Der Wechsel von Philippe Coutinho vom FC Barcelona zu Bayern München war schon am Wochenende durchgesickert, am Montag wurde er offiziell bestätigt. Der 27-jährige Offensivspieler aus Brasilien wird für eine Saison ausgeliehen.
Eigentlich hatten die beiden Klubs über die genauen Modalitäten ja Stillschweigen vereinbart, doch Barcelona brach die Abmachung und plauderte finanzielle Vereinbarungen aus. Demnach beläuft sich die Leihgebühr für ein Jahr auf achteinhalb Millionen Euro, die Kaufoption hat einen Umfang von 120 Millionen Euro. Das Gehalt von rund zwölf Millionen Euro für die neue Nummer zehn bezahlen die Bayern.
"Für mich bedeutet dieser Wechsel eine neue Herausforderung in einem neuen Land bei einem der besten Klubs Europas. Darauf freue ich mich sehr", sagte Coutinho bei seiner Vorstellung. "Es ist natürlich immer eine große Ehre, wenn Bayern München an einem interessiert ist, da das ein toller, großer und traditionsreicher Verein ist. Ich kann es auch schon kaum erwarten, das Trikot überzustreifen und zu spielen."
Gleich mehrere Kollegen überzeugten Coutinho, dass ein Bayern-Wechsel die richtige Entscheidung sei. "Ich habe mit Thiago telefoniert, mit dem ich mich gut verstehe. Und auch mit Rafinha und Lucio, die hier mal gespielt haben. Sie alle haben mir sehr zu einem Wechsel zum FC Bayern geraten", erklärte der Ballzauberer. "Das Vertrauen, das mir hier geschenkt wird, ist mir sehr wichtig. Ich hoffe, dass ich hier lange bleiben und viele Titel gewinnen kann."
Nach dem verpassten Transfer von Flügelflitzer Leroy Sané ist bei den Bayern die Erleichterung über die Verpflichtung eines Topshots deutlich spürbar. Vor allem bei Hasan Salihamidzic: "Die Bundesliga wird bereichert durch so einen sensationellen Spieler, der unsere Mannschaft auf ein anderes Level hebt. Das wollen alle sehen. Das wollen wir sehen, das wollen die Fans sehen – und darauf freuen wir uns", erklärte der wegen der vielen geplatzten Deals in die Kritik geratene Sportdirektor.
Coutinho, der dank seines 145-Millionen-Euro-Transfers von Liverpool zu Barcelona nach Neymar der zweitteuerste Fußballer der Geschichte ist, soll Bayerns Offensive nach den Abgängen von Arjen Robben und Franck Ribéry wieder etwas Magisches einhauchen, doch der schüchterne und sensible Brasilianer ist ein ganz anderer Spielertyp. "Ich bin eigentlich keiner, der gerne über sich selbst spricht. Ich bin ein fleißiger Arbeiter."
"Ich versuche Torchancen zu kreieren, kann allerdings auch defensiv mitarbeiten. Aber natürlich wird der Trainer entscheiden, wo ich am besten hinpasse."
Fakt ist, im bevorzugten 4-3-3-System von Bayern-Trainer Niko Kovac hat es für einen klassischen Zehner eigentlich keinen Platz. Das musste im vergangenen Jahr schon James Rodriguez schmerzlich erfahren, der einen ähnlichen Spielstil wie Coutinho pflegt, sich bei den Bayern aber nie einen Stammplatz erkämpfen konnte.
Doch Coutinho ist der bessere James, da er deutlich variabler einsetzbar ist. Zwar fehlt es ihm auf dem Flügel etwas an Tempo, doch das macht er mit feiner Technik, perfekter Schusstechnik und klugen Pässen wieder wett. Am effizientesten spielt der Brasilianer jedoch als hängende Spitze. Bei Liverpool entwickelte sich Coutinho in den Räumen zwischen Mittelfeld und Sturm zu einer der besten Offensivkräfte der Welt.
Gut möglich, dass Kovac sein System für Coutinho also auf ein 4-2-3-1 umstellt. Sportdirektor Salihamidzic sieht die Rolle seines neuen Transfers so: "Ganz wichtig ist, dass Philippe unsere Spitzen und unsere Außenspieler einsetzen kann. Darüber hinaus ist er selbst torgefährlich. Das verleiht unserer Mannschaft noch mehr Flexibilität. Das hat eine große Bedeutung."
Der Coutinho-Transfer birgt aber auch Gefahren. Leidtragender einer System-Umstellung wäre nämlich Thomas Müller. Der hundertfache deutsche Nationalspieler bekleidet eine ähnliche Position wie Coutinho, auf den Flügel als Alternativ-Position passt der "Raum-Deuter" dagegen nicht. Müller als Identifikationsfigur und Führungsspieler auf die Bank zu setzen, könnte die Unruhe bei den Bayern, welche die Unzufriedenen Renato Sanches und Jérôme Boateng bereits losgetreten haben, weiter verstärken.
(pre)