Die "freche Zunge" gilt als Markenzeichen von Patrick Mahomes, im Super Bowl erwies er sich als cleverer Stratege.Bild: FR170737 AP / David Becker
NFL
Der Super Bowl hatte (fast) alles zu bieten. Das größte Einzelsportereignis des Jahres ist zwar immer ein Spektakel – unter anderem trat Rihanna in der Halbzeit auf – doch diesmal gab es auch sportlich einiges zu bestaunen: Tiefe Touchdown-Pässe in die Endzone, etliche Quarterback-Runs, ein Field-Goal-Versuch, der am Pfosten scheiterte, und sogar eine erfolgreiche Two-Point-Conversion wurden geboten.
Eagles-Quarterback Jalen Hurts rennt im zweiten Viertel selbst mit dem Ball in die Enzone.Bild: imago / USA TODAY Network
Schon zu Beginn der Partie – als beide Teams ihre ersten Ballbesitzphasen in Touchdowns ummünzten – war klar: Die jeweiligen Defensiven waren ihrem Gegner nicht gewachsen, jede der beiden Offensiven könnte, wann immer nötig, locker nachlegen. So wurde das Spiel zu einem Offensiv-Feuerwerk, das durch Kleinigkeiten entschieden wurde.
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"Kontrollierte Ballaktion"? Interpretations-Glück ist den Eagles hold
Da war einerseits das Schiedsrichter-Glück, das in der Nacht zum Montag eher den Eagles gewogen war. Gleich dreimal mussten die Referees bei der Entscheidung, ob ein Pass rechtzeitig gefangen und "kontrolliert" wurde, ganz genau hinschauen. Bei den allesamt extrem kniffligen Entscheidungen, ließen die Schiedsrichter eine klare Linie leider vermissen.
Incomplete Pass: Schiedsrichter Carl Cheffers verwehrt den Chiefs einen Touchdown nach Fumble-Recovery.Bild: imago / Icon Sportswire
Zwei tiefe Third/Fourth-Down-Pässe von Jalen Hurts, ohne welche die Eagles wohl jeweils den Ball verloren hätten, wurden als vollständig gewertet, obwohl der Receiver den Ball jeweils nur mit einer Hand gegen seinen Helm drückte. Ein kurzer Hurts-Pass, der seinem Receiver dann aus der Hand geschlagen wurde, galt dagegen als unvollständig – wieder zugunsten der Eagles.
"False Start" provozieren: Die Eagles finden in Halbzeit zwei ihren Meister
Auch von mehreren Frühstart-Strafen (False Start) profitierte das Team aus Philadelpha zunächst, wofür man aber dem Schiedsrichter-Team keine Vorwürfe machen kann: Wie so einige NFL-Teams haben sich die Eagles darauf spezialisiert, ihre Playclock auszureizen und in hektischen Momenten das gegnerische Team zu Frühstarts zu provizieren.
Das kann extrem nützlich sein und sogar Spiele entscheiden, denn: Falls auch nur einer der Verteidiger zu früh zuckt, ist das automatisch ein neuer erster Versuch – vollkommen egal, wie aussichtslos die Lage der Offensive vorher war.
Im NFC Championship Game vor zwei Wochen gegen San Francisco drohten die Eagles sich in Halbzeit eins an der 49ers-Defensive die Zähne auszubeißen und schafften aus eigener Kraft keinen Raumgewinn mehr. Durch eine Strafe nach der anderen marschierten die Eagles trotzdem übers ganze Feld und so lag San Francisco schon zur Pause mit zehn Punkten zurück.
Auch in der ersten Hälfte des Super Bowls rettete Philadelphia auf diese Weise wichtige Drives. Beispielsweise kurz vor der Pause: In der gegnerischen Redzone riskierten sie bei einem vierten Versuch (4th & 2) alles, doch Chiefs-D-Liner Derrick Nnadi zuckte zu früh, schenkte den Eagles vier frische Versuche und damit quasi einen Touchdown. So gingen die Eagles mit einer 24:14-Führung in die Pause.
Doch bei der Gelegenheit muss Kansas-Trainer Andy Reid seinen Spielern Disziplin eingebläut haben, in Halbzeit zwei drehten die Chiefs den Spieß nämlich um: Mehrmals verwiesen die Chiefs-Verteidiger auf ein Zucken eines Angreifers. So kassierte Philadelphia auf einmal selbst False-Start-Strafen.
Andy Reid dürfte die schmerzhaften False-Start-Strafen in der Halbzeit-Pause angesprochen haben.Bild: AP / Ed Zurga
Einmal wurde Hurts vom Schiedsrichter sogar wegen Spielverzögerung (Delay of Game) sanktioniert, weil er den Ball mehrmals erst mit Ablaufen der Playclock freigegeben hatte. So konnte Hurts in der zweiten Halbzeit "nur" noch elf Punkte beisteuern. Gerade wenig genug, dass Mahomes eine Chance hatte, aufzuholen.
Auf Touchdown verzichtet: Zeit-Management sichert Chiefs den Sieg
Der spielentscheidende Kniff war jedoch das erstklassige Zeit-Management der Chiefs. Im letzten Viertel bekam Mahomes nach einer erfolgreichen Two-Point-Conversion der Eagles bei Gleichstand (35:35) den Ball an der eigenen 25-Yard-Linie wieder. Da waren noch 5 Minuten und 15 Sekunden auf der Uhr.
Eigentlich ein suboptimaler Zeitpunkt: Die Chiefs wussten schon, dass es ihre letzte Ballbesitzphase werden würde, gleichzeitig war (bei jeweils zwei verbleibenden Time-Outs) aber noch so viel Zeit zu spielen, dass die Eagles höchstwahrscheinlich ihrerseits nochmal zum Zug kommen würden.
Um Zeit von der Uhr zu nehmen, musste Mahomes also einen Drive zusammenschustern ohne unvollständige Pässe oder Strafen und der Spieler mit dem Ball durfte unter keinen Umständen aus dem Spielfeld rennen. All das hätte nämlich die Uhr angehalten.
Patrick Mahomes spielte im Super Bowl trotz einer Knöchelverletzung. Bild: imago / Sipa USA
Und Mahomes bewies, dass er nicht nur schnell laufen und gut werfen kann, sondern auch ein Stratege ist: Mit sechs Laufspielzügen und vier Passspielzügen marschierten die Chiefs übers Feld, nahezu durchgehend tickte die Spieluhr weiter. Letztendlich war es Runningback Jerick McKinnon, der bei anderthalb verbleibenden Minuten den Ball in die Endzone hätte tragen können.
Jerick McKinnon grätscht ins Nichts, um keinen Touchdown erzielen zu müssen.Bild: imago / USA TODAY Network
Stattdessen bremste McKinnon auf der Zwei-Yard-Linie ab, und sicherte seinem Team drei weitere Versuche zum "Zeitschinden". Nachdem drauf folgenden Field Goal und dem anschließenden Kickoff blieben Jalen Hurts gerade mal sechs Sekunden für einen letzten hoffnungslosen Spielzug.
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