Strände auf Hawaii, Nazaré in Portugal, Ghost Trees in Kalifornien, Jeffrey's Bay in Südafrika – wer sich fürs Surfen interessiert, der hat von diesen und weiteren Surfspots überall auf der Welt sicher schon einmal gehört.
Ein ebenso berühmter Ort sollte Schauplatz des olympischen Surfwettbewerbs 2024 werden: Teahupoo auf Tahiti. Doch die Veranstaltung wird wahrscheinlich nicht wie geplant steigen – aus Klimaschutzgründen.
Was ist das Problem? Warum protestieren Klimaschützer:innen? Und warum reagieren die Veranstalter erst wenige Monate vor dem Start der Olympischen Spiele? Watson beantwortet die wichtigsten Fragen.
Paris ist Austragungsort der Olympischen Spiele 2024 und damit der zweite Veranstalter der Olympiageschichte, der einen Surfwettbewerb austragen darf. In Tokio feierte der Surfsport seine olympische Premiere.
Der Wettbewerb wird viele Gastgeberstädte in Zukunft vor Herausforderungen stellen, weil man ohne Meer offensichtlicherweise nicht surfen kann.
In Japan wählte man Shidashita Beach als Austragungsort, keine 100 Kilometer entfernt von Tokio. Paris ging einen anderen Weg und entschied sich gegen die durchaus vorhandenen Möglichkeiten in Frankreich (Biarritz, Lacanau, Les Landes und La Torche) – und für Tahiti.
Tahiti ist die größte Insel Französisch-Polynesiens und damit französisches Staatsgebiet.
Die grundsätzliche Kritik ist fast schon selbsterklärend: Paris und Tahiti trennen 15.760 Kilometer Luftlinie. Ein Wettbewerb am anderen Ende der Welt sorgt für zusätzliche Flüge, Probleme mit der Zeitverschiebung und die Tatsache, dass die Surfer:innen nicht teil des Olympischen Dorfes sein können.
Das Pariser Organisationskomitee wollte die Bedenken vom Tisch wischen und betonte, dass die Folgen für die Umwelt die gleichen seien.
Über diese Entscheidung sagte Lionel Teihotu, Präsident des Surfverbands Tahitis, der Nachrichtenagentur AFP im Jahr 2019: "Das ist eine tolle Überraschung und eine Anerkennung unserer Geschichte."
Umweltschützer:innen sehen das anders. Das gilt auch für den Plan, dass die 48 Athlet:innen und ihre Teams auf einem Kreuzfahrtschiff vor der Küste übernachten werden, bei dem die Motoren nonstop laufen sollen.
In der Bucht von Teahupoo befindet sich ein Korallenriff, das Naturschützer:innen als akut gefährdet sehen. Denn: Die olympischen Wettbewerbe müssen von Wettkampf:richterinnen bewertet werden. Und weil das nicht einfach von der Küste aus geht, soll ein 14 Meter hoher Aluminiumturm errichtet werden.
Ein bisher vorhandener Holzturm ist den Veranstalter:innen nicht gut genug, stattdessen soll ein neues Konstrukt ins Meer gebaut werden, auf dem unter anderem auch Kameraleute für die TV-Übertragungen Platz hätten.
Milton Parker, Vizepräsident der Denkmalschutzorganisation Atihau Association, sagte der AFP: "Das wird eine Katastrophe." Er betonte: Ein solcher Bau sei nicht möglich, ohne das Riff im Meer zu beschädigen.
Davon losgelöst äußerten Kritiker:innen die Angst, dass Teahupoo zu gefährlich für einige Surfer:innen sein könnte, da es ein bekannter Big-Wave-Spot ist.
Roniu Poaru, der Bürgermeister von Teahupoo, sagte dem "Guardian": "Unsere Bevölkerung akzeptiert die Olympischen Spiele, aber nur unter einer Bedingung: dass unsere Umwelt erhalten bleibt."
Im gleichen Text sagte Sam Purkis, Marinegeologe an der Universität Miami: "Korallenriffe sind empfindliche Ökosysteme." Jeder Bau könne sie bedrohen.
Die Veranstalter:innen sind zwar seit Jahren bemüht zu betonen, wie wichtig ihnen die Anwohner:innen und die Natur seien, doch die Zweifel werden nicht nur bei Klimaschützer:innen, sondern auch in der breiten Bevölkerung größer und größer. Mittlerweile haben mehr als 70.000 Menschen eine Petition gegen den Surfwettbewerb unterzeichnet.
Der größer werdende öffentliche Druck scheint nun zu einem Umdenken zu führen. Moetai Brotherson, der Präsident Französisch-Polynesiens, bestätigte der AFP, dass er den Umzug an einen anderen Ort erwäge.
Die finale Entscheidung ist noch nicht gefallen, aber Brothersons Äußerungen sind eindeutig: Er plane die Verlegung nach Taharuu auf dem größeren Inselteil Tahiti Nui. Der Bereich der Insel ist leichter zu erreichen. Ein Wettbewerb dort würde kein Korallenriff bedrohen, weil die notwendige Infrastruktur schon vorhanden ist.
Keine Zweifel gibt es an der Grundsatzentscheidung, auf Tahiti zu surfen. Die Wettbewerbe sollen in jedem Fall dort stattfinden.
Viele Surfer:innen haben eine enge Bindung zur Natur. So auch Matahi Drollet aus Tahiti. Er ging bei friedlichen Protesten zuletzt auf die Straße und gab sich auch auf Instagram kämpferisch: "Ich bin nicht gegen die Olympischen Spiele, aber gegen den neuen Turm", schrieb er dort. "Dieser Bau wird das Riff und das ganze Ökosystem bedrohen."
In den Kommentaren bekam er via Emojis maximal prominente Unterstützung von Kelly Slater. Weltmeister Filipe Toledo schrieb: "Lasst das Geld nicht die Natur erobern."
Drollets schrieb: "Das Meer und die Lagune sind der wertvollste Ort, den wir hier haben. Hier bekommen wir unser Essen, hier spielen wir, hier verbringen wir die meiste Zeit und hier haben wir die perfekteste Welle der Welt. Es ist ein Erbe unserer Vorfahren, das wir bewahren müssen."
Es scheint, als würden seine Rufe erhört werden.