Als sich am Sonntagnachmittag die Kansas City Chiefs und die Miami Dolphins beim ersten NFL-Spiel in Frankfurt gegenüberstanden, erwarteten die 50.023 Schaulustigen vor allem ein Offensivspektakel. Miami stellte vor dem Spieltag schließlich die punktbeste Offense der NFL, der amtierende Super-Bowl-Champ aus Kansas die zweitbeste.
Im Nachgang von einer Enttäuschung zu sprechen, wäre gewiss übertrieben. Fakt ist aber, dass beim 21:14-Sieg für die Chiefs gerade die Kansas-Defense mit einer starken Leistung glänzte. "Eine herausragende Leistung, das ist die beste Defensive der Liga", lobte Patrick Mahomes, Quarterback der Chiefs, auf der Pressekonferenz nach dem Match.
Dass dem amtierenden Champ drei Touchdowns in der ersten Halbzeit reichten, lag aber auch am Auftreten von Dolphins-Quarterback Tua Tagovailoa. Gemessen an den Zahlen, und die sind im American Football traditionell wichtig, hat er sein schlechtestes Saisonspiel absolviert. 61,8 Prozent angekommene Pässe und 193 geworfenen Yards – persönliche Tiefstwerte in diesem Jahr.
Tagovailoa war am Sonntag aber nicht der einzige Superstar, der die Fans enttäuschte. Denn wenn die Kansas City Chiefs spielen, stehen in dieser Saison nicht nur Quarterback Patrick Mahomes und Tight End Travis Kelce im Zentrum der Aufmerksamkeit. Sie müssen sich das Rampenlicht mit Taylor Swift teilen, werden dabei teilweise zu Nebendarstellern.
Die Sängerin datet seit Kurzem Kelce, ist bei den Kansas-Spielen stets im Trikot auf der Tribüne zu sehen. Die Kameras fangen sie dutzende Male pro Match ein, vor und nach den Spielen werden die Profis zu ihrem Einfluss befragt und in den NFL-Shows wird teilweise mehr über Taylor Swift gesprochen, als dass die Spiele analysiert werden. Kurzum: Es ist ein regelrechter Hype entstanden.
Dementsprechend hatten auch die Fans in Frankfurt darauf gehofft, die Pop-Ikone am Main hautnah zu erleben. Cathy Hummels, die Taylor Swift vermeintlich in einem Frankfurter Hotel gesehen hatte, machte den Schaulustigen vorab Hoffnungen. Ein Bericht der "FAZ", der sich auf RTL berufen hatte, befeuerte diese am Sonntagmittag weiter.
Im Stadion glich die Suche nach der Sängerin dem Kinderspiel "Where’s Waldo", ausgetragen aber nicht etwa auf einer A5-Seite, sondern auf einer Kinoleinwand. Einen als Waldo verkleideten Fan konnten die Zuschauenden auf der Haupttribüne bei genauem Hingucken tatsächlich erspähen, Taylor Swift hingegen war im gesamten Rund nicht zu finden. Nicht, weil sie sich in der Menge besonders gut getarnt hätte, die Kameras hätten sie selbst dann garantiert eingefangen, sondern weil sie schlichtweg nicht anwesend war.
Bilder zeigten, wie die 33-Jährige in New York unterwegs gewesen ist, unter anderem mit Selena Gomez und Brittany Mahomes. Rund um das Frankfurter Stadiongelände war sie trotz ihrer Abwesenheit ein großes Thema. "Swift 2024" stand auf dem Shirt eines US-amerikanischen Fans, der sich die Sängerin als kommende Präsidentin der Vereinigten Staaten wünscht.
Wie viel Ironie dahinter steckt? Unklar. Klar ist aber, wie ernst es dem Fan, der eine Business-Reise mit dem NFL-Spiel in Frankfurt verbunden hat, um seine Enttäuschung war. "Ich finde es richtig schade, dass Taylor Swift nicht gekommen ist. Ich hatte auf sie gehofft", erklärte er gegenüber watson.
Das galt auch für einen jungen Fan, der mit einem eindeutigen Ziel auf der Tribüne erschienen war. So schickte er mittels eines Pappschilds eine Drohung an Kansas-Star Kelce. "Hey Travis, heute ist mein 10. Geburtstag. Ich werde mir dein Mädchen schnappen!", stand dort geschrieben.
"Wo ist Taylor?", fragte ein anderer Anhänger auf seinem Pappschild: "Ich bin extra aus Texas angereist." Ein dritter Bastel-Enthusiast bemühte sich um einen sportlichen Twist. "Auf geht’s, Taylors Freund", lieferte er farbenfrohen Support für Kelce.
So manifestierte sich im Waldstadion ein Eindruck: Frankfurt oder Kansas – Hauptsache Taylor Swift. Die Sängerin gehört zu NFL-Spielen mittlerweile gleichermaßen wie Chicken-Wings und Bier. Für gewöhnlich zelebriert die Liga dies regelrecht, flutet die eigenen Social-Media-Kanäle mit Posts rund um die 33-Jährige.
Am Sonntag fiel das offizielle Rahmenprogramm in dieser Hinsicht fast schon dürftig aus. Weder im Stadion noch auf dem Vorplatz, wo Fans von einer großen Bühne aus bespaßt und mit Pop-Songs aus allen Dekaden beschallt wurden, lief ein Song von Taylor Swift. Dabei weiß die Sängerin doch eine beeindruckende Vielzahl an Charterfolgen in ihrem Portfolio.
Ihrer Allgegenwärtigkeit tat dies aber kaum einen Abbruch. Ob das den eingefleischten Fans nicht auf die Nerven geht? "Nein", entgegnet ein US-amerikanischer Fan im Gespräch mit watson entschlossen. Anders als der Pop-Star ist er mit seiner Frau nach Frankfurt gereist, erkundet die Stadt rund um das NFL-Spiel eine Woche lang.
"Taylor Swift hat dafür gesorgt, dass die NFL eine neue Zielgruppe erschlossen hat", erklärt er den positiven Einfluss. Das hilft der Liga finanziell, bei der Vermarktung, bei der Reichweite – und davon profitieren natürlich auch die Chiefs. Rein sportlich sei sie zudem ebenfalls eine Verstärkung: "Travis Kelce spielt besser, wenn sie dabei ist. Er will sie beeindrucken."
Sie darf, nein sie soll künftig also wieder bei den Spielen der Chiefs dabei sein, wenn es nach den Anhängerinnen und Anhängern geht. Taylor Swift und die NFL-Fans, das passt einfach zusammen. Und wenn sie schon nicht bei Kansas-Spielen zueinander finden können, gibt es ja noch andere Wege, wie ein Fan im Gespräch mit watson anmerkt: "Ich fliege nächstes Jahr nach Wien, um sie bei ihrer Tour zu sehen. Das kann ich kaum abwarten."