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"A House of Dynamite"-Ende erklärt: Schlägt die Bombe wirklich ein?

This image released by Netflix shows Anthony Ramos in a scene from "A House of Dynamite." (Eros Hoagland/Netflix via AP)
"A House of Dynamite" stellt die vielleicht düsterste Frage der Gegenwart. Bild: Netflix / Eros Hoagland
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Das unerträgliche Ende von "A House of Dynamite" erklärt: Und geht die Welt jetzt unter?

Der Netflix-Film "A House of Dynamite" denkt das Szenario eines Atomangriffs auf die USA durch. Am Ende bleiben aber einige Fragen offen. Wie man den Film trotzdem verstehen kann und was die Regisseurin und der Autor dazu sagen.
24.10.2025, 17:1924.10.2025, 17:19

Irgendwann kotzt in "A House of Dynamite" ein Offizier auf den Boden. Denn das, was da kommt, ist die totale, eigentlich unvorstellbare Zerstörung. Man will sich das eigentlich nicht ausmalen.

"A House of Dynamite" ist kein Horrorfilm. Aber er fühlt sich über einen Großteil der Laufzeit genauso an. Seit Freitag ist die neue Regiearbeit von Kathryn Bigelow bei Netflix verfügbar.

Die Oscar-prämierte Filmemacherin ("Zero Dark Thirty") spielt das Schreckensszenario eines Atomkrieges durch. Sie inszeniert die letzte Warnstufe über bürokratische Abläufe, hastige Zoomcalls und sich auflösende Befehlsketten in verschiedenen US-Behörden.

Bigelow verwehrt dem Netflix-Publikum eine finale Antwort. Sie verzichtet auf den großen Knall.

Wie wird man aus dem Ende von "A House of Dynamite" trotzdem schlau? Über diese Frage haben Kathryn Bigelow und Autor Noah Oppenheim selber nachgedacht.

Die drei Zeitlinien von "House of Dynamite

Die Handlung von "A House of Dynamite" in aller Kürze: Der Film erzählt drei parallel ablaufende Zeitlinien mehr oder weniger in Echtzeit. Alle beschäftigen sich mit einem Flugkörper, der sich den USA nähert. Er wird als Atomsprengkopf identifiziert, 18 Minuten verbleiben bis zum Einschlag. Zwei Versuche, die Rakete abzuwehren, scheitern. Der Einschlag ist unausweichlich.

Kathryn Bigelow erklärt die Ausgangslage des Films so: "Was wäre, wenn eine Interkontinentalrakete auf Nordamerika abgefeuert würde? Wie sehen die Kommunikationswege in den Machtzentralen aus und wie würden sie reagieren?"

Es geht letztlich nur noch um die (richtige) Antwort der Vereinigten Staaten auf den schlimmstmöglichen Angriff. Ein Gegenschlag? Gegen wen? Welche Folgen und welchen Preis hätte das? Akzeptiert man den Tod von Millionen Menschen? Oder riskieren die USA mit einem Gegenschlag einen möglichen Dritten Weltkrieg?

Der Film durchläuft nacheinander drei Instanzen, die auf ihre Weise Fakten, Vermutungen, Hypothesen und Moral gegeneinander abwägen müssen:

1. Der Kontrollraum (Situation Room), repräsentiert von Olivia Walker (Rebecca Ferguson). Ihr Team steht in engem Kontakt mit Major Daniel Gonzalez (Anthony Ramos) in Fort Greely, dessen Militärbasis dafür zuständig ist, Bedrohungen zu erkennen und abzuwehren. Fort Greely ist die Front in dem sich anbahnenden Atomkrieg.

2. Secretary of Defense Reid Baker (Jared Harris) analysiert in einem Zoom-Call (der die drei Handlungsstränge verbindet) vor allem die Frage des Ursprungs der Bedrohung. Es gibt einen kurzen Schnitt nach Russland.

3. Dem US-Präsidenten (Idris Elba) obliegt die finale Entscheidung. Sämtliche (unvollständigen) Informationen über die Bedrohungslage laufen bei ihm zusammen. Sekunden vor dem Einschlag des Atomsprengkopfs in Chicago brechen die Handlungsstrang jeweils ab. Auch der Letzte.

Wer steckt hinter dem Angriff?

Die Beteiligten gehen die "üblichen Verdächtigen" durch: Russland, China, Nordkorea. Ausgeschlossen wird nur Russland, aber auch hier bleibt ein Restzweifel. Das gegenseitige Misstrauen ist zu groß.

Der Aggressor wird bis zum Ende nicht verraten. Das war eine bewusste Entscheidung von Regisseurin Kathryn Bigelow und Autor Noah Oppenheim. Letzterer sagte bei der Premiere des Films auf dem New York Film Festival:

"Ich denke, wenn wir herausfinden würden, wer die Rakete abgefeuert hat, wäre das für uns alle eine Art Ausweg, denn dann gäbe es einen eindeutigen Bösewicht, der dafür verantwortlich ist, und wir könnten wieder zu unserem normalen Leben zurückkehren."

Theoretisch könnte jede Weltmacht hinter dem Angriff stecken. "Es könnte ein Land sein, von dem wir noch nichts wissen, das über eine dieser Waffen verfügt, oder, wie einer der Charaktere im Film sagt, es könnte ein U-Boot-Kapitän sein, der eines Morgens aufwacht, feststellt, dass seine Frau ihn verlassen hat, und beschließt, einen Knopf zu drücken."

Damit wollte Oppenheim aufzeigen, wie "fragil das System" ist.

Schlägt die Atombombe ein?

Unter den Figuren kursiert die brüchige Beschwichtigung, es könne sich bei dem Flugkörper nur um einen Sprengkopf ohne nukleares Material handeln. Aber letztlich stellen die Verantwortlichen den Einschlag einer Atombombe in Chicago als unausweichliche Tatsache hin. Auch Bigelow und Oppenheimer sprechen über die Atomdetonation nicht als Eventualität, sondern als Fakt.

Warum zeigt der Film den Einschlag dann nicht? Bigelow wollte mit dem offenen Ende eine "Diskussion" anregen. "Damit das Publikum einen Moment Zeit hat, um zu entscheiden, welches Ende es sich wünscht. Es liegt in unseren Händen."

Der richtige Umgang mit dem offenen Ende

Bigelow erhofft sich von ihrem Film auch einen indirekten politischen Effekt. "Angesichts der Welt und der schieren Menge an Atomsprengköpfen darin hoffte ich, dass dieser Film einige Informationen liefern und gleichzeitig eine Diskussion über die Reduzierung der Atomwaffenbestände anregen könnte", sagte die Regisseurin in New York.

Eine warnende Geschichte" soll "A House of Dynamite" bieten. Damit schließt der Netflix-Film an jüngere Werke wie "Oppenheimer" an, der sich mit der Öffnung der atomaren Pandora-Box auseinandersetzte.

"A House of Dynamite" lässt sich aber auch in einer Reihe mit "Civil War" (2024) und "Leave the World Behind" schauen, die scheinbar naheliegende apokalyptische Szenarien darlegen – nicht in einer diffusen Zukunft, sondern in der Gegenwart. Also der aktuellen globalen Realität.

Die "Was wäre, wenn"-Frage bildet den Dreh- und Angelpunkt von "Civil War" (Zusammenbruch innenpolitischer Ordnung), "Leave the World Behind" (Zusammenbruch von Informationstechnologie) und "A House of Dynamite" (Zusammenbruch globaler Ordnung).

Oppenheim wollte mit seinem Film entsprechend eine "große Frage" stellen: "Ist das eine globale Realität, in der wir weiterhin leben wollen?"

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