Nachdem der BVB in der aktuellen Transferphase zunächst vorgelegt hatte (ehe Bayern mit Mané und de Ligt spektakulär nachzog), hatten sich viele Bundesliga-Fans für die Saison 2022/23 mehr Spannung erhofft. Bayerns 6:1-Auswärtssieg zum Bundesligastart und das Verletzungspech des BVB dürften inzwischen die Hoffnungen vieler neutraler Fans gedämpft haben.
Doch auch Zuschauer, von denen man weniger Neutralität erwartet, wünschen sich anscheinend einen neuen Meister: Bayern-Legende Philipp Lahm zufolge sei es nicht gut für Deutschland "dass zehn Jahre lang hintereinander nur ein Verein Meister wird, dazu noch mit unglaublichem Abstand."
Im Interview mit dem "Kicker" gestand der Weltmeister von 2014: "Der FC Bayern ist weiter das Nonplusultra [...] aber ich hoffe, die Entscheidung fällt zumindest nicht so früh wie meistens in den vergangenen Jahren."
Ähnlich wie BVB- und DFL-Aufsichtsrats-Boss Hans-Joachim Watzke glaubt auch Lahm, dass die Dominanz der Bayern zumindest theoretisch zu brechen ist. Lahm gibt Borussia Dortmund mehrere Ratschläge:
"Ein Klub muss große Ziele haben", führt er dem "Kicker" gegenüber an. "Und wenn Borussia Dortmund immer in der Champions League spielt, muss der Verein irgendwann den Anspruch entwickeln, um den Titel zu spielen."
Zudem brauche der BVB einen Mannschaftskern, der dem Team eine Identität gibt. Bei Bayern seien das Manuel Neuer und Thomas Müller. Angesichts der Dortmunder Neuverpflichtungen um Karim Adeyemi, Nico Schlotterbeck, Niklas Süle und Sébastien Haller könne jedoch "auch dort eine Achse entstehen."
Zuletzt bräuchten Watzke und der BVB Geduld. "Um etwas zu entwickeln, brauchen Trainer Zeit. Der einzige, der sie in der Bundesliga zuletzt bekam, ist Christian Streich", beschwert sich der Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft. Dortmund trennte sich zuletzt nach nur einem Jahr von Marco Rose.
Doch auch die DFL nimmt Lahm in die Verantwortung: "Ich bin gegen Play-offs, weil sie mir zu viel Zufall beinhalten [...] Aber es muss sich etwas ändern [...] Da sind die Verantwortlichen gefordert, sich etwas einfallen zu lassen."
Aber nicht nur die Langeweile in der Bundesliga sondern auch die Winter-WM in Katar kritisiert Lahm. Der 38-Jährige werde "Stand jetzt" übrigens nicht beiwohnen: "Ich zähle nicht zur Delegation und bin nicht scharf darauf, als Fan hinzufliegen."
Obwohl Lahm inzwischen selbst EM-Organisationschef (2024 in Deutschland) ist, hält er sich mit Kritik an der WM-Vergabe nicht zurück: "Menschenrechte sollten bei der Turniervergabe mit die größte Rolle spielen. Wenn ein Land den Zuschlag bekommt, das da mit am schlechtesten abschneidet, macht man sich schon Gedanken, nach welchen Kriterien entschieden wurde. Das sollte künftig nicht mehr passieren."
Auch an Vereinsinvestoren wie bei PSG, Manchester City und seit neuestem Newcastle United hat der 38-Jährige eine klare Botschaft: "Wer mit seinen Investitionen in den Fußball politische Ziele verfolgt, den Sport also nur benutzt oder gar missbraucht, ist sowieso der falsche Partner."
(kpk)