Knapp neun Monate bleiben der deutschen Nationalmannschaft noch, um sich auf die Europameisterschaft im eigenen Land vorzubereiten. Die ganz große Euphorie ist bis dato noch nicht ausgebrochen, denn die sportlichen Leistungen seit dem Aus bei der Weltmeisterschaft in Katar lassen zu wünschen übrig. So gewann die DFB-Elf nur eines ihrer fünf Testspiele im Jahr 2023.
Und als wären die dürftigen Auftritte gegen Belgien, die Ukraine, Polen sowie Kolumbien nicht schon belastend genug für das Verhältnis von Nationalmannschaft und Fans, sorgt die Doku "All or Nothing: Die Nationalmannschaft in Katar" nun für zusätzlichen Zündstoff. Amazon Prime veröffentlicht die vierteilige Reihe zum WM-Aus am 8. September, einzelne Ausschnitte können die Fans aber schon vorab sehen.
Diese sorgen bis dato aber eher für Spott denn für Verständnis. So zeigt eine Szene Flick, der seinen schlechten Schlaf mit der mangelnden Unterstützung aus Deutschland begründet. Im Netz griffen Nutzer:innen diese Aussage anschließend sarkastisch auf.
Aber wie haben eigentlich die DFB-Profis selbst die Aufnahmen aus der Doku aufgenommen? Neuling Pascal Groß wickelte das Thema auf der Pressekonferenz am Dienstag geschickt ab: "Ich weiß noch nicht, ob ich sie schauen werde." Vielmehr wolle er sich selbst ein Bild von den neuen Kollegen machen.
Robin Gosens, der als zweiter Nationalspieler an der PK teilgenommen hat, reagierte indes etwas gereizt auf das Thema. "Ich habe wenig dazu zu sagen, ich habe es nicht gesehen. Ich glaube, da werden Ausschnitte gezeigt und Schlagzeilen draus gemacht", so der Linksfuß.
Er schob zugleich aber auch einen guten Grund nach, warum er persönlich die Dokumentation für wenig erbaulich hält: "Aus persönlichen Gründen – weil es sehr schmerzt, dass ich die WM verpasst habe. Ich will die Wunde nicht nochmal aufreißen." Flick hatte Gosens für das Turnier in Katar nicht nominiert. Auch aufgrund von Verletzungen war der Außenverteidiger seinerzeit nur Ersatz bei Inter Mailand.
Mittlerweile ist er zum 1. FC Union Berlin gewechselt und dürfte nun in Abwesenheit von RB Leipzigs David Raum deutlich bessere Chancen auf Einsätze haben. Zumal der Bundestrainer mit Benjamin Henrichs nur einen anderen klaren Außenverteidiger für die Partien gegen Japan und Frankreich nominiert hat.
Henrichs, ausgerechnet jener Leipziger, mit dem Gosens noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Am Sonntag trafen beide beim Bundesliga-Duell von Union und Leipzig aufeinander, die Sachsen setzten sich dabei mit 3:0 durch. Und Henrichs verpasste seinem Nationalmannschaftskollegen noch ein schmerzhaftes Erinnerungsstück: ein Veilchen unter dem rechten Auge.
"Der hat im Spiel gegen Leipzig so gegen mich geackert, dass ich mir das zugezogen habe. Er sagt zwar, er ist unschuldig, aber das glaube ich nicht", berichtete Gosens mit einem Schmunzeln.
Deutlich mehr Ernsthaftigkeit legte er hingegen mit Blick auf die beiden anstehenden Testspiele an den Tag. Nachdem die Nationalspieler "mit einem richtigen Scheißgefühl in die Sommerpause gegangen" seien, wolle man nun endlich für einen Stimmungsumschwung sorgen: "Wir wissen ganz genau, wie viel auf dem Spiel steht. Wir stehen auch beim Trainer in der Schuld. Wir müssen eine Aufbruchsstimmung hinbekommen und das geht nur über Resultate."
Diese in den kommenden Tagen einzufahren, wird nicht nur aufgrund der eigenen Probleme eine anspruchsvolle Aufgabe. Es geht schließlich gegen WM-Schreck Japan und gegen Vizeweltmeister Frankreich. Alles, nur keine Laufkundschaft.