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"Lanz": Impfen und Corona: Ethikerin Buyx empfiehlt Weg "zwischen Angst und England"

Das konnte Markus Lanz nicht unkommentiert lassen: Am Dienstag war er in seiner Sendung allein unter Frauen.
Das konnte Markus Lanz nicht unkommentiert lassen: Am Dienstag war er in seiner Sendung allein unter Frauen. Bild: screenshot/ZDF
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Medizinethikerin Buyx plädiert bei „Markus Lanz“ für ausgewogene Pandemie-Strategie „zwischen Angst und England“

14.07.2021, 08:07
Von Alina Lackerbauer
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Während im Wembley Stadion 65.000 Fans das EM-Finale feiern, breitet sich die Delta-Variante weiter aus und die Impfmüdigkeit der Deutschen nimmt zu. Können wir die Herdenimmunität so überhaupt noch erreichen, fragt Markus Lanz am Dienstag seine Gäste in der Sendung. Und was ist die richtige Strategie für die Zukunft – warnende Prognosen für den Herbst oder Partysommer á la England? „Zwischen Angst und England“, resümiert Alena Buyx, Vorsitzendes des Deutschen Ethikrats. Zudem muss Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht die kritisierten Worte ihres Ehemannes Oscar Lafontaine über Pandemie-Experte Karl Lauterbach erklären.

Diese Gäste hat Markus Lanz am Dienstag in seine Sendung geladen:

  • Sahra Wagenknecht, Politikerin (Die Linke)
  • Anja Maier, Journalistin
  • Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats
  • Helga Rübsamen-Schaeff, Virologin und Chemikerin

Markus Lanz war am Dienstagabend der einzige Mann in seiner Talkrunde, umgeben von vier Frauen. Das schien auch für Lanz selbst eher ungewohnt zu sein. „Die Gesellschaft wird offensichtlich ein bisschen vielfältiger“, begrüßt er seine Gäste auf etwas unüberlegte Art und startet in die Sendung. Der Einstieg ist ihm schon mal deutlich besser gelungen.

Deswegen schnell zu den Bildern, die derzeit ganz Europa beschäftigen: 65.000 feiernde Fußballfans im Londoner Wembley Stadion. „Irgendwann muss man tatsächlich Maßnahmen aufheben“, verteidigt Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht die zugelassenen Zuschauer und die lockeren Corona-Regeln in England. Derzeit breitet sich die Delta-Variante im Land stark aus, die Inzidenz liegt schon seit Tagen über 200. Doch schwere Krankheitsverläufe gebe es kaum, rechtfertigt die Politikerin.

Stockende Impfkampagne und Herdenimmunität

Die Runde stimmt dem zwar zu. „Die Inzidenz und schwere Krankheitsverläufe entkoppeln sich zunehmend voneinander, sagt Medizinethikerin Alena Buyx. Doch Virologin Helga Rübsamen-Schaeff betont auch, dass sich die Krankenhausbelegung in England in kurzer Zeit verdreifacht hat. 100 waren es im Mai, 430 derzeit. Die Zuschauermassen bei den EM-Spielen, den Freedom-Day am 19. Juli und die damit einhergehende Abschaffung aller Maßnahmen, halte sie für zu früh. Die Situation in Großbritannien sei ein „Hochrisikoexperiment“, zitiert Buyx den Vorstand des englischen Ärztebundes.

Medizinethikerin Alena Buyx: Irgendwo zwischen Angststarre und England.
Medizinethikerin Alena Buyx: Irgendwo zwischen Angststarre und England. screenshot/zdf

Mit Blick auf Delta ist wohl eines entscheidend: Werden wir die Herdenimmunität jemals erreichen, fragt Lanz Journalistin Anja Maier. Das Problem sei derzeit, dass sich in der Gesellschaft eine gewisse Impfmüdigkeit ausbreitet und deswegen am Morgen sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut deinen deutlichen Appell an die Bevölkerung gerichtet hat. Kommunikativ seien Fehler unterlaufen, dass jetzt plötzlich die Impfkampagne stockt, aber nicht wegen fehlendem Impfstoff, sondern wegen fehlender Impfbereitschaft.

„Ich frage mich, wie es zu so einer Entwertung von dieser Chance kommen konnte?“
Journalistin Anja Maier über die Impfmüdigkeit

Wagenknecht sucht nach einer Erklärung: Die vorhandenen Impfstoffe gegen das Virus verleihen keine sterile Immunität, das heißt ein Geimpfter kann die Infektion weitertragen, und da liege in ihren Augen das Problem. „Besonders jetzt mit Delta“, wirft Buyx ein.

Andauernde Debatte zu Kinderimpfungen

Einer der zentralen Punkte in der andauernden Impfdebatte dreht sich um die Impfung von Kindern. Auch wenn jüngere Menschen ein geringeres Risiko einer schweren Erkrankung haben, können sie sich infizieren und teils langfristige Schäden haben. 30.000 Kinder in England haben Long-Covid, berichtet Virologin Rübsamen-Schaeff. Das Risiko der Impfung kennt man, es sei „berechenbar“, sagt Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. Die Risiken der Infektion seien dagegen weitaus weniger berechenbar.

