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ZDF, RTL, Sat.1: Die größten Fehler der Sender im Corona-TV-Jahr

Hier ging das Konzept noch auf: Günther Jauch und Oliver Pocher in der erfolgreichen Show "Bin ich schlauer als Oli Pocher?". Mit der "Quarantäne-WG" konnten die Showmaster nicht überzeugen.
Hier ging das Konzept noch auf: Günther Jauch und Oliver Pocher in der erfolgreichen Show "Bin ich schlauer als Oli Pocher?". Mit der "Quarantäne-WG" konnten die Showmaster nicht überzeugen.Bild: TVNOW / Strefan Gregorowius
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Wie ZDF, RTL und ProSieben das TV-Jahr kaputt machten

06.07.2020, 06:4606.07.2020, 12:08
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Gut sechs Monate hat das laufende TV-Jahr auf dem Buckel, mehrere Wochen davon fanden im Corona-Lockdown statt. Zum Hochpunkt der Corona-Maßnahmen im Frühjahr sah die junge Zielgruppe in Deutschland (14 bis 29 Jahre) pro Tag rund 85 Minuten fern, davor waren es noch 76 gewesen.

Die Sender wagten während der Pandemie einige Experimente. Doch nicht alles war TV-Gold, was über die Bildschirme flimmerte. Sendungen wurden binnen Tagen oder Wochen aus dem Boden gestampft, mit großem Tamtam angekündigt und teils rasant wieder abgesetzt. Und das teils zu Unrecht.

Das erste Halbjahr hat gezeigt, wie überfordert die TV-Sender mit der neuen Situation waren. Das wirkt auch ins zweite Halbjahr hinein: Produktionen werden teils verschoben, gute Ideen sind bereits verschlissen, die Chance, mal etwas Neues auszuprobieren, was auch wirklich Bestand in der Zukunft hat, vertan. Strategisches Vorgehen? Fehlanzeige. Bisher.

Welche Fehler Sender wie ZDF, RTL und ProSieben im ersten TV-Halbjahr begangen haben – und was sie daraus lernen können. Die Analyse.

Erst kein Plan, dann keine Geduld

Bei Vox hatte man sich im Zuge der Corona-Krise einen der gefragtesten Sänger Deutschlands geschnappt, der mit "Sing meinen Song" bereits für beste Quoten gesorgt hatte: Mark Forster. Dessen eigene Show "Live aus der Forster Straße" wirkte zusammengeschustert, hatte aber ein spannendes Grundkonzept mit Potenzial: Lediglich von automatisierten Kameras begleitet, saß der Musiker in einem leeren Studio, machte Witzchen, schmetterte Songs oder improvisierte mit zugeschalteten Stars Neuinterpretationen ihrer Hits. Die zweite Folge sahen 700.000 Zuschauer, Vox schmiss die Show kurzerhand aus dem Programm – ohne vorherigen Versuch, mit einem anderen Konzept oder anderen Gästen noch mehr Fans anzulocken.

Etwas mehr Geduld wäre wünschenswert gewesen. Denn dem Live-Format geschuldet, kam es auch zu amüsanten Szenen, die es so nicht oft zu sehen gibt: So forderte Sido Forster auf, doch endlich mal seine Kappe (unter der sich bekannterweise nicht viel Haupthaar versteckt) abzusetzen. TV-Gold!

Tag 3 in der "Quarant‰ne-WG": Thomas Gottschalk (oben l.) zusammen mit G¸nther Jauch (unten r.) und Oliver Pocher
+++ Die Verwendung des sendungsbezogenen Materials ist nur mit dem Hinweis u ...
Gottschalk, Pocher und Jauch in ihrer kurzlebigen RTL-Show.Bild: TV Now / TVNOW

Gleiches gilt für die RTL-Quarantäne-WG mit Thomas Gottschalk, Günther Jauch und Oliver Pocher: Nach gerade einmal drei Folgen zog der Sender die Reißleine. Auch hier wirkte das Konzept der drei Moderatoren, die sich via Skype über ihr Leben während der Corona-Krise austauschten, wenig ausformuliert oder gar vorbereitet. Die Quoten sackten binnen der Folgen von 3,3 Millionen Zuschauern auf 1,4 Millionen ab. Dabei zeigt gerade die Dreier-Kombo immer wieder, dass sie dem Sender durchaus Top-TV-Stunden bescheren können. Beste Beispiele: "5 gegen Jauch", "Bin ich schlauer als Oli Pocher?" oder "Denn sie wissen nicht, was sie tun".

