Mit seinem Anruf in der Fußballsendung "Doppelpass" hat Uli Hoeneß am Sonntag für mächtig Wirbel gesorgt. Der frühere Präsident des FC Bayern störte sich derart an der TV-Diskussion über die anstehende Weltmeisterschaft in Katar, dass er zum Hörer griff und das Turnier mit kontroversen Argumenten rechtfertigte.
"Die WM und das Engagement des FC Bayern und andere Sportaktivitäten in der Golfregion werden dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter. Das sollte man endlich mal akzeptieren und nicht ständig auf die Leute draufhauen", sagte Hoeneß hörbar erregt.
Der ehemaligen DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig, der in der Sendung die Bedingungen der Arbeiter:innen im Gastgeberland und den FC Bayern für dessen Werbevertrag mit Quatar Airways kritisiert hatte, bezeichnete Hoeneß daraufhin als "Botschafter von Katar", der deren Propaganda der Besserung weitergebe. Tausende Arbeiter seien gestorben, weshalb Hoeneß eventuell seine Quellen breiter aufstellen sollte.
Auch mit etwas Abstand hält Hoeneß an seiner umstrittenen Meinung fest. Gegenüber "Bild" sagte er: "Dank des Fußballs ist der Fokus auf Katar gerichtet, das bringt Veränderungen. Ich habe dort selbst vernünftige Gespräche mit Verantwortlichen geführt." Die Diskussionen, die sein Anruf im "Doppelpass" ausgelöst haben, seien "genau das, was wir brauchen."
Seine These, der Sport könne die Menschenrechtslage verbessern, untermauert Hoeneß mit folgendem Beispiel: "Die Frauen-Mannschaft des FC Bayern hat vor einigen Jahren als erstes Frauen-Team in Katar mit kurzen Hosen gespielt. Das war eine Sensation und ein Durchbruch für den Frauenfußball."
Laut Hoeneß würden nur 17 Prozent der Länder weltweit Menschenrechte ähnlich achten wie Deutschland. Wenn Deutschland nur mit diesen Ländern Geschäfte mache, laufe es Gefahr, sich zu isolieren. "Mir geht es darum, dass wir vor unserer eigenen Haustür kehren sollten, anstatt scheinheilige Diskussionen zu führen."
Die Äußerungen des 70-Jährigen lösten am Sonntag einen Shitstorm auf Twitter aus. Hoeneß' Kritiker:innen warfen ihm vor, als ehemaliger Fußballfunktionär in Katar nur geschützte Räume gesehen zu haben. Manche sagten auch, dass Hoeneß aus einer privilegierten Position den verstorbenen Arbeiter:innen und ihren Familien ihr Leid abspreche.
Ein User führt Beispiele von vergangenen Sportereignissen in Autokratien und Unrechtsstaaten auf, die zu keiner Besserung der Menschenrechtslage vor Ort geführt haben. Für einen anderen ist Hoeneß im "Doppelpass" einfach nur der "angetrunkene, peinliche Onkel auf Lautsprecher beim Familienfest".
(mit Material von dpa)