Vor dem ersten Spiel war Selina Cerci noch aufgeregt, mittlerweile verfolgt die 23-jährige Stürmerin des 1. FC Köln die Spiele ihres Teams "Las Ligas Ladies" in der Baller League etwas entspannter.
Im Interview mit watson gibt sie dennoch den ein oder anderen emotionalen Ausraster zu, spricht über ihre aktuell schwere Zeit in der Reha und was sie am Konzept der Baller League verändern würde.
watson: Selina, bist du eher die emotionale oder analytische Fußball-Managerin?
Selina Cerci: Man sieht mich schon ein bisschen ausrasten, aber nicht so, dass ich eine Bande kaputt trete (lacht). Ich freue mich einfach über jedes Tor, das wir schießen und ärgere mich über Chancen, die wir vergeben.
Wie nimmst du die Zeit am Spielfeldrand wahr?
Es kribbelt total in den Beinen, wenn man gewisse Dinge auf dem Feld anders sieht oder anders gemacht hätte. Da bin ich voll dabei und würde am liebsten direkt auf das Feld rennen.
Mit 23 Jahren bist du Profi-Fußballerin und Team-Managerin. Hättest du dir einen so großen Karrieresprung jemals zugetraut?
Ich glaube, das ist einfach so entstanden und meine Verletzung spielt natürlich auch genau in diese Zeit. Ich weiß nicht, ob ich es auch gemacht hätte, wenn ich vielleicht nicht verletzt wäre.
Hattest du Probleme, die Rolle anzunehmen?
Eigentlich nicht, weil ich ein ziemlich offener Mensch bin. Aktuell habe ich die Zeit, beim Team von Jule (Brand, deutsche Nationalspielerin, Anm. d. Red.) und mir zu sein. Wir harmonieren super zusammen und es fühlt sich an, als würden wir uns alle schon zehn Jahre kennen.
Wie muss man sich den Prozess der Team-Zusammenstellung von dir und Jule Brand vorstellen?
Wir haben uns natürlich unsere Gedanken gemacht. Aber in erster Linie muss man da unseren Baller-League-Trainer Sebastian Sanders in den Vordergrund stellen. Er hat unglaubliche Arbeit geleistet, um uns zu jedem Spieler Informationen zu liefern und aufzuzeigen, wie dieser uns helfen könnte.
Ist die Managerinnen-Rolle etwas, das du dir für die Zukunft vorstellen kannst?
In erster Linie will ich erstmal wieder auf dem Platz stehen und meine Fußballkarriere ausleben.
Du fällst mit einer Knieverletzung bereits seit Sommer aus. Wie steht es um dein Comeback?
Mittlerweile bin ich wieder im Team-Training, aber darf noch nicht alle Übungen mitmachen. Aber auf die ein oder andere Woche kommt es jetzt auch nicht mehr an. Ich bin optimistisch, dass ich bald wieder spielen kann.
Inwiefern ist die Baller League für dich auch mental eine gute Ablenkung?
Das ist sie absolut. Am Abend hierherzukommen, den Kopf abzuschalten und nicht über meine Reha oder meinen Fußball nachzudenken, tut mir richtig gut. Die Reha bei so einer großen Verletzung ist lang, und da hilft es mir enorm, sich fallen zu lassen und mit anderen Menschen zu umgeben.
Es ist bereits die zweite schwere Knieverletzung für dich, nachdem du dir an der gleichen Stelle bereits im März 2022 das Kreuzband gerissen hattest. Hattest du Sorge um deine Karriere?
Natürlich ist das eine große Enttäuschung, aber ich hatte nie Zweifel, ob mein Körper der Belastung nicht standhält. Manchmal ist es im Leben einfach so, dass unerwartete Dinge passieren. Es hat mich nicht aus der Bahn geworfen und jetzt möchte ich einfach wieder befreit spielen.
In der aktuellen Saison steht ihr auf Rang neun, mit einem 2:1-Heimsieg über Werder Bremen konntet ihr euch am vergangenen Spieltag etwas Luft im Abstiegskampf verschaffen. Was macht dich optimistisch, dass der Klassenerhalt am Ende ungefährdet gelingt?
Leider haben wir schon Punkte liegen lassen, die wir hätten definitiv gebrauchen können. Aber ich denke, dass wir ein gutes Team sind und als Einheit über die Mentalität kommen werden. Wir haben noch einige Spiele vor uns.
Am Montagabend kommt es zum Derby mit Bayer Leverkusen. Das Spiel findet zur gleichen Zeit wie die Baller League statt.
In erster Linie geht der Verein natürlich vor. Ich bin froh, dass ich mein Team vor Ort supporten kann. Und vielleicht kann mein Spiel in der Baller League um 23 Uhr anfangen, dann kann ich direkt danach zur Baller League fahren und im besten Fall sechs Punkte kassieren.
Nimmt man sich so nicht gegenseitig die Zuschauer:innen weg?
Man kann leider niemanden zwingen, irgendwas zu schauen. Ich kann als Person aber dazu beitragen, jüngere Leute für den Frauen-Fußball zu begeistern und zu inspirieren.
Kann sich die Frauen-Bundesliga etwas von der Baller League abgucken?
Das ist eine gute Frage. Aber das lässt sich nicht vergleichen, weil es zwei komplett unterschiedliche Ligen sind.
Es gab bereits ein Meeting unter euch Teammanagern, bei dem ihr über die zweite Saison der Baller League im Spätsommer gesprochen habt. Was für Veränderungen würdest du dir wünschen?
Man kann aus den ersten Monaten viele Kleinigkeiten und Flüchtigkeitsfehler mitnehmen, an die man vorher nicht gedacht hat.
Welcher Fehler meinst du genau?
Am Anfang hat man schon gemerkt, dass gewisse Regeln auch nochmal erklärt werden mussten. Aber das ist ganz normal und mittlerweile läuft alles viel flüssiger ab.
Was muss sich noch ändern?
Vielleicht ändert man noch ein paar Regeln, damit es für den Zuschauer noch interessanter wird. Was ich mir aber persönlich wünsche, ist, dass man es in einer anderen Arena austrägt, die mehr Plätze für Zuschauer bietet.
Niclas Füllkrug erzählte bereits, dass es schwerer sei, Tickets für die Baller League zu bekommen als für die Heim-EM.
Ich bekomme auch immer mehr die Nachfrage, wieso es so wenige Tickets gibt und warum man keine Karten kaufen kann. Ich denke, bei einer anderen Spielstätte könnte die Baller League noch mehr profitieren.