Das Berliner Olympiastadion leuchtet blau-weiß, die Fußball-welt steht zusammen. Der unerwartete Tod von Hertha-Präsident Kay Bernstein löste in der kompletten Bundesliga am Dienstag große Bestürzung aus.
"Wir trauern gemeinsam mit der Hertha-Familie um ihren Präsidenten, vor allem aber um den Menschen Kay Bernstein. Einen leidenschaftlichen und engagierten Anhänger und Verfechter des Fußballs. Er wird uns fehlen", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf.
Erst im Sommer 2022 übernahm Bernstein das Amt des Präsidenten beim Hauptstadtklub, erlebte den Ausstieg von Investor Lars Windhorst und den Abstieg in die 2. Bundesliga. Doch nach Startschwierigkeiten sind die Berliner wieder in Kontakt mit den Aufstiegsrängen.
Und mit Blick auf den Start des Unterhauses sprach Bernstein genau über diese Themen mit der "Sport Bild". Das Interview wird in der Ausgabe am Mittwoch erscheinen.
In der E-Paper-Version der "Sport Bild" ist sein letztes Interview schon jetzt verfügbar.
Darin erklärt er, dass ein Aufstieg in diesem Jahr für die Berliner womöglich zu früh käme, um "nachhaltig bundesligareif" zu sein. Vielmehr träumte er von einem Sieg im DFB-Pokal. Dort trifft die Hertha am 31. Januar im Viertelfinal-Heimspiel auf den 1. FC Kaiserslautern.
Ein machbares Los. Zudem stehen sich mit Leverkusen und Stuttgart die verbliebenen Bundesligisten im direkten Duell gegenüber. Wohl nie war für die Hertha ein Finale im eigenen Wohnzimmer wahrscheinlicher.
Den Weg zurück in die Bundesliga forderte der Präsident nicht einmal bei einem zweiten Jahr in der Bundesliga. Erst nach drei Jahren Zweitliga-Zugehörigkeit "sollte" der Verein aufsteigen.
Ob Bernstein zu diesem Zeitpunkt noch Präsident gewesen wäre, ließ er in dem Interview, das laut "Bild"-Journalist Robert Schreier drei Stunden im Trainingslager gedauert habe, offen.
Er sagte: "Der Familienrat aus meiner Frau und mir kommt im April noch einmal zusammen. Dann gibt es eine Entscheidung, die wir auf der Mitgliederversammlung im Mai verkünden."
Dabei stellte er auch die besondere Bedeutung seiner Töchter und seiner Frau heraus, die aktuell die gemeinsame Firma leitet. Denn nur so war es dem 43-Jährigen möglich, das Ehrenamt als Präsident von Hertha BSC auszuüben.
Seine größte Baustelle war jedoch die Konsolidierung des Sanierungsfalls Hertha BSC, dessen Zweitliga-Lizenz lange in Gefahr gewesen war. Aktuell sei man auf einem guten, aber nicht leichten Weg, um 2025/26 die Sanierung abzuschließen.
Ihm tue es jedoch weiterhin um jeden entlassenen Mitarbeiter leid, der den Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen sei, sagte er im Interview. Daher hätte er auch bei einem möglichen Aufstieg in diesem Jahr nicht seinen Rücktritt erklärt. "Es geht schließlich um Nachhaltigkeit und Verantwortung – und es geht um Hertha BSC."
Mit Blick auf die Verhandlungen des neuen TV-Vertrags und den Einstieg des DFL-Investors sagte er, dass er sich von der DFL Entscheidungen wünsche, "die nicht von der nächsten Million getrieben sind, sondern Nachhaltigkeit und Verantwortung im Mittelpunkt haben".
Bernstein war im Zirkus Profi-Fußball der etwas andere Präsident. Also Mitbegründer der Ultra-Gruppierung "Harlekins '98" wollte er Wert auf den Blickwinkel der Fans legen und kritisierte das System Profifußball.
Und das kam bei den anderen Klub-Bossen nicht immer gut an. "Zu Beginn wurde ich beäugt: Ist das ein Ex-Ultra, ein Kurven-Kasper? Den Unternehmer, der ganzheitlich für seinen Verein denkt, sehen wenige", sagte er der "Sport Bild".
Er hatte jedoch ganz eigenen Ideen, um den Fußballer auch für jüngere Menschen wieder attraktiver zu machen und forderte diese auch von anderen. So bringt er im Gespräch die Möglichkeit ins Spiel, das Konzept Pressekonferenzen zu überdenken, um zusätzliche Erträge zu erzielen.
"Vielleicht in einem Late-Night-Format oder mitgeführt von YouTubern oder Fans", sagte der Hertha-Präsident. Doch Bernstein hatte noch weitere Ansatzpunkte.
So plädierte er für die Abschaffung des Supercups und der Relegation, und das, obwohl sich Hertha BSC in den vergangenen Jahr häufig nur über diesen Weg den Verbleib in der Bundesliga sicherte.
Bernstein sagte: "Beides wurde nur erschaffen, um mehr Geld zu generieren. Aber es hilft dem Fußball nicht."
Selbst ganz neuen Ausprägungen des Fußballs wie den Kleinfeldspielen der Ballers League von Mats Hummels und Lukas Podolski,oder der Icon League von Toni Kroos und Elias Nehrlich stand der 43-Jährige offen gegenüber. Fragte sich aber auch: "Wenn also die Nachfrage nach Kleinfeld-Fußball mit Promis da ist, warum machen wir es als etablierter Verband nicht selbst, bevor ein anderer damit Aufsehen erregt?"