Auf keinen Fall dürfe die Politik nun aber den Eltern „Angst machen“, ihre Kinder impfen lassen zu müssen, um einen normalen Schulbetrieb zu sichern, sagt Wagenknecht. Das müsse unabhängig davon passieren.

Wagenknecht ist selbst nicht geimpft – ins Detail geht sie aber nicht

Ob sie selbst geimpft ist, fragt Lanz nach. Nein, antwortet sie. Bei den bisherigen Impfstoffen gebe es für sie gesundheitliche Bedenken. Weiter geht sie nicht ins Detail. Sie denkt, dass viele Menschen noch vorsichtig seien, weil die Impfstoffe neuartig sind. „Ich finde, dass klassische Impfstoffe sehr schnell geprüft werden sollten“, schlägt Wagenknecht vor. Klassische Impfstoffe basieren auf der Basis von toten oder abgeschwächten Viren, nicht auf mRNA oder Vektoren wie die speziellen Impfstoffe gegen das Coronavirus.

Aber was ist die richtige Strategie? Warnungen vor der Ausbreitung der Delta-Variante im Winter und unregelmäßigen Schulunterricht für Kinder oder Partystimmung und normalem Leben im Sommer? „Zwischen Angst und England“, sagt Buyx scherzhaft. Es gehe darum, wie man den Raum in der Mitte gestaltet, weder in Panik gerät noch sagt, „wir lassen das jetzt durchrauschen“.

Helga Rübsamen-Schaeff, Virologin und Chemikerin und Anja Maier, Journalistin.
Helga Rübsamen-Schaeff, Virologin und Chemikerin und Anja Maier, Journalistin.Bild: screenshot/zdf

Eine Möglichkeit seien anti-virale Medikamente, sagt Rübsamen-Schaeff. Pfizer sei derzeit in der Phase zwei der Testung, im Herbst würde man die Zulassung beantragen. Im Winter könne es demnach zumindest in den USA Medikamente gegen Corona geben.

Wagenknechts Ehemann Lafontaine hetzt gegen Lauterbach und Pharmaindustrie

Lanz kommt auf Wagenknechts Ehemann, Linken-Politiker Oscar Lafontaine zu sprechen, der zuletzt SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach stark angegangen ist. Dieser zähle zu den „Covid-Heulbojen“, die Delta-Variante benutzten, um „erneut zu warnen und Schreckensszenarien in die Welt zu setzen“. Lafontaine wirft diesen Experten vor, „Arm in Arm mit der Pharmaindustrie den Teufel an die Wand malen“, damit sich möglichst viele Leute impfen lassen.

„Ich frage mich da wirklich, ob Sie da zusammensitzen und so über Menschen sprechen?“ entgegnet Maier, die für den Weser-Kurier über das politische Berlin berichtet, in Richtung Wagenknecht. Geht Lafontaines Aussage nicht schon in Richtung Verschwörungstheorie, fragt Lanz. Wagenknecht geht der Frage aus dem Weg, antwortet uneindeutig. Man müsse die „unumstrittenen“ Interessen der Pharmaindustrie hinsichtlich der Corona-Impfstoffe gesellschaftlich einordnen, findet sie. Aber das heiße nicht, dass jeder warnende Experte auf dem Bezahlticket der Pharmaindustrie steht. Das suggeriert das aber, kontert Lanz.

„Ich bin ehrlich gesagt ziemlich genervt von dem Buch“

Buyx äußert sich deutlich: Sie habe ein Problem damit, dass Experten, die sich für eine Impfung aussprechen von Lafontaine in die Ecke gedrängt werden „auf dem Schoß der Pharmaindustrie zu sitzen. „Es gibt so viele gute Argumente abgesehen von wirtschaftlichen, die für eine Impfung sprechen“, so die Medizinethikerin. Die Kritik beziehe sich auf Lauterbach als Dauerwarner, der „immer übertrieben“ hat, sagt Wagenknecht immer wieder. Es wäre besser, wenn Herr Lafontaine hier sitzen würde, resümiert Maier.

Markus Lanz und Sahra Wagenknecht: Sie findet die aktuellen Debatten zu abgehoben.
Markus Lanz und Sahra Wagenknecht: Sie findet die aktuellen Debatten zu abgehoben.Bild: screenshot/zdf

Zum Schluss geht es typisch für eine Lanz-Sendung mal wieder um ein Buch: Wagenknecht hat in ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ linken Parteien vorgeworfen, soziale Fragen aus den Augen verloren und mit Gender-, Klima- oder Biolebensmittel-Debatten traditionelle Wähler mit geringen Einkommen verprellt zu haben. Einige Linke wollen sie jetzt sogar aus der Partei ausschließen.

„Ich hoffe, dass man rechte Parteien erheblich schwächen kann, indem man stärker ein Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen hat.“
Politikerin Sahra Wagenknecht über ihr Buch „Die Selbstgerechten“

Diskussionen würden als „abgeboben“ wahrgenommen werden, schildert Wagenknecht darin. Diese linksliberale Überheblichkeit würde rechte Gewinne nähren, so ihre These. Viele würden aus Frust rechte Parteien wählen, weil sie enttäuscht vor den restlichen Parteien seien.

Und was sagt der Rest? „Ich bin ehrlich gesagt ziemlich genervt von dem Buch“, lacht Maier. Wagenknecht hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen.

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