Nach dem zweiten Vorrunden-Aus bei einer Weltmeisterschaft in Folge, war die Stimmung bei den DFB-Offiziellen alles andere als gut.
Während Trainer Hansi Flick und Oliver Bierhoff als Direktor der Nationalmannschaften bei der ARD eher gegen Moderatorin Esther Sedlaczek gifteten, verkündete Thomas Müller zwischen den Zeilen wohl seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft.
Für den ehemaligen Nationalspieler Michael Ballack gibt es die Probleme des DFB jedoch nicht erst seit dem frühen EM-Aus im verganenen Jahr, sondern schon viel länger.
Nach dem Spiel gegen Costa Rica setzte der 46-Jährige zu einer eineinhalb minütigen Wutrede auf den DFB bei Magenta TV an.
Zunächst fand der ehemalige Kapitän des Nationalteams noch lobende Worte, denn es sei beim 4:2-Sieg über Costa Rica kein gutes Spiel gewesen, dennoch habe man seine Hausaufgaben erledigt. Der verpasste Einzug in die K.o.-Runde lag vor allem an Japans Überraschungssieg gegen Spanien.
Und so wütete Ballack über die Entwicklung des deutschen Teams in den vergangenen Jahren seit dem peinlichen Aus in der Gruppenphase bei der WM 2018. "Das ist sinnbildlich, wie wir in den letzten Jahren Fußball spielen, versuchen Fußball zu spielen. Da gilt es anzusetzen. Es gilt zu hinterfragen: ist das die Art Fußball, die wir spielen wollen. Wir müssen Ansätze finden, um an unseren Stärken, die wir schon mal hatten, unseren Fußball daran auszurichten, dass er erfolgreich ist."
Das Vorrunden-Aus vor vier Jahren, das Achtelfinal-Aus bei der EM im vergangenen Jahr und nun das erneute Vorrunden-Aus hätten gezeigt, dass die deutsche Art von Fußball nicht erfolgsversprechend sei. "Wir sehen es an den Mannschaften, die weniger talentiert sind, die uns aber vor Probleme stellen", fügte er hinzu.
Auch Shkodran Mustafi, Weltmeister von 2014, stimmte der Aussage von Ballack zu. Die Mannschaft hätte sich viel zu sehr auf die Chip-Bälle von Kimmich und die Tiefenläufe von Gnabry und Sané verlassen. "Doch das dazwischen hat gefehlt", kritisiert er.
Als Mannschaft sei man nicht bereit, den Willen zu zeigen, um letztendlich erfolgreich zu sein. Es fehle alles beim DFB-Team, was zum modernen Fußball dazugehört.
Fredi Bobic, aktuell Sportchef bei Hertha BSC, sei bei allem technisch sauberen Fußball der Siegeswille abhandengekommen. "Wir brauchen wieder die Spieler, die die Ärmel hochkrempeln und in den entscheidenden Augenblicken ein Zeichen setzen."
Für Ballack gehe es nun darum, dass beim DFB jeder Stein umgedreht würde. "Und nicht den gleichen Fehler wie 2018 zu machen, indem der Präsident sich hinstellt und sagt, der Jogi und sein Trainerteam analysieren das jetzt mal und dann macht er weiter", sagte Ballack.
"Aber wer führt die Diskussion? Ist da eine Organisation oder eine Instanz, die die Jungs im operativen Geschäft hinterfragt." Dreimal so auszuscheiden, "das passiert halt, wenn man sich nicht kritisch hinterfragt", führte er weiter aus.
Nun ginge es nun darum, dass der Fokus wieder auf die Spielerentwicklung gelegt werde. Dafür ist auch Oliver Bierhoff als Direktor der Nationalmannschaften und der Nachwuchsakademie zuständig.
Auch die Position des Trainers gehöre hinterfragt: auch wenn Flick in Interviews nach dem Spiel erklärte, auch bei der EM 2024 in Deutschland Trainer bleiben zu wollen.
Bierhoff wollte seine eigene Position und die des Nationaltrainers nach Schlusspfiff nicht hinterfragen. "Jetzt überwiegt erstmal die Enttäuschung", sagte er bei Magenta TV.
Fredi Bobic nahm den DFB gegen Ballacks Kritik teilweise in Schutz. Nach dem WM-Aus 2018 sei beim Verband und innerhalb der Liga einiges aufgearbeitet worden.
"Aber der DFB ist ein riesiger Apparat", machte Bobic deutlich.