Mit einem großen Knall verabschiedete sich Jürgen Klinsmann im Februar von Hertha BSC. Nach nur 76 Tagen verließ der ehemalige Bundestrainer den Hauptstadtklub schon wieder, den er interimsweise übernommen hatte. Auf Facebook hatte der 55-Jährige damals erklärt, dass er "nach langer Überlegung" zu dem Schluss gekommen sei, sein "Amt als Cheftrainer der Hertha zur Verfügung zu stellen". Hertha BSC wusste von nichts. Der Abgang kam so plötzlich wie seine Einstellung als Trainer wenige Wochen zuvor.
Im Nachgang entwickelte sich das Missverständnis zwischen Klub und Klinsi zu einer Schlammschlacht. In einem 22 Seiten langen Dokument "Zusammenfassung: Zehn Wochen Hertha BSC", das den Weg an die Öffentlichkeit fand, zeichnete Klinsmann das Bild eines völlig kaputten Klubs. In dem internen Papier werden Hertha "Lügenkultur" und "katastrophale Versäumnisse" unterstellt.
Außerdem tauchte auch eine Bewertungsliste über jeden einzelnen Hertha-Profi auf. Die beispiellose Abrechnung mit Hertha BSC sorgte für teils heftige Reaktionen. Die Klubbosse um Präsident Werner Gegenbauer reagierten sauer, Sportdirektor Michael Preetz fand das Papier "perfide und unwürdig".
Rund zwei Monate sind seitdem vergangen. Offenbar sitzt der Klinsmann-Stachel bei den Hertha-Bossen immer noch tief. In einem Interview mit der "Berliner Morgenpost" äußerte sich Paul Keuter, einer der Geschäftsführer von Hertha BSC, nicht gerade freundlich über den Ex-Trainer.
Stein des Anstoßes war die Frage, was Klinsmann mit seinem Vorwurf der "Lügenkultur" gemeint habe. Keuter, 45, der bei Hertha BSC unter anderem die Geschäftsbereiche Corporate Social Responsibility und Digitalisierung verantwortet, sagte darauf: "Das weiß ich nicht, aber von Kulturwandel hat Jürgen Klinsmann so viel Ahnung wie ein Hahn vom Eierlegen."
Keuter, der vor seiner Hertha-Zeit von 2012 bis 2015 bei Twitter tätig war, legte nach: "Ich werde auf seinen Ego-Wahn nicht eingehen. Mir bleibt nur, ihm gute Besserung zu wünschen."
Grundsätzlich sei Klinsmanns Botschaft, dass man als Klub nach vorne schreiten wolle, richtig gewesen, erklärte Keuter der Zeitung. "Das Problem ist nur, dass es Jürgen Klinsmann nicht wirklich um Hertha BSC ging, sondern nur um sich selbst. Das, was ich immer propagiere, hat er jedenfalls nicht verstanden: Kontinuität schlägt Intensität. Das Gras wächst nun mal nicht schneller, wenn du daran ziehst."
Der große Klinsmann-Knall, er hallt immer noch nach beim Hauptstadtklub.