Neben dem sportlichen Debakel bei der vergangenen Winter-Weltmeisterschaft in Katar war die Diskussion rund um das DFB-Team und die "One Love"-Binde das große Thema. Kurzfristig vor dem ersten deutschen Spiel gegen Japan hatten sich andere Nationen, mit denen sich Deutschland geeinigt hatte, die Binde zu tragen, auf Druck der Fifa davon distanziert.
Der DFB entschied sich im Anschluss ebenfalls dazu, auf die "One Love"-Binde zu verzichten. Stattdessen hielten die Spieler beim Teamfoto vor dem Anpfiff gegen Japan den Mund zu, wollten damit zeigen, dass sie sich nicht den Mund verbieten lassen.
Die vierteile Amazon-Doku "All or Nothing: Die Nationalmannschaft in Katar", die ab 8. September abrufbar ist, zeigt nun, wie sehr das Team selbst mit der öffentlichen Diskussion umgegangen ist und welche Gedanken die Spieler dazu hatten.
Bei einem Gespräch im Trainerteam vor dem Japan-Spiel sagt Bundestrainer Hansi Flick beispielsweise, dass er gerade eine Nachricht von Ex-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger erhalten habe, der bei der WM in Katar als ARD-Experte gearbeitet hat: "Der Schweini schreibt mir gerade, dass wir heute über das nervige Thema sprechen." Klar wird, dass Flick damit das Binden-Thema meint.
Hier siehst du im Video: Stefan Effenberg kritisiert Hansi Flick harsch:
Kurz später schildert Dr. Stephan Nopp, Co-Trainer und Spielanalyst in der Nationalmannschaft, dass es immer wieder Diskussionen zu diesem Thema gegeben habe: "Selbst am Mittagstisch am Spieltag hast du beim Trainer-Team oder am Spieler-Tisch Diskussionen darüber geführt und gesprochen, was richtig und was nicht richtig ist und wie es hätte laufen können. Das ist unfassbar störend, weil kein Fokus und keine Stimmung auf das Spiel aufkam."
Neben dem Co-Trainer kamen aber auch Spieler wie Manuel Neuer oder Thomas Müller in der Doku zu Wort. Nachdem der Verband die kurzfristige Entscheidung getroffen hatte, dass die "One Love"-Binde nicht getragen wird, erklärte Neuer: "Wir haben einen Tag vor dem Spiel mit dem Mannschaftsrat zusammengesessen und wollten eine Lösung finden. Wir waren ganz klar der Meinung, dass wir noch ein Statement setzen wollten, weil wir uns nicht mundtot machen lassen wollten."
Bayern-Star Müller hingegen sagt, dass er sich "von der deutschen Öffentlichkeit getrieben" gefühlt habe. Joshua Kimmich erklärt es im Auto auf dem Weg zur Pressekonferenz vor dem Japan-Spiel sogar so, dass das Ganze kein Thema für die Spieler sei.
Oliver Bierhoff, der damalige Geschäftsführer der Nationalmannschaft, sah aus seiner Sicht allerdings ein anderes Problem: "Eigentlich wussten wir vorher schon: Du kannst gar nicht gewinnen. Es sind diese Situationen, in denen es egal ist, was du machst. Es ist auf der Medien-Seite immer einfach: Machst du nichts, ist es zu wenig. Machst du was, ist es verkehrt. Irgendetwas wird gefunden."
Bundestrainer Hansi Flick ging sogar so weit und sagte in der Doku, dass die Nationalmannschaft aufgrund der politischen Diskussion "keine Unterstützung" aus Deutschland hätte. Noch vor dem ersten Spiel gegen Japan betonte er jedoch, dass sich das ändern werde, sobald die ersten Erfolgserlebnisse eingefahren werden.
Dazu kam es jedoch nicht. Nach der Niederlage gegen Japan spielte das DFB-Team zwar gegen Spanien gut (1:1) und besiegte Costa Rica (4:2), schied aber trotzdem bereits in der Gruppenphase aus und musste verfrüht die Heimreise antreten.