Seit Tagen gibt es Gerüchte um einen möglichen Transfer – und heftigen Gegenwind von Teilen der Fanbase. Nun ist es offiziell: Wolfsburgs Jung-Nationalspieler Felix Nmecha wechselt jeglicher Kritik zum Trotz zu Borussia Dortmund. Dies gab der Klub am Montagabend bekannt.
Unumstritten ist der kürzlich wegen angeblicher Homophobie in die Kritik geratene 22-Jährige nicht. Das ist auch der Grund, warum einige Fans ihn auf keinen Fall im BVB-Trikot sehen wollten. Denn der streng gläubige Christ hat in den sozialen Netzwerken Posts mit homophoben und transfeindlichen Inhalten geteilt.
So hatte er etwa zu Beginn des Pride-Month Juni ein Video geteilt, in dem das Wort "Pride" (Deutsch: Stolz) dem Teufel zugeordnet wird. Ein Affront gegen die LGBTQ+-Community, die den Juni in Gedenken an den Stolz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender begeht. Außerdem hatte der 22-Jährige etwa ein Video des rechtspopulistischen amerikanischen Kommentators Matt Walsh geteilt, der sich immer wieder transfeindlich äußert.
Das sei nicht mit den Werten des BVB vereinbar, finden zahlreiche Fans, die in der vergangenen Woche in den sozialen Netzwerken gegen den möglichen Transfer protestierten. Unter einem – durchaus als halbherzig zu bezeichnenden – Entschuldigungs-Post Nmechas ("Es ist wichtig, dass ich deutlich mache, dass ich die Menschen wirklich liebe und sie nicht diskriminiere.") liefen BVB-Fans Sturm. "Feigenblatt Posting. Ich hoffe der BVB entscheidet sich gegen eine Verpflichtung und steht zu den Werten des Vereins", schrieb etwa eine Person. Andere bezeichnen den Text als "heuchlerisch".
Der Verein entschied sich allerdings nicht gegen eine Verpflichtung. Deshalb gibt es nun unter dem Verkündungstweet des Wechsels erneut kritische Reaktionen.
User:innen bezeichnen den frisch verkündeten Transfer etwa als heuchlerisch. Eine Person schreibt auf Twitter: "Joar, ich denke, das wird für viel Zündstoff sorgen und das völlig zurecht. Faire Chance? Fällt selbst mir in diesem Fall sehr schwer. Aber immerhin tun Watzke und Co. so, das nichts passiert ist. So kann man eben auch Borussia verbindet verleugnen."
Ein weiterer Nutzer kommentierte schlicht: "Und die Gründungsväter des BVB drehen sich im Grabe um." Wiederum andere Nutzer:innen zeigten ein Foto aus dem Dortmunder Stadion, in dem ein Banner zu sehen ist mit der Aufschrift: "Gemeinsam gegen Homophobie". Angesichts der Äußerungen von Nmecha kommentiert ein User dieses Foto mit dem Wort "Heuchler".
Der Gegenwind, der sich schon vor Verkündung des Transfers ankündigte, hinderte die BVB-Führungs-Etage aber offenbar nicht daran, ihn nun als Bellingham-Ersatz zu verpflichten. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge konnte Nmecha die BVB-Delegation mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Präsident Reinhold Lunow davon überzeugen, dass er den Grundwertekodex des Clubs unterstütze. Laut "Bild" wollten der DFB ebenso wie BVB den 22-Jährigen nicht vorverurteilen.
Im Vereins-Interview nach dem Wechsel wurde Nmecha auf die Kritik angesprochen, die es vor dem Wechsel an ihm gab. Der Mittelfeldspieler erklärte, ähnlich wie in seinem Instagram-Posting: "Ich denke, ein paar Dinge sind aus dem Kontext genommen worden. Ich bin natürlich Christ, aber ich liebe alle Leute. Ich diskriminiere nicht. Ich hoffe, die Fans werden mir die Chance geben, mich kennenzulernen. Und dann sehen, dass ich hoffentlich ein toller Mensch bin."
Mutmaßlich liegt die Transfer-Entscheidung aber vor allem in der sportlichen Perspektive begründet. Nmecha ist ein Spieler mit viel Entwicklungspotenzial – und laut Statistik gewinnen nur sieben Prozent der Spieler mehr Kopfball-Duelle als Nmecha. Vor seiner nächsten Nominierung für die Nationalmannschaft bekomme Nmecha die Gelegenheit, sich persönlich beim DFB zu erklären.