
"Blood & Sinners" läuft gerade in den deutschen Kinos.Bild: Warner
Analyse
Der Fantasy-Horror-Film "Blood & Sinners" überrollt gerade Hollywood – in mehrfacher Hinsicht. Studio-Insider fürchten eine Machtverschiebung. Und könnten damit recht haben.
25.04.2025, 19:0925.04.2025, 19:09
Sein Herz würde vor Dankbarkeit platzen, schrieb Ryan Coogler in einem offenen Brief an alle Menschen, die ein Ticket für "Blood & Sinners" gelöst hatten. Cooglers fünfte Regie-Arbeit war am vergangenen Wochenende gestartet.
In dem Mix aus Horror und Fantasy erzählt er die Geschichte eines afroamerikanischen Zwillingspaares, gespielt von Michael B. Jordan. Smoke und Stack kehren 1932 mit ergaunertem Reichtum aus Chicago in ihre Heimat Clarksdale, Mississippi, zurück.
Sklaverei wurde hier abgeschafft, aber der tiefrassistische Ku-Klux-Klan wütet noch immer. Smoke und Stack wollen trotzdem einen Nachtclub gründen, nur für die schwarze Bevölkerung. Im Hintergrund rottet sich eine Vampirbande zusammen.
Der unfassbare Erfolg von "Sinners"
Filme wie "Blood & Sinners" sind selten geworden – keine Franchise-Anbindung, keine Vorlage, keine wahre Geschichte. Noch seltener sind sie erfolgreich. "Sinners" (so der Originaltitel) ist mit 48 Millionen US-Dollar am ersten Wochenende der erfolgreichste Originalfilm der Dekade, seit sechs Jahren war in den USA kein Film während der ersten Tage erfolgreicher.
Die Industrie lechzt nach solchen Filmen, Erfolge wie der von "Minecraft" werden eher als lebenserhaltende Maßnahmen geduldet. Auch die Kritik feiert Ryan Cooglers erstes eigenständiges Werk seit "Fruitvale Station".
Fast ein Jahrzehnt hatte der afroamerikanische Regisseur sich in den Dienst von Marvel gestellt und die beiden "Black Panther"-Filme abgeliefert, deren Erfolg die Branche übrigens ebenfalls überrascht hatte. Denn "Black Panther" richtete sich, wie fast alle Filme von Ryan Coogler und wie auch "Sinners", an ein größtenteils schwarzes Publikum. Der Cast ist schwarz, die Musik ist schwarz, die Themen sind schwarz.
Das afroamerikanische Sklavereitrauma drückt sich mit seiner gesamten Unterdrückungsgeschichte in jedem Werk von Ryan Coogler aus – aber noch nie so stark wie in "Sinners".
"Sinners" verhandelt das Verhältnis von Kunst, Kultur und Besitz – wer darf etwas beanspruchen, wer nicht? – und tut das über die Filmebene hinaus.
Warum Experten in "Sinners" eine Gefahr sehen wollen
Ryan Coogler schloss mit dem Studio Warner Bros., das "Sinners" produzierte, einen Deal ab: nach 25 Jahren gehen die Rechte am Film an ihn über. Der Schöpfer Ryan Coogler wird "Sinners" irgendwann wirklich besitzen, und nicht das Studio, das ihn produzierte.
Die Regelung sorgte rund um den Kinostart für hitzige Debatten. Branchen-Insider stuften sie als gefährlich oder gar als potenziellen "Todesstoß" für die Studios ein, schreibt der afroamerikanische Journalist Richard Newby in einem Essay für den "Hollywood Reporter".
Er kritisiert die skeptische Berichterstattung rund um den Deal. In einem Artikel der "New York Times" habe es über die besondere Regelung geheißen: "Mr. Coogler wird dann der Eigentümer sein, obwohl er nicht dafür bezahlt hat."
Damit würde Coogler implizit Diebstahl unterstellt, obwohl dessen Produktionsfirma Proximity Media natürlich ebenfalls Geld in den Film steckte. Die Behauptung suggeriere zudem, dass Coogler kein Anrecht auf sein eigenes Werk habe.

Michael B. Jordan in "Sinners"Bild: Warner
Newby erkennt in dem Deal nun eine Bedeutung, die zurückwirkt auf das filmische Werk von "Sinners" – und vor allem auf die entbehrungsreiche afroamerikanische Geschichte. Er schreibt:
„Wir haben unsere eigene Kultur, unsere Geschichten, unsere Musik. Aber wir haben eure Ohren – und das heißt, wir haben euren Verstand und eure Aufmerksamkeit. Und damit wisst ihr: Vieles von dem, was ihr euer Eigen nennt, wurde von anderen geschaffen. Vor dieser Art von Black Power könnt ihr nicht fliehen.“
Ohne zu tief ins Detail gehen: Newby sieht in "Sinners" eine Art Manifest zur kulturellen und ökonomischen Selbstbestimmung schwarzer Kreativer.
Ryan Coogler saß am längeren Hebel
Wovor hat Hollywood also gerade Angst? Vor einer wirtschaftlichen Erschütterung? Oder vor wachsender Macht afroamerikanischer Filmschaffender?
Wichtiger Kontext hier: Quentin Tarantino verhandelte für seinen Film "Once Upon a Time in Hollywood" einst einen ähnlichen Deal, damals blieben die Bedenken aus.
Der Warner-Vorsitzende Michael De Luca hatte die "Sinners"-Entscheidung mitgetragen und später verteidigt. Im "Hollywood Reporter" spricht er von einer "wettbewerbsintensiven Situation". Ohne Zustimmung zum Deal hätte Warner den Film wahrscheinlich nicht bekommen. Coogler wäre zu einem anderen Studio gegangen. Der Regisseur saß am längeren Hebel.
Zudem habe Coogler "überzeugend dargelegt, warum dieser Film – insbesondere mit seinen Themen über Black Ownership – diese Regelung verdient. Das ist für ihn sehr wichtig und persönlich. Und ehrlich gesagt, sind wir stolz, dass wir ihm das ermöglichen konnten." Ein interessanter Satz.
Er klingt nach Gnade. Warner klopft sich selber auf die Schulter für seine großzügige Geste. Ebenfalls interessant: In dem Dankesbrief von Ryan Coogler kommt Warner nicht vor. Der Regisseur ist seinem Studio nichts schuldig.
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