Kriegt Deutschland mit dem Lockdown ab Mittwoch die Kurve in der Corona-Krise? Das ist die große Frage, die sich nach den Beschlüssen von Sonntag stellt. Darüber diskutiert auch die Runde bei "Anne Will" am Sonntagabend in der letzten Sendung vor Weihnachten.
In der Sendung waren zu Gast:
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte davon gesprochen, dass es momentan "fünf vor zwölf" sei, also allerhöchste Zeit, um den weiter steigenden Infektionszahlen entgegenzusteuern. Für den Intensivmediziner Uwe Janssens ist das noch untertrieben dargestellt.
Die Intensivkapazitäten schwinden, in einigen Regionen sind sie bereits ausgeschöpft. Für Janssens fehlt ein klares Statement, das der Bevölkerung ein Gefühl von Zusammenhalt vermittelt. "Dann werden wir die ersten drei, vier, fünf Monate mit erheblichen Einschränkungen leben müssen. Diese ehrliche Botschaft braucht die Bevölkerung". Dann mache diese die Maßnahmen auch mit, da sei er sich sicher.
Dass es den harten Lockdown nun braucht, da sind sich Politik und Wissenschaft mittlerweile mehr oder weniger einig. Armin Laschet hatte allerdings in der vergangenen Woche in seiner Meinung geschwankt, sich erst gegen einen Lockdown vor Weihnachten ausgesprochen, zwei Tage später dann dafür –und zwar möglichst schnell, am Ende ist er jetzt doch „erst“ ab Mittwoch in Kraft. "Kommen Sie bei Ihrem eigenen Durcheinander eigentlich noch mit?", fragt Moderatorin Will Laschet provokant.
"Ja", ist die kurze, trockene Antwort des NRW-Ministerpräsidenten. Er führt im Anschluss aus, dass er lediglich der Einschätzung der Wissenschaft gefolgt war, die aufgrund der stark ansteigenden Fallzahlen dann doch für einen früheren Lockdown plädiert hatte.
Der ist jetzt zwar ausgestaltet, aber nicht so ganz eingängig. Eine Situation zeigt das exemplarisch: Als es um die erlaubte Personenanzahl an Weihnachten geht, ist unter den Anwesenden nicht ganz klar, wie diese nun wirklich ausgelegt ist. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet schaut deshalb extra noch einmal ins Beschlusspapier. Dort heißt es sinngemäß:
Diese Passage trägt Laschet dann auch vor, Journalistin Kristina Dunz macht ihn aber auf einen Teilsatz aufmerksam, den er ihrer Meinung nach vergessen hatte. "Plus deren Lebenspartner, lesen Sie den Satz kurz da weiter", fordert sie Laschet auf. Sie bezieht sich auf die vier zusätzlichen Personen, die an Weihnachten erlaubt sind.
Laschet ist verwirrt, liest einen anderen Satz vor – doch dann eilt ihm Manuela Schwesig zur Seite. "Da muss ich Herrn Laschet rechtgeben." Und zwar sei die Ergänzung "Lebenspartner" darauf bezogen, dass unter den vier weiteren Personen nur Mitglieder aus der "Kernfamilie" seien, also ausgezogene Kinder, Großeltern oder ähnliches.
Die Situation zeigt vor allem, dass die nun schon wieder abgeänderten Regelungen für Weihnachten nicht wirklich eingängig sind – und dass selbst die Menschen, die sich tagtäglich damit beschäftigen, nachgucken müssen, wie es eigentlich ausgestaltet ist.
Journalistin Dunz war selbst Corona-infiziert – bemerkte es aber erst, nachdem sie ihre Familie in Niedersachsen besucht hatte. Für ihre Familie ging es vergleichsweise glimpflich aus, ihre Schwester war zwar auch infiziert, aber ihre Mutter sei verschont geblieben. Trotzdem hatte Dunz mit dem Ereignis zu kämpfen, fühlte sich in gewisser Weise schuldig. Sie verrät, dass sich ihr Leben dadurch durchaus verändert habe. "Es hätte sich am besten der Abgrund aufgetan und ich wäre reingefallen", erzählt sie.
Die Frage, wie wir mit der Pandemie umgehen, beschäftigt uns. Und obwohl es immerhin noch einen Monat hin ist, beschäftigt auch die Frage, wie es denn nach diesem Lockdown weitergeht. Philosophie-Professor Julian Nida-Rümelin hakt genau da ein.
Er redet dabei konkret über die Zeit nach dem 10. Januar. Es sei definitiv nicht die Lösung, den Lockdown einfach ewig lang zu ziehen. Man müsse auf der Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse gezielt handeln und sich eine Strategie für die Zukunft überlegen.
Ein Faktor könnte eine besser funktionierende Kontaktnachverfolgungs-App sein. Es gibt zwar eine Corona-Warn-App – doch die hat ihre Schwächen. Denn durch die hohen datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist die App für die Gesundheitsämter nur sehr bedingt hilfreich. Nida-Rümelin plädiert deshalb für eine zweite App, die auf ein bisschen Datenschutz verzichtet, dafür dann aber bei der Nachverfolgung hilfreicher ist.
Und auch Armin Laschet würde eine zweite App befürworten – auch wenn dafür auf der Seite des Datenschutzes etwas gespart werden müsste. Aber man dürfe die andere App auch nicht komplett über den Haufen werden. Dass eine verbesserte Variante dringend notwendig ist, um die Gesundheitsämter zu unterstützen, ist mittlerweile fast allen klar. Jetzt ist es an der Politik, in dieser Hinsicht zu handeln.