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Von Dieter Bohlen hat sich RTL sowohl bei "Das Supertalent" als auch bei "DSDS" zugunsten einer "familienfreundlicheren" Ausrichtung bereits getrennt. Aber könnten durch den neuen Fokus des Senders noch weitere bekannte RTL-Gesichter auf der Kippe stehen? Wir haben einen Blick auf einige Protagonisten geworfen, die immer mal wieder anecken – und eigentlich beim Sender bereits angezählt sein müssten. Doch egal, was bislang passiert ist, RTL hält weiter an Personen wie Oliver Pocher, Chris Tall, Mario Barth oder Joachim Llambi fest.
Oliver Pocher ist seit mittlerweile über 20 Jahren im TV-Geschäft. Bei Viva legte er den Grundstein für seine spätere Karriere. Seit 2019 hat der Comedian bei RTL einen Exklusiv-Vertrag. Besonders das vergangene Jahr lief für den 43-Jährigen rund. Nicht nur, weil er mit seiner Wendler-Parodie plötzlich Millionen von Menschen erreichte, sondern vor allem auch wegen seiner sogenannten Bildschirmkontrolle, die sogar im Rahmen seiner neuen Show "Gefährlich ehrlich" ins Fernsehen kam.
Doch genau dieses ursprünglich reine Social-Media-Format sorgt immer wieder für Kritik. Auf Instagram zeigt der Komiker nämlich überwiegend aus seiner Sicht das Fehlverhalten von Influencern. Seit dem Start werden immer wieder Mobbing-Vorwürfe laut. Sarah Harrison meinte, dass sie nach seiner Kritik Hasskommentare erhalten habe. Senna Gammour sagte zudem: "Es ist doch jetzt genug, man. Wenn es Comedy ist oder lustig sein soll, dann müssten doch viel mehr Menschen lachen. Ich sehe aber nur Hass, Negativität, Leute gehen aufeinander los, die sich nicht mal kennen und keiner hat es unter Kontrolle. Bekommt das mal unter Kontrolle."
Ende Mai wurde bekannt, dass die Show "Pocher – gefährlich ehrlich" aus dem Programm bei RTL genommen wird. In der Show sprachen er und seine Frau Amira, welche die Sendung ebenfalls moderierte, auch pointiert über tagesaktuelle Themen. Damit ist nun erstmal Schluss. Mit der neuen Ausrichtung von Pochers Heimatsender, familienfreundlicher zu werden, könnte sich somit der Sender gegen das Format des Comedians entschieden haben.
Der Vater von fünf Kindern sagte später in seinem Podcast dazu: "Das ist eine Entscheidung, die uns schon vor einiger Zeit erreicht hat und die wir bedauern, weil es wirklich dank euch eigentlich eine sehr erfolgreiche Sendung gewesen ist." Und weiter: "Da wird ein bisschen umstrukturiert und ein paar Sachen sind auch anders." Late Night sei "aktuell bei RTL nicht mehr so angesagt". Dennoch wolle er trotzdem weitermachen und wieder auf Sendung gehen. "Es gibt ja genug Möglichkeiten, die auch ohne Fernsehen funktionieren", so der Komiker.
Und so setzt er derzeit vor allem auf seinen Live-Podcast als Bühnenprogramm mit Frau Amira sowie die besagte Bildschirmkontrolle. In letzterer lieferte er allerdings erst kürzlich wieder einen Grund für die RTL-Abschussliste. Er machte sich über Cathy Hummels lustig, die auf ihrem Kanal künftig genderneutrale Sprache benutzen wolle. In seinen Augen gebe es schlicht wichtigere Themen. Seine Zukunft bei RTL scheint dennoch nicht gefährdet.
2019 teilte Unterhaltungschef Kai Sturm mit: "Immer wenn Oliver Pocher bei RTL auftaucht, macht er uns und den Zuschauern – wie zuletzt noch bei 'Let's Dance' – großen Spaß. Deshalb freuen wir uns, dass wir das Allround-Talent exklusiv für unseren Sender gewinnen konnten und ihm mit auf den Leib geschneiderten Formaten einen sicheren Hafen und Spielwiese zugleich bieten werden."
