Eine Halbzeit lang sah es so aus, als würde das DFB-Team die richtige Antwort auf die enttäuschende 1:2-Niederlage im Halbfinale der Nations League gegen Portugal finden. Gegen Frankreich war die deutsche Mannschaft 45 Minuten überlegen, wusste das Chancenplus aber nicht in Tore umzumünzen.
Ganz anders die Gäste. Die schlugen mit ihrer ersten richtig klaren Chance zu. Kylian Mbappé brachte Frankreich praktisch mit dem Pausenpfiff in Führung. Nach dem Seitenwechsel war es dann ein anderes Spiel. Das DFB-Team hatte deutlich weniger Zugriff, die Franzosen wesentlich mehr Chancen.
Am Ende stand ein 2:0-Erfolg für die Gäste und damit die zweite Niederlage im zweiten Spiel bei dieser Finalrunde für die deutsche Nationalmannschaft zu Buche.
Es ist eine enttäuschende Ausbeute, denn nach der Heim-EM hatte es die Mannschaft von Julian Nagelsmann bis zuletzt eigentlich geschafft, die Euphorie hochzuhalten. Die jüngsten Auftritte kommen einem ersten Dämpfer gleich.
So wurde in den vergangenen Tagen vor allem über die grundsätzliche Qualität sowie über die womöglich fehlende Breite im Kader des DFB-Teams diskutiert. Kritische Töne schlägt nun auch Lothar Matthäus an.
"Man geht nun also mit zwei bitteren Niederlagen in die Sommerpause und damit kann man nicht zufrieden sein", schreibt der TV-Experte in seiner Sky-Kolumne.
Dabei legt er mit Blick auf die abgelaufene Saison ein deutliches Fazit nach: "Positiv waren lediglich die ersten 45 Minuten gegen Frankreich, wo man das gesehen hat, was die Mannschaft im letzten Jahr ausgezeichnet hat. Aber das war – und das muss man zugeben – meistens gegen schlechtere Gegner."
Gegen die Niederländer etwa sei es "gut" gewesen, aber schon gegen Italien hat Matthäus "Probleme" ausgemacht. "Und mit jeder Niederlage und mit jedem schlechten Ergebnis leidet auch die entstandene Euphorie, die rund um die EM von dieser Mannschaft geschürt worden ist", hält er fest.
Der Sky-Experte leitet daraus gar einen unschönen Verdacht ab: "Vielleicht hat diese Euphorie auch ein wenig über die eigene Stärke getäuscht, denn jetzt sind wir auf dem Boden der Tatsachen angekommen."
Matthäus will aber nicht alles schlechtreden, verweist auf die Vielzahl an Ausfällen. "In meinen Augen können wir mit jeder Nation mithalten und auch gewinnen, wenn wir in Bestbesetzung antreten", sieht er mit Antonio Rüdiger, Nico Schlotterbeck, Angelo Stiller, Jamal Musiala und Kai Havertz bessere Chancen.
Dass immer alle Stars zur Verfügung stehen, ist eben keine Selbstverständlichkeit. "Sobald auch nur zwei oder drei Spieler wegbrechen, wird es eng. Da sind uns Nationen wie Spanien, England, Portugal oder heute Frankreich noch einen Schritt voraus", urteilt Matthäus.
Aus der Finalrunde der Nations League nimmt der Sky-Experte für sich daher die Erkenntnis mit, dass das DFB-Team "noch nicht zur absoluten Weltspitze" zählt, sondern sich vielmehr "in Lauerstellung" befindet.
Ein Jahr vor der WM in den USA, Mexiko und Kanada hat Bundestrainer Nagelsmann also noch ein paar Baustellen zu schließen. Zunächst muss ohnehin die Qualifikation gelingen. In der Quali-Gruppe trifft das DFB-Team im September, Oktober und November je zweimal auf die Slowakei, Nordirland und Luxemburg.