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Frauen-Bundesliga: Duisburgs Zielinski über Arbeit neben dem Profi-Fußball

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Yvonne Zielinski ist seit 2016 beim MSV Duisburg unter Vertrag.Bild: www.imago-images.de / imago images
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Duisburgs Yvonne Zielinski spricht über Zweitjob: "Werde wieder darauf angewiesen sein"

Die Kapitänin des MSV Duisburg, reflektiert den EM-Hype im Frauenfußball und erzählt, wieso sie neben ihrer Karriere noch arbeitet – obwohl sie nicht müsste.
17.09.2022, 13:1417.09.2022, 14:17
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Für Yvonne Zielinski und den MSV Duisburg startet die Rückkehr in die Frauen-Bundesliga nach dem direkt geglückten Wiederaufstieg mit einem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen am Sonntagnachmittag.

Die 32-jährige Mittelfeldspielerin erzählt im Gespräch mit watson, wie sie die aktuelle Lage in der Liga wahrnimmt, warum sie gewisse Einschränkungen in Kauf nimmt und was das größte Problem ist.

watson: Frau Zielinski, können Sie von ihrem aktuellen Verdienst beim MSV Duisburg leben?

Yvonne Zielinski: Im Moment müsste ich nicht nebenbei arbeiten. Damit bin ich aber bei uns im Team in der Minderheit. Ich habe immer schon nebenbei studiert oder gearbeitet und werde auch nach meiner Karriere wieder darauf angewiesen sein.

Als was arbeiten Sie nebenher trotzdem?

Ich habe während meiner Karriere Sport studiert und leite nun verschiedene Kurse oder arbeite als Personaltrainerin, damit ich ein zweites Standbein habe. Erst in den letzten Jahren bin ich in die Lage gekommen, dass ich zumindest während meiner aktiven Karriere nicht arbeiten müsste.

In welcher Situation sind Ihre Mitspielerinnen?

Die meisten studieren, gehen zur Schule oder machen eine Ausbildung. Sie sind keine Profis und müssen neben dem Sport noch arbeiten.

"Wir haben das Problem, dass eben noch nicht alle Spielerinnen Voll-Profis sind. Dadurch könnte es sein, dass sie für ihre eigenen Spiele keine Zeit hätten."

Welche Folgen hat das auf den Trainingsalltag?

Es wird natürlich geschaut, dass die Trainingseinheiten so angesetzt werden, dass der Großteil kann – also meistens am Abend. Nur mittwochs haben wir meistens am Vormittag eine Trainingseinheit. Da sind wir in der Regel zwischen zehn und zwölf Spielerinnen, sodass wir vorwiegend Technikübungen machen.

Wie sehr merkt man die Doppelbelastung aus Fußball-Karriere und Studium, Arbeit oder Ausbildung?

Im Studium war es nicht so extrem, weil der Sport ein schöner Ausgleich war zur mentalen Anstrengung in der Universität. Im Arbeitsleben ist es aber schon extrem.

Können Sie das genauer erklären?

Allein, wenn ich am Montagmorgen früh rausmusste, nach einer langen und intensiven Auswärtsfahrt, war es schon zu Wochenbeginn sehr anstrengend. Die meisten Vereine in der Frauen-Bundesliga reisen mit dem Bus zu ihren Auswärtsspielen an. Das dauert lange und ist anstrengend. Wenn man dann erst um Mitternacht oder noch später heimkommt und am nächsten Tag früh arbeiten muss, schlaucht das sehr.

Gleichzeitig gibt es aber vermutlich im Mannschaftsbus auch gerade die schönen Momente, oder?

Ja, vor allem nach wichtigen Siegen. Da wird im Bus auch mal gefeiert. Aber grundsätzlich kommt man da nicht zum Schlafen, was die folgende Arbeitswoche eher anstrengend macht.

Sie mussten selbst lange neben dem Fußball studieren oder arbeiten. Wie denkt man in dem Moment über die Situation?

