Der FC Bayern blickt auf ein gelungenes Wochenende zurück. In der Bundesliga hatte der Rekordmeister am Samstag mit dem VfL Bochum keine große Mühe, durch den 7:0-Kantersieg stürmte der FCB an die Tabellenspitze. Tags darauf erschien die Mannschaft geschlossen auf dem Oktoberfest, wo die gut gelaunten Profis den jüngsten Erfolg mit Bier und Brezeln feiern konnten.
Trotz dieses positiven Wochenabschlusses herrscht bei den Münchenern aber nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Vor dem Heimspiel gegen Bochum blieben die Bayern vier Spiele in Folge nicht ohne Gegentor, allein in den beiden Duellen mit Bayer Leverkusen und Manchester United musste Torhüter Sven Ulreich ganze fünfmal hinter sich greifen.
Die Defensive bleibt also zumindest vorerst eine Baustelle. "Die Bayern bekommen nach wie vor zu viele Gegentore, und zwar zu einfache, häufig durch individuelle Fehler", bemängelt Jürgen Kohler im "Kicker".
Der Weltmeister von 1990 muss es wissen, während seiner aktiven Zeit galt er als einer der besten Innenverteidiger der Welt. Dementsprechend genau fällt seine Analyse aus: "Die Fehler wiederholen sich. Oft sind die Abstände zu groß. Im Strafraum geht es um Beweglichkeit, schnelle Füße und schnelles Handeln im Kopf. Daran mangelt es, ebenso bei der Positionierung zu Ball und Gegner und der Antizipation."
Kohler hat dabei vor allem die Münchener Innenverteidiger Dayot Upamecano, Min-Jae Kim und Matthijs de Ligt im Blick. Alle drei seien zwar "Spieler mit Qualität, aber wenn die Luft auf Top-Niveau dünn wird, bekommen sie Probleme. Bayern hat in der Innenverteidigung ein gutes, aber kein Top-Niveau".
Die ersten sieben Pflichtspiele dieser Saison geben dem 57-Jährigen recht. In den vier Duellen mit Werder Bremen, dem FC Augsburg, Borussia Mönchengladbach und dem VfL Bochum, alles Teams aus der unteren Tabellenhälfte, kassierte der FCB lediglich zwei Gegentore. In den drei Partien gegen die Top-Teams RB Leipzig (Supercup), Bayer Leverkusen und Manchester United waren es hingegen satte acht Gegentreffer.
Kohler sieht allerdings nicht nur in der Innenverteidigung Nachholbedarf. "Bei Davies sehe ich nach seinem überragenden ersten Jahr eine gewisse Stagnation, die bei jungen Spielern aber normal ist", ordnet er die Entwicklung des 22-Jährigen ein: "Seine große Qualität ist die unglaubliche Schnelligkeit, er kann nach 40, 50 Metern nochmals beschleunigen, das können nicht viele."
Auf der anderen Seite mache es Aushilfsrechtsverteidiger Konrad Laimer "gut, aber es ist nicht seine Lieblingsposition". Noussair Mazraoui hingegen fühlt sich auf der Position pudelwohl, macht seine Sache laut Kohler aber schlechter als Laimer: "Mazraoui sehe ich nicht so gut, bei ihm kommen die Gegner zu oft zu schnell in den Rücken."
Trotz dieser deutlichen Worte für Bayerns Defensivspieler sieht der Weltmeister von 1990 aber die ganze Mannschaft in der Pflicht. "Die Lust auf Defensivarbeit muss geweckt werden, schon im Training. Ein intensives Trainingsspiel muss auch mal 0:0 ausgehen. Verteidigen heißt auch kämpfen", fordert er vom ganzen Team.
Schon am nächsten Wochenende haben die Münchener die Chance, es gegen einen Top-Gegner besser zu machen. Am Samstag tritt der FCB zum Spitzenspiel bei RB Leipzig an.