Fehlender Glaube an Sendergesichter

Nun finanzieren sich die privaten Fernsehsender natürlich von Werbung und müssen darauf achten, ihre Quoten möglichst hoch zu halten. Mit einem ausgeklügelterem Grundkonzept – auch, wenn sich der Showstart dadurch verzögert hätte – und einem Grundvertrauen in die besten Köpfe des Senders hätte man das Ruder aber durchaus noch einmal herumreißen können. Denn hat man erst einmal die drei größten Stars des Senders vor der Kamera, kann man Großes schaffen.

Lauwarmer Aufguss

Ein Serien-Spin-Off ist selten so gut wie das Original – gleiches gilt auch für TV-Shows. Während "Let's Dance" in diesem Jahr auch mit der 13. Staffel wieder einmal abräumt, schaffte der Ableger "Llambis Tanzduell" auf RTL nur 1,72 Millionen Zuschauer.

Auch das Revival von einer der größten Reality-Shows der letzten zwei Jahrzehnte sollte Sat.1 kein Glück bringen: So stark die Kandidaten auch gecastet worden waren und so sehr die beiden Häuser optisch überzeugen konnten – die Quoten von "Big Brother" dümpelten vor sich hin. Ursprünglich in der Primetime gestartet, wurden die Entscheidungsshows dann in den späten Abend verlegt.

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Cedric gewann diediesjährige "Big Brother"-Staffel. So richtig interessiert hat das niemanden.Bild: dpa / SAT.1

Und wo wir gerade schon in der Mottenkiste kramen: Auch die gute alte Nachmittags-Talkshow wurde von RTL wieder auf den Weg gebracht. Bei "Marco Schreyl" plauderten Promis, Politiker und Normalos über Alltägliches. Das klappte erst so mittel, während Pandemie-Hochzeiten gab es aber nicht nur bessere Quoten, sondern auch noch mehr Sendezeit für den Talker. Halten konnte man das Zuschauerinteresse aber nicht, die Sendung wird nach dem Sommer nicht wieder ins Programm genommen.

Das Problem mit der Zielgruppe

Es stellte sich auch die Frage, für wen diese Formate überhaupt gedacht waren. Die Generation, die in den 90ern und Anfang der 00er-Jahre am Nachmittag und am frühen Abend nach der Schule "Big Brother" und Daily Talks schaute, hängt heute zu dieser Sendezeit wohl noch im Büro fest (wenn nicht gerade Corona ist). Die jüngere Generation kann sich wohl kaum noch daran erinnern, wer Bärbel Schäfer, Britt, Zlatko und Jürgen sind. Warum dann den Aufguss von etwas schauen, dass man eh nicht kennt? Merke: Nostalgie allein reicht nicht, um eine Show erfolgreich zu machen.

Aktionismus

Was die anderen haben, will man selbst am liebsten auch. RTL hat mit der "Quarantäne-WG" und Sat.1 mit "Luke, allein zuhaus" eine tägliche Show, in der das Leben während der Corona-Krise thematisiert wird? Dann braucht man das im öffentlich-rechtlichen TV natürlich auch! Das ZDF schickte sein bestes Pferd im kulinarischen Stall an den Herd und gab Johann Lafer mit "Lafer kocht!" werktags eine neue Sendung, in der er aus den Küchenschrankvorräten etwas Vorzeigbares zusammenrührte.

Lafer in seiner kurzlebigen ZDF-Show.
Lafer in seiner kurzlebigen ZDF-Show.Bild: ZDF

Die Show war vorerst für fünf Ausgaben angesetzt gewesen, kam aber auch nie darüber hinaus. Dabei stimmt in diesem Fall das Konzept, Lafer agierte gewohnt professionell, kochte unbeirrt, plauderte zwischendurch mit zugeschalteten Gästen. Warum das ZDF eine runde Show, mit deren Thematik ("Was koche ich nur, wenn ich kein Mehl bekomme?") sich Millionen Deutsche zu dieser Zeit identifizieren konnten, nicht fortsetzte, ist schleierhaft.

Bei ProSieben hatte man es dagegen nicht geschafft, die fix ins Programm genommenen und augenscheinlich günstig produzierten TV-Versionen der Podcasts von Joko und Klaas, "Alle Wege führen nach Ruhm" und "Baywatch Berlin", fest im Programm zu verankern. Auf die aktuelle Lage in einem Land zu reagieren und das Beste aus den Umständen zu machen, ist sicher ein edler Anlass. Wenn es aber wenig ausgereift und fast schon lieblos daherkommt wie in diesen beiden Fällen, helfen auch die besten Namen der Branche nichts, um den Zuschauer auf Dauer zu begeistern.

(ab)

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