Auch, wenn Pocher nicht mehr seine eigene Show bei dem Sender hat, ist er dennoch konstant bei Sendungen wie "5 gegen Jauch" zu sehen. Im Schlagabtausch mit Günther Jauch hat er sich besonders bewährt. Am 31. Juli startete RTL mit drei neuen Ausgaben der Show – allerdings mit mehreren Änderungen. Trotz der Neuausrichtung setzt der Sender hier aber weiter auf Pocher als feste Größe neben dem "Wer wird Millionär?"-Moderator.
Amira stellte schließlich mit Blick auf die Einstellung von "Gefährlich ehrlich" klar: "Ich muss ja sagen, ich habe eigentlich gar nicht damit gerechnet, dass wir weitermachen. Es war eine spontan entstandene Sendung. Es fing mit vier Sendungen an, am Ende wurden es 36. So wenig erfolgreich war es ja dann nicht, sonst hätte man dann nicht so viele gemacht."
Zudem ist das Paar besonders erfolgreich mit seinem eigenen Podcast "Die Pochers hier", der exklusiv bei Audio Now herausgebracht wird. Mittlerweile nehmen die beiden diesen sogar live vor Publikum auf. Die zwei wurden außerdem bereits in der Kategorie "Publikumspreis/Beste Unterhaltung" neben "Baywatch Berlin", "Die Johnsons", "Gemischtes Hack" und "Mordlust" für den Deutschen Podcast-Preis nominiert.
Seit der ersten "Let's Dance"-Staffel, die 2006 auf RTL anlief, gehört Joachim Llambi zur Jury der Tanzshow. Wechselnde Mitjuroren und Moderatoren gab es über die insgesamt 14 Staffeln, alle Neuerungen hatten aber keine Auswirkungen auf seine Position als Wertungsrichter.
Mit der durchgängigen Einsatzzeit dürfte Llambi auch über "Let's Dance" hinaus einer der beständigsten Juroren bei RTL sein. Ähnlich lange war nur jemand wie Dieter Bohlen bei "DSDS" und "Das Supertalent" Juror, der nach der rigorosen Neuausrichtung des TV-Senders aussortiert wurde. Ob die Neuerungen jetzt auch Konsequenzen für den gebürtigen Duisburger haben werden, bleibt abzuwarten.
Denn wenn RTL familienfreundlicher werden möchte, gibt es auch einige Punkte an Llambi, die dem Vorhaben widersprechen. Die Tänze der "Let's Dance"-Paare bewertet er live im TV und geht dabei mit aller fachlichen Härte ans Werk. Und wenn er gegen Promi-Kandidaten wie Senna Gammour Vorbehalte hat, dann lässt er sie das auch spüren.
Der Sängerin sagte er ganz klipp und klar in einer Folge: "Als ich deinen Namen dann auf der Liste gesehen habe, hatte ich schon Sorge." Im Einspieler kam Sennas Antwort – ihr war der Spruch zu viel: "Meine Mutter hat mich sogar angerufen und gefragt: Warum hat er das gesagt? Die Bewertung ist eine Sache, aber das ist gemein. Verletzt hat es mich. Es ist so, als wärst du nicht willkommen."
Ebenfalls nicht unbedingt familienfreundlich dürften die Witze des Knallhart-Juroren sein, mit denen er seine Kollegen bedenkt. Jorge González zeigt sich stets mit exzentrischem Styling in der Show. Llambi macht sich nicht selten darüber lustig, spielt zudem darauf an, dass Jorge Interesse an verschiedenen männlichen Kandidaten hätte.
Zudem sind die Sprüche und Witze von Llambi nicht unbedingt immer Liveshow-tauglich. Das bekam in erster Linie Daniel Hartwich in der diesjährigen Staffel zu spüren. Vor laufenden TV-Kameras wollte er Hartwich daran erinnern, dass am nächsten Tag Muttertag war. "Nicht, dass Sie wieder einen bösen Anruf von Ihrer Mutter kriegen", setzte er eine fiese Spitze. Ohne zu ahnen, wie der Moderator reagieren würde: Der antwortete, dass so ein Anruf seit einiger Zeit nicht mehr möglich sei. Nicht gerade feinfühlig vom Knallhart-Juror, befanden auch einige User auf Twitter.
Trotz diverser Verbal-Entgleisungen ist und bleibt Joachim Llambi ein seriöser Wertungsrichter, der zudem selbst jahrelang Turniertänzer gewesen ist. Er strahlt durch sein umfangreiches Wissen Seriosität aus, die RTL nun so dringend sucht, und spricht damit auch die von dem TV-Sender präferierte, ältere Zielgruppe an.
