Die Bundesliga geht kommende Woche zum ersten Mal in dieser Saison in die Länderspielpause. Die Nationalelf muss in der EM-Qualifikation ran. Bundestrainer Joachim Löw hat am Donnerstag seinen Kader für die Spiele gegen die Niederlande und Nordirland bekanntgegeben. Abermals nicht berufen hat er den derzeit besten deutschen Scorer der Bundesliga: Kevin Volland sorgte schon für ein Tor und drei Torvorlagen in zwei Spielen. Hat Jogi den Leverkusener Stürmer vergessen?
Es war einmal, vor 1017 Tagen: Am 15. November 2016 durfte Kevin Volland zuletzt für Deutschland auflaufen. Im Freundschaftsspiel gegen Italien (0:0) wechselt Löw ihn in der 60. Minute für Thomas Müller, mittlerweile Ex-Nationalspieler, ein.
Der Kick gegen die "Azzurri" war einer von insgesamt nur zehn Nationalelfeinsätzen des 27-jährigen Angreifers. Darunter waren lediglich vier Pflichtspieleinsätze in EM- bzw. WM-Qualifikation, in denen er bloß 64 Minuten mitspielen durfte. Nur ein Tor und eine Vorlage gelangen Kevin Volland im Trikot der deutschen Nationalelf. Gegen San Marino.
Zehn Spiele, zwei Scorerpunkte, seit fast drei Jahren nicht berufen. Diese Nationalmannschaftsvita wird Kevin Volland nicht gerecht. Er ist ein besonderer Stürmer. Schnell, explosiv, wuchtig, tiefer Körperschwerpunkt, Linksfuß. Und: er trifft das Tor. In der Bundesliga zeigt er schon seit Jahren, was in ihm steckt.
In der vergangenen Saison war Volland der viertbeste Scorer der Bundesliga, nach Marco Reus gar der zweitbeste Deutsche in dieser Wertung. Volland war in dieser Hinsicht sogar um einen Scorerpunkt besser als Timo Werner. Schaut man auf das vergangene halbe Jahr, ist Vollands Quote noch beeindruckender: Seit Bayers neuer Coach Peter Bosz im Dezember 2018 kam, sammelte er 22 direkte Torbeteiligungen (neun Tore, 13 Assists). Besser war in diesem Zeitraum nur Torschützenkönig Robert Lewandowski.
An den ersten beiden Spieltagen der aktuellen Saison hat Volland schon wieder vier Torbeteiligungen: ein Treffer und drei Assists. Auch in der ersten Pokalrunde traf er. Volland ist in Form. Volland ist konstant. Volland ist effektiv.
Seine Leverkusener Kollegen Jonathan Tah und Kai Havertz sind bei Jogi Löw fest als Säulen des Kaderumbruchs im Nationalteam eingeplant – Volland nicht.
Der Stürmer scheint sich mit dem "Ghosting" von Löw bereits abgefunden zu haben: "Wenn du trotz konstant guter Leistungen seit über zweieinhalb Jahren kein Länderspiel mehr gemacht hast, macht man sich schon Gedanken. Aber irgendwann ist man an einem Punkt, wo das Thema nicht mehr so präsent ist", sagte er Ende Juli gegenüber Sportbuzzer.
Dabei ist die Position des zentralen Stürmers diejenige, die Jogi Löw und allen anderen knapp 80 Millionen Bundestrainern der Fußballrepublik seit Jahren am meisten Kopfschmerzen bereitet. Volland wäre eigentlich genau der variable, mitspielende Stürmertyp, den Löw in vorderster Front bevorzugt. Doch den Vorzug erhielten immer andere.
Löw hat Volland also nun wieder nicht nominiert. Den Kaderplatz in der Offensive, den der am Kreuzband verletzte Leroy Sané unfreiwillig freigemacht hat, wird Freiburgs Luca Waldschmidt, mit sieben Treffern Torschützenkönig der U21-EM, einnehmen.
Waldschmidt, es sei ihm gegönnt, ist der 103. Debütant in der Ära Löw. Und er ist nun schon der siebte Stürmer, der seit dem letzten Nationalelfeinsatz von Kevin Volland unter dem Bundestrainer debütiert: Nach Timo Werner, Lars Stindl, Sandro Wagner, Amin Younes, Nils Petersen und Mark Uth...
Löw muss Volland schlicht vergessen haben.