Es sind weniger die existenzbedrohenden Gedanken. Ich fand es eher schade, dass ich mich nicht komplett auf den Fußball konzentrieren kann. Ich bin mir sicher, dass ich noch bessere Leistungen hätte zeigen können. Bei Vereinen wie Wolfsburg oder Bayern sieht man das. Die Spielerinnen können bessere Leistungen bringen, weil sie sich nur auf den Sport konzentrieren können. Deshalb wäre es enorm wichtig, dass alle Bundesliga-Spielerinnen sich voll auf Fußball konzentrieren könnten und finanziell unabhängig sind – nicht nur die Spielerinnen von drei bis vier Vereinen.

Viele Vereine schaffen es allerdings nicht, das zu finanzieren.

Das ist das größte Problem, wofür es bis jetzt noch keine Lösung gibt. Wenn der Frauen-Fußball aber mehr Aufmerksamkeit bekäme, könnte es ein Anfang sein.

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Das Team des MSV Duisburg will auch beim Liga-Auftakt gegen Leverkusen jubeln.Bild: www.imago-images.de / imago images

Im Sommer erzielte die Frauen-EM Rekordeinschaltquoten. Spüren Sie persönliche Auswirkungen von dieser Euphorie auf Ihr Leben als professionelle Fußball-Spielerin?

Ich persönlich habe keine große Veränderung wahrgenommen. Allerdings fand ich schon erstaunlich, dass beim ersten Training der Frauen-Nationalmannschaft nach der EM fast mehr Fans da waren als sonst bei Spielen. Ich hoffe, das bleibt natürlich nicht nur eine Momentaufnahme.

Was können Vereine, Liga und Spielerinnen dafür tun, dass es dabei bleibt und sich vielleicht sogar noch steigert?

Nach wie vor: Werbung machen. Wir müssen auf Social Media dranbleiben und die jungen Menschen ansprechen. Außerdem ist es auch ein großer Schritt, dass jetzt alle Spiele auf Magenta Sport gezeigt werden.

Beim zukünftigen Rechtepaket für die Saisons 2023/24 bis 2026/27 könnte auch ein Montagsspiel in der Frauen-Bundesliga stattfinden.

Es ist schon eine super Sache, wenn man einen exklusiven Sendeplatz hätte. Allerdings sehe ich das Problem, dass eben noch nicht alle Spielerinnen Voll-Profis sind. Dadurch könnte es sein, dass sie für ihre eigenen Spiele keine Zeit hätten.

Immer wieder wird die Forderung nach Equal Play laut. Die Profi-Fußballerinnen wollen die gleichen Strukturen mit Trainingsplätzen, Physiotherapeut:innen und Trainerteams wie die Männer. Dabei geht es nicht um Bezahlung. Beim MSV finden die Frauen-Spiele genau wie die Herren-Spiele im Stadion statt.

Wir freuen uns natürlich darüber, auch wenn die Zuschauer im großen Stadion manchmal untergehen – so ehrlich muss man sein. Trotzdem ist es für uns eine Wertschätzung. Wir spielen im größten Stadion der Liga. Dort einzulaufen, ist immer etwas Besonderes.

Und wie steht es um die Trainingsbedingungen?

Es könnte besser sein. Wir trainieren zwar auf einem Rasenplatz. Der Kunstrasenplatz für den Winter ist allerdings etwas in die Jahre gekommen. Man nimmt es aber gerne in Kauf auch unter diesen Bedingungen zu trainieren, weil man diesen Sport einfach so sehr liebt.

Was ist dann ausschlaggebend?

Auch wenn ich mich wiederhole: Oberste Priorität hat es, dass auch wir Spielerinnen uns vollständig auf den Sport konzentrieren können und keiner anderen Aufgabe in der Freizeit nachgehen müssen.

Mit 32 Jahren wissen Sie mittlerweile exakt, wie die Branche im Frauen-Fußball tickt. Würden Sie trotz der schwierigen Strukturen mit dem extremen zeitlichen Trainingsaufwand und der Arbeit außerhalb vom Fußball wieder eine Karriere anstreben?

Auf jeden Fall. Ich liebe diesen Sport und will ihn auf dem höchsten Niveau ausüben. Dafür habe ich viel in Kauf genommen und würde es auch noch einmal so machen. Noch dazu bin ich sehr ehrgeizig. Wenn ich keine Lust mehr darauf hätte, hätte ich schon vor einigen Jahren sagen können, dass ich kürzertrete und nur noch in meiner Freizeit spiele.

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