In der oft emotional geprägten "Let's Dance"-Jury scheint er oftmals der einzige zu sein, der wirklich Wert auf die objektive Bewertung des Tanzsports legt. Während Motsi und Jorge manchmal weinend oder gefühlsbetont über die Tänze sprechen und manchmal vielleicht auch den einen oder anderen Mitleidspunkt vergeben, scheint Llambi immer gerecht urteilen zu wollen.
RTL schien auch in der Vergangenheit auf Llambis Fähigkeiten als Moderator zu zählen: Nach "Let's Dance" überließ man ihm "Stepping Out", von 2011 bis 2013 war er zudem zusammen mit Andrea Kiewel im Team der Sendung "Es kann nur E1NEN geben". Schließlich führte er auch durch die Kultgameshow "Jeopardy!" und moderierte zusammen mit Mirja Boes "Jungen gegen Mädchen". Bei all seinen Auftritten war er souverän, von Skandalen keine Spur. Denkbar ist also, dass RTL an ihm festhalten wird, weil er eben auch anpassungsfähig ist und stets sicher vor der Kamera agiert.
Mario Barth ist nicht nur durch seine Live-Programme bekannt, sondern auch im Fernsehen eine feste Größe. Mehrere RTL-Formate wie zum Beispiel "Willkommen bei Mario Barth" trugen beziehungsweise tragen sogar seinen Namen. Dabei ist der Humor des Berliners alles andere als fortschrittlich: Allzu oft geht es in seinen Gags um altbackene Geschlechterklischees, die immer wieder aufgewärmt werden. Zwar schießt Barth gegen Männer und Frauen gleichermaßen, doch das macht sein Witz-Repertoire in den Augen der Kritiker kaum weniger problematisch.
Seiner Show "Mario Barth deckt auf!", in der der 48-Jährige mutmaßliche Fälle von Steuerverschwendung offenlegt, wird zudem häufig vorgeworfen, auf plumpe Weise Politikverdrossenheit zu schüren und es mit Fakten teils auch nicht so genau zu nehmen. "Populistisch, einseitig, falsch: Für schnelle Gags und gute Quote leistet RTL (...) den journalistischen Offenbarungseid", urteilte hier etwa das Portal "DWDL".
Abseits der TV-Kameras sorgte 2019 ein Social-Media-Video von Barth für Aufsehen, in dem er die junge Aktivistin Greta Thunberg sowie auch die Klima-Bewegung Fridays For Future im Allgemeinen mächtig aufs Korn nimmt. Eine kritische Fan-Nachricht dazu beantwortete er mit den Worten: "Sollte jemand der Meinung sein, mich nicht mehr mögen zu wollen, weil ich in manchen Dingen anderer Meinung bin, dann muss man das tun. Das steht ja glücklicherweise jedem frei. Aber deswegen ändere ich doch nicht meine Meinung bezüglich der Demos, die zum Teil mehr Müll produzieren als Gutes tun. Wo waren die ganzen Demos in den Ferien?"
Dem vorausgegangen war 2016 ein Clip, in dem Barth vor dem Trump-Tower in New York posierte und scheinbar bewies, dass die in vielen Medien erwähnten Demonstrationen gegen den damaligen US-Präsidenten Donald Trump in Wahrheit gar nicht stattfinden. Menschenmassen waren um ihn herum nämlich nicht zu sehen. Schließlich wurde der Komiker in der Kommentarspalte darüber unterrichtet, dass er das Video am sogenannten Veterans Day aufgezeichnet hatte. An diesem Gedenktag für die Veteranen des Ersten Weltkriegs werden in New York einige Straßen – auch die Fifth Avenue – für Paraden und Gedenkveranstaltungen geperrt, was den Mangel an Demonstranten erklärt.
Mehrere User warfen dem Comedian vor, mit dieser Aktion das üblicherweise in rechtsgerichteten Kreisen bemühte Narrativ der Lügenpresse zu bedienen. Immerhin: Später bedauerte er die Aufnahme und räumte in der Zeitschrift "Stern" ein: "Das Ding hätte ich nicht machen sollen."
