Die neue "Masked Singer"-Jury: Sonja Zietlow (Mitte) und Bülent Ceylan mit Gast-Jurorin Ruth Moschner.Bild: ProSieben/Willi Weber
Analyse
jennifer ullrich
2020 können sich alle deutschen Fans von "The Masked Singer" über gleich zwei Staffeln freuen. In der aktuellen Ausgabe der Show sind wieder Live-Zuschauer zugelassen (natürlich im Rahmen der geltenden Corona-Maßnahmen) und am Personal wurde mächtig geschraubt.
So haben wir es jetzt mit einer komplett veränderten Jury-Besetzung zu tun, bestehend aus Sonja Zietlow, Bülent Ceylan und einem wechselnden Gast. Bislang halten die zugegeben klangvollen Namen an den Pulten aber überhaupt nicht, was sie versprechen.
Rotation hat in der "The Masked Singer"-Jury Tradition. So war allein Ruth Moschner sowohl in Staffel eins als auch Staffel zwei dabei, bevor jetzt auch sie ihren Platz räumte. Sonja Zietlow nimmt den wichtigen Sitz in der Mitte ein, muss die Impulse geben. Sie ist nicht nur charismatisch, sondern bringt eine Menge Showbiz-Erfahrung mit. Auf wenn schon nicht korrekte, dann zumindest doch inspirierende Tipps von ihr war daher vorab zu hoffen. Aber Fehlanzeige!
Sonja Zietlow lag mit ihren Tipps zuverlässig daneben
Die Moderatorin begeisterte in der letzten Staffel auf der Bühne als Hase, als Jurorin hingegen wirkt sie erstaunlich überfordert. Um nicht zu sagen: planlos. Bei den mittlerweile schon enthüllten Masken lag sie zuverlässig so richtig daneben.
Bülent Ceylan ist ebenfalls keine allzu große Hilfe. In der Auftaktfolge wendete er sich wiederholt seinen Kollegen zu, um direkt mal deren Vorschläge einzuholen. Der Vorwurf der Arbeitsverweigerung wäre an der Stelle zwar hoch gegriffen, trotzdem war das alles schon etwas absurd und ziemlich vielsagend.
Immerhin: In der zweiten Show versuchte Ceylan durch bis zu drei Tipps pro Kostüm wenigstens quantitativ Wiedergutmachung zu leisten. Mit Jochen Schropp als Hummer bewies er am Ende obendrein sogar den richtigen Riecher, nachdem er zunächst DJ Bobo im Verdacht hatte.
"The Masked Singer" braucht Ruth Moschner
Auf die richtige Spur führte ihn ausgerechnet Ruth Moschner, die sich dieses Mal zwar "nur" als Gast-Jurorin die Ehre gab, mit ihren Analysen aber dennoch alle spielend übertraf. Ihre Euphorie für das Format scheint zwar in manchen Momenten etwas übers Ziel hinauszuschießen, wird nun jedoch schlagartig vermisst – genau wie ihre Promi-Expertise.
Lustigerweise scherzte Sonja Zietlow erst neulich, dass sie sich gerne einmal das Adressbuch von Moschner ausleihen würde. Besser wäre es wirklich!
Ruth Moschner war es beispielsweise auch gewesen, die das Faultier eiskalt als Tom Beck in der Frühjahresstaffel enttarnte. Zu einem Zeitpunkt, als der Großteil der Zuschauer noch voller Begeisterung die rosarote Stefan-Raab-Brille trug. Halbherzig ins Blaue hinein tippen ist absolut nicht ihr Ding und sollte auch wirklich nicht das Prinzip von "The Masked Singer" sein.
Das Faultier gewann die vergangene Staffel "The Masked Singer".Bild: dpa / ProSieben
Die aktuelle Jury von "The Masked Singer" hat daneben auch noch ein ganz anderes Problem: Sie ist viel zu harmonisch. Von Sonja Zietlow wissen wir durch das Dschungelcamp, dass sie ziemlich geistreich und gemein (eine teuflische Kombination) sein kann und zumindest eine winzige Prise davon würde auch diese Sendung im Handumdrehen ungemein bereichern. Stattdessen kommen ihr die Tränen bei mittelmäßigen Darbietungen auf der Bühne.
Die "Masked Singer"-Jury muss mehr streiten
Nennenswerte Reibungspunkte gibt es daneben aber auch nicht zwischen ihr und Ceylan. Das war bei Ruth Moschner und Rea Garvey in der letzten Staffel anders, wovon wiederum der Unterhaltungswert enorm profitierte. Selbst (oder vielleicht gerade!) eine Rundum-Wohlfühlshow wie "The Masked Singer" verträgt kleinere Dissonanzen, damit nicht alles bloß kuschelweiche Fassade bleibt.
Ruth Moschner in der Jury von "The Masked Singer"Bild: ProSieben/Willi Weber
Das ernüchternde Zwischenfazit: Die neue Jury von "The Masked Singer" ist weder besonders unterhaltsam noch gut oder kreativ im Raten. Chris Tall als Nilpferd? Bill Kaulitz als Alien? Fast jede Familie auf dem Sofa daheim dürfte bessere Ideen haben als Bülent Ceylan und Sonja Zietlow. Zu viel Werbung ist in Staffel drei jedenfalls leider nicht das einzige Problem der Show.
Auf Netflix sorgt derzeit vor allem eine Serie für ordentlich Gesprächsstoff. "Monster", die neueste Produktion aus der Feder von "American Horror Story"-Macher Ryan Murphy, erzählt die reale Geschichte der Menendez-Brüder. Lyle und sein jüngerer Bruder Erik hatten im Jahr 1989 ihre Eltern in deren Haus mit einer Schrotflinte erschossen. Bis heute plädieren die beiden Männer auf Notwehr. Dennoch sitzen sie seit über 30 Jahren im Gefängnis im US-Bundesstaat Kalifornien.