahegelegt, seine Matchpläne etwas seichter zu gestalten. Aber das wollte er nicht machen", bemängelte der frühere Nationalspieler. Dies sei ein Punkt gewesen, der "ursprünglich dazu beigetragen hat, dass er nicht mehr Trainer beim FC Bayern war".
Als Bundestrainer müsse Nagelsmann künftig "moderieren, nicht trainieren". Ob dem 36-Jährigen dieser Wechsel in der Arbeitsweise gelingt, werden die kommenden Länderspiele zeigen. Den Auftakt macht die USA-Reise im Oktober. Am 14. Oktober spielt die DFB-Elf gegen die USA, vier Tage später gegen Mexiko.