Nick Woltemade bringt Gegner bei Trash-Talk aus dem Konzept
Nick Woltemade hat wohl Manieren. Die Rede ist nicht von solchen am Tisch – keine Ellbogen auf der Platte, nicht beim Kauen sprechen –, sondern von seinem Verhalten auf dem Platz.
In der englischen Premier League, einer Liga, in der Flüche, Provokationen und psychologische Tricks zum Alltag gehören, scheint der 23-Jährige aus Deutschland die Etikette noch zu wahren.
Das fiel zuletzt Tyler Adams auf, dem US-Nationalspieler des AFC Bournemouth. Der frühere Leipziger erzählte im Podcast "Men in Blazers" von einer Begegnung, die ihn etwas ratlos zurückließ.
Nicht mit Nick Woltemade: DFB-Star lässt sich nicht provozieren
Beim 0:0 gegen Newcastle am 21. September war Adams bei Standardsituationen für den deutschen Nationalspieler zuständig – ein eher ungleiches Duell. Denn Woltemade misst 1,98 Meter, Adams ist etwa einen Kopf kleiner, genau genommen 23 Zentimeter. "Ich decke immer die größten Spieler", gab Adams lachend zu und ergänzte: "Ich spiele in einer kleinen Mannschaft."
Dass er sich dafür mit Tricks behelfe – am Trikot zerren, Schubsen, ein bisschen Trash Talk –, verschwieg Adams nicht. Doch gegen Woltemade funktionierte das nicht.
"Ich bin es gewohnt, dass ich jemanden beleidige und derjenige mich dann zurückbeleidigt, aber das war hier nicht der Fall", sagte Adams.
Woltemade sei vielmehr "ein sehr netter Kerl" gewesen, "das war er wirklich. Und weil er so nett war, war mir das sogar ein bisschen unangenehm."
Nick Woltemade: Eine Torbilanz wie Alan Shearer
In England staunen sie derzeit über diesen höflichen Deutschen, nein, vielmehr sogar: Sie verehren ihn und singen seinen Namen: "Woltemade, Woltemade, Olé, Olé, Olé" hallte es gegen Nottingham Forest durch den St. James Park.
"Wenn man hier ein Tor schießt, dann kriegt man einen schönen Song", sagte Woltemade bei Sky. "Und dadurch, dass ich jetzt schon drei Heimtore hatte, konnte ich das immer schön anhören." Das sei dann, so der Stürmer, immer noch mal so eine kleine Extramotivation.
Dass Woltemade nach seinem Wechsel vom VfB Stuttgart nach Newcastle, so schnell in der Premier League ankommt, damit hätten selbst Optimisten nicht gerechnet. "Ich glaube, so ein Start ist nicht selbstverständlich", sagte Woltemade selbst, und hat recht.
Denn mit seinem Elfmetertor zum 2:0 gegen Nottingham Forest machte Woltemade nicht nur den zweiten Saisonsieg für Newcastle perfekt – er schrieb auch ein kleines Stück Vereinsgeschichte.
Es war sein drittes Tor im dritten Liga-Heimspiel: Das war vor ihm nur zwei Spielern gelungen – Les Ferdinand und Alan Shearer. Namen, die in Newcastle fast schon heilig sind.
Woltemade, der 85-Millionen-Mann, ist in Newcastle also auf Legenden-Kurs. Kaum jemand hätte es dem 23-Jährigen wohl zugetraut. Wahrscheinlich nicht mal er selbst.