Hasan Salihamidzic hatte es nicht einfach diesen Sommer. Seit über zwei Jahren ist "Brazzo", wie ihn die Fans liebevoll nennen, mittlerweile Sportdirektor beim FC Bayern München. Doch zuletzt wurde er in der Öffentlichkeit oft belächelt. Besonders das Wechsel-Theater um Leroy Sané, das sich über die halbe Transferperiode zog, erhöhte den Druck auf auf den 42-jährigen Ex-Profi.
Nachdem Bayern-Trainer Niko Kovac und zahlreiche Spieler öffentlich Verstärkungen forderten, lieferte "Brazzo": Er holte Philippe Coutinho, Ivan Perisic und Michaël Cuisance. Der Druck wird jedoch hoch bleiben. Schon seine Vorgänger hatten daran zu knabbern, denn sie alle beerben Uli Hoeneß.
Der sich langsam zurückziehende Bayern-Präsident hinterließ vor rund zehn Jahren das wohl größte Erbe des deutschen Fußballs: Ende November 2009 beendete Hoeneß seine über 30 Jahre dauernde Tätigkeit als Manager. In der Zeit machte er aus dem FC Bayern einen der größten und erfolgreichsten Fußballklubs der Welt. Hoeneß stieg zum Präsidenten auf und seine Nachfolger auf dem Posten des Spieler-Einkäufers bissen sich mitunter die Zähne aus.
Salihamidzic ist nun Nachfolger Nummer drei von Hoeneß. "In meiner bisherigen Arbeit habe ich wahrscheinlich mehr bewegt als meine Vorgänger in ihrer gesamten Amtszeit beim FC Bayern", tönte Salihamidzic schon Ende vergangenen Jahres in der "Welt am Sonntag". Aber ist das so? Wir blicken auf die Transfers von Brazzos Vorgängern Christian Nerlinger (2009 bis 2012) und Matthias Sammer (2012 bis 2016).
Der ehemalige Bayern-Profi Christian Nerlinger wurde noch von Hoeneß angelernt. Im Sommer 2009 überschnitten sich Nerlinger und der langjährige Manager, der bis zu seiner Wahl zum Präsidenten Ende November 2009 offiziell noch Manager war. Unter anderem wurde von den beiden ein gewisser Arjen Robben für 25 Millionen Euro von Real Madrid für den Flügel geholt. Aber auch Flops wie Danijel Pranjic (7,7 Mio) und Edson Braafheid (2,2 Mio).
Die wohl besten Nerlinger-Transfers nach der Hoeneß-Zeit waren im Sommer 2011 Manuel Neuer und Jérôme Boateng, die als Stammkräfte eine Ära prägten, einen Anteil am Gewinn der Champions League hatten und später Weltmeister wurden. Noch ein cleverer Schachzug: David Alaba wurde nach Hoffenheim verliehen und machte den entscheidenden Entwicklungsschritt, um anschließend beim FC Bayern durchzustarten.
2011 wurde Bayern nur Dritter und der BVB holte souverän die Meisterschaft. 2012 gewannen die Dortmunder sogar das Double – danach musste Nerlinger gehen.
Die Transfer-Tops unter Nerlinger (2009 bis 2012):
Die Transfer-Flops unter Nerlinger:
Auf Nerlinger folgte der damalige DFB-Sportmanager Matthias Sammer als neuer Sportvorstand beim FC Bayern.
In der ersten Sammer-Saison bei den Bayern gewann der Verein das Triple aus Deutscher Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League. Die Bayern hatten dafür unter anderem den damaligen Rekordeinkauf Javi Martinez für 40 Millionen Euro von Athletic Bilbao verpflichtet und Mario Mandžukić für 13 Millionen vom VfL Wolfsburg gekauft.
Viele Transfers schlugen jedoch nie ein: Sebastian Rode (ablösefrei) oder auch Mitchell Weiser (800.000 Euro) und der Ersatzkeeper Pepe Reina (3 Mio) hinterließen nie einen bleibenden Eindruck in München. Unter Sammer wurde auch Mario Götze geholt, der in München nie glücklich wurde. Toni Kroos ließ man für wenig Geld nach Madrid ziehen und dieser gewann anschließend dreimal die Champions League. Doch Sammer bewies auch ein gutes Händchen: Er lotste Super-Schnäppchen Thiago für nur 25 Mio Euro aus Barcelona nach München.
Doch Sammer profitierte nicht nur beim Thiago-Transfer vom Pep-Effekt, der seit 2013 immens half: Als Champions-League-Sieger und mit Pep Guardiola als Trainer hatte Sammer gute Argumente, um die Spieler für einen Wechsel zu überzeugen. Salihamidzic hat es da mit dem international noch unbekannteren Niko Kovac wohl etwas schwerer in Transferverhandlungen.
Die Transfer-Tops unter Sammer (2012 bis 2016):
Die Transfer-Flops unter Sammer:
Im Juli 2016 löste Sammer seinen Vertrag beim FC Bayern wegen gesundheitlicher Probleme auf.
Nach dem Rückzug von Sammer war die Stelle als Bayern-Manager ein Jahr lang frei. Philipp Lahm und Max Eberl sollen abgesagt haben – es wurde dann Hasan Salihamidzic.
Bevor Salihamidzic kam, hatte der FC Bayern gerade erst mit Niklas Süle und Serge Gnabry zwei Volltreffer geholt, die mittlerweile nicht mehr aus dem Team wegzudenken sind.
Die bisherigen Transfer-Tops unter Salihamidzic:
In diesem Sommer kam es zur ersten Reife-Prüfung von Salihamidzic, der den alternden Kader verjüngen und die gealterte Weltklasse-Flügelzange aus Franck Ribéry und Arjen Robben ersetzen musste: Dafür investierte er 143,5 Mio Euro in neue Spieler, darunter die Weltmeister Lucas Hernández und Benjamin Pavard sowie die Offensivspieler Philippe Coutinho und Ivan Perišić.
Einen herausragenden Flop hat es unter Salihamidzic noch nicht gegeben, die Hausaufgaben hat er kurz vor dem Ende der Transferperiode gemacht. Ein erstes Arbeitszeugnis wird es aber erst nach dieser Saison geben.
Salihamidzic muss sich am Ende an der Bundesliga-Tabelle und vor allem am Ergebnis in der Champions League messen lassen. Denn teure Namen wie Coutinho und Hernández müssen auch Leistung bringen. Und vielleicht kann Salihamidzic dann auch eine Ära prägen, die an die von Uli Hoeneß herankommt.
(bn)