Mario Barth mag eine kontroverse Figur sein, er ist aber auch der wohl kommerziell erfolgreichste Comedian Deutschlands. Die Trennung von ihm wäre für RTL strategisch ungeschickt, denn ein gewisses Quoten-Level ist mit Barth praktisch garantiert. Bei allen sichtbaren Bestrebungen der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender nach mehr programmatischer Vielfalt möchten viele Zuschauer auch weiterhin Mario Barths Altherren-Zoten sehen – das wissen nicht zuletzt die Sender-Chefs. Und so ist auch Mario Barth im September Teil einer neuen Comedy-Doku-Reihe bei RTL.
Schließlich bedeutet Diversität bei konsequenter Betrachtung, dass am Ende auch für diese Art von Humor Platz sein kann und darf – gerade im Bereich der Abendunterhaltung. Für Seriosität sind dann eben Neuzugänge wie Jan Hofer und Pinar Atalay zuständig. Weiterhin hat Barth bewiesen, dass er Fehler eingestehen kann und die Tatsache, dass der letzte Eklat um ihn schon eine Weile zurückliegt, dürfte RTL bei den jetzigen Plänen umso nachsichtiger stimmen. Allerdings ist denkbar, dass Barth sich künftig mit politisch gefärbten Ansagen bedeckter halten wird als bislang.
Der Comedian Chris Tall bekommt bei RTL mittlerweile immer mehr Sendezeit, obwohl auch er, genau wie Mario Barth, mit seinem Comedy-Programm immer mal wieder aneckt. So wurde ihm 2017 nach einem Auftritt in Köln vorgeworfen, er habe mit einem Ausspruch auf die Novemberpogrome 1938, die so genannte "Kristallnacht", angespielt. Damals hatte Chris Tall vor rund 12.000 Menschen gesagt: "Wir fackeln heute die Bude ab – also quasi 'ne Chris-Tall-Nacht!" Im Netz und in verschiedenen Medien war damals das Entsetzen groß.
Und es war nicht Talls einziger Fehltritt. Nur ein knappes Jahr später warf ihm Ricarda Lang, die damalige Sprecherin der Grünen Jugend, auf "Bento.de" vor, Frauen in seiner RTL-Sendung "Darf er das?" sexistisch darzustellen.
Damals spielte er in seiner Show das Spiel "Dick oder schwanger". Dafür beurteilte er zusammen mit zwei weiteren Männern Frauen anhand ihres Körpers. In Augen einiger Twitter-User nicht nur sexistisch, sondern auch Bodyshaming der übelsten Art. Besonders erstaunlich war daran, dass dieses Spiel in seiner Show bei RTL überhaupt zugelassen wurde, denn der Sender selbst bezeichnete das niederländische TV-Vorbild dazu einige Zeit vorher noch als "einfach nur zum Fremdschämen".
Chris Tall kann auch verletzlich, das zeigte er vor allem in der Show mit Barth und Pocher. Dort flossen sogar die Tränen, als er in schwindelerregender Höhe eine Aufgabe erledigen sollte. Das wiederum macht den Comedian menschlich und nahbar und lässt in den Augen des Senders möglicherweise auch andere Verfehlungen in den Hintergrund rücken.
Außerdem hat er keine Probleme damit, sich selbst nicht so ernst zu nehmen – und das haben wohl vor allem die drei Comedy-Herren gemeinsam.
In der jüngsten Vergangenheit setzte RTL in "König der Kindsköpfe" sogar auf die Combo Chris Tall, Mario Barth und Oliver Pocher – gleich drei aneckende Comedians. Probleme scheint man also mit den teils umstrittenen Aussagen der TV-Gesichter nicht zu haben. Am 23. Juli startete sogar mit "The Wheel" ein neues Format mit Tall als Moderator. Dieses Mal darf er durch eine Quiz-Sendung mit Promis führen. Und es geht sogar noch weiter: Gerade wurde bestätigt, dass Chris Tall der neue Moderator von "Das Supertalent" wird und damit Daniel Hartwig ablöst. An seiner Seite wird Lola Weippert durch die Sendung führen. Ein Ende bei RTL ist also absolut nicht in Sicht.
RTL äußerte sich auf eine Anfrage von watson, wieso gerade an diesen vier Protagonisten weiter festgehalten wird, bislang nicht. Aber ein Ende der Ära Pocher-Tall-Barth-Llambi wird es in naher Zukunft beim Sender wohl nicht geben.
