Aus Sicht vieler DFB-Fans gibt es wohl niemanden, den sie sich mehr als neuen deutschen Nationaltrainer wünschen als Jürgen Klopp. Der 56-Jährige, der mit Liverpool die Champions League gewonnen hat und englischer Meister geworden ist, gilt als derzeit bester deutscher Trainer.
Bei all seinen bisherigen Stationen, in Mainz, Dortmund und Liverpool, hat Klopp eine große Euphorie entfacht und Mannschaften zusammengestellt, die jahrelang sehr erfolgreich waren. Wer, wenn nicht er, kann die deutsche Nationalmannschaft aus ihrer Krise führen, fragen sich deshalb viele.
Der amtierende Bundestrainer Julian Nagelsmann hat in den bisherigen von ihm verantworteten Spiele wenig Grund zur Hoffnung gegeben. In vier Spielen ist die Nagelsmann-Elf dreimal sieglos geblieben, darunter die ernüchternden Niederlagen gegen Österreich und die Türkei.
Die neue sportliche Führung beim DFB rund um Geschäftsführer Sport Andreas Rettig will Nagelsmanns Arbeit nach der Heim-EM im Sommer abschließend bewerten. Kommt dann womöglich Jürgen Klopp, der nach der laufenden Saison in Liverpool aufhören wird?
Von ZDF-Moderator Jochen Breyer jetzt damit konfrontiert, hat es Rettig kurzzeitig die Sprache verschlagen.
Der DFB-Boss war am Samstagabend zu Gast im ZDF "Sportstudio". Während er anfangs routiniert Fragen zu den derzeitigen Fan-Protesten gegen einen Investoren-Einstieg in der Bundesliga beantwortete, gelang es Moderator Jochen Breyer Rettig bei einer Schnellfragerunde aus der Reserve zu locken.
So sagte Breyer: "Sollte Jürgen Klopp in Zukunft Interesse am Job des Nationaltrainers haben, dann …" Rettig sollte den Satz beenden, war jedoch plötzlich sprachlos. Der 60-jährige Funktionär dachte nach und sagte schließlich nach langem Zögern: "... müssten wir gucken, wie wir damit umgehen."
Erklärend fügte Rettig anschließend hinzu: "Ich weiß nicht, ob ich dann noch in der Verantwortung bin: Klopp hat ja gesagt, dass er noch ein Sabbatjahr braucht. Und ich weiß nicht, ob das mit meiner Vertragslaufzeit einhergeht."
Was er dabei jedoch verschwieg: Offiziellen Angaben zufolge hat Rettig beim DFB bis 2026 unterschrieben. Sollte sich Klopp nach seinem selbst auferlegten Sabbatjahr 2025 für ein DFB-Engagement entscheiden, wäre Rettig aller Voraussicht nach noch in Amt und Verantwortung.
Dafür, dass die Fans seit Wochen Bundesliga-Spiele unterbrechen, um ihren Widerstand gegen den geplanten Liga-Einstieg eines Investors zu äußern, hat Rettig wiederum Sympathien. "Und da verstehe ich die Fans", sagte er im "Sportstudio". Aus seiner Sicht ist Kritik am Entscheidungsprozess der DFL durchaus gerechtfertigt. Denn dieser werfe Fragen auf.
Rettig verwies auf den Fall Hannover 96. Der Verein hatte Geschäftsführer Martin Kind beauftragt, bei der Entscheidung über den Investoreneinstieg mit Nein zu stimmen, dieser entschied sich mutmaßlich jedoch für Ja. "Wenn er der Weisung des Vereins nicht gefolgt ist, ist das für mich ein Verstoß gegen 50+1", stellte Rettig klar.