Unterhaltung
Coronavirus

"Markus Lanz": NRW-Minister wettert gegen Prio-Gruppe 3: "Die bringt mir nur Ärger"

Karl-Josef Laumann (r.) hat eine klare Meinung zur Prio-Gruppe 3.
Karl-Josef Laumann (r.) hat eine klare Meinung zur Prio-Gruppe 3.Bild: screenshot zdf
Unterhaltung

NRW-Minister wettert gegen Impf-Prio-Gruppe 3: "Die bringt mir nur Ärger"

28.05.2021, 07:3928.05.2021, 09:59
maik mosheim
Mehr «Unterhaltung»

Der Impfgipfel ist Geschichte – und am Ende steht vor allem eine Erkenntnis: Bald sollen auch die 12- bis 17-Jährigen geimpft werden. Ist das eine gute Idee? Und woher soll der Impfstoff überhaupt kommen? Große Fragen, die Markus Lanz am Donnerstagabend klären möchte. Dabei kommen durchaus spannende Aussagen ans Tageslicht.

In der Sendung zu Gast waren:

  • Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen
  • Yasmine M'Barek, Journalistin bei "Zeit Online"
  • Dirk Brockmann, Physiker, entwickelt Vorhersagen für das Robert-Koch-Institut
  • Jörg Dötsch, Kinder- und Jugendmediziner aus Köln

Die Impfungen bei Kindern – am Mittwoch in seiner Sendung schon thematisiert, geht Lanz am Donnerstag gleich zu Beginn mit dem aktuellen Aufhänger des Impfgipfels wieder darauf ein. Und gibt erneut zu verstehen, dass er sich wünschen würde, dass die Politik klarere Vorgaben macht und die Ständige Impfkommission (Stiko) die Verantwortung nicht so sehr auf die Eltern abschieben würde. Nach Zustimmung suchend spricht er Arzt Jörg Dötsch an. „Ich halte die Ständige Impfkommission für eine hervorragende Einrichtung“, spielt der Mediziner das Spiel nicht mit. Und auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann will sich nicht auf die Schuldzuweisungen einlassen.

Karl-Josef Laumann muss seine Politik verteidigen.
Karl-Josef Laumann muss seine Politik verteidigen.Bild: screenshot zdf

Laumann und seine Wut auf die Prio-Gruppe 3

Jobbedingt muss der Minister sich an diesem Abend das ein oder andere Mal für die Handlungen seines Bundeskollegen, Gesundheitsminister Jens Spahn, rechtfertigen. Warum Spahn die Impfpriorisierung am 7. Juni überhaupt aufheben wollte, fragt Lanz. Laumann hat dafür seine eigene Begründung, wird auf einmal sogar etwas lauter und schimpft:

"Die Prio-Gruppe 3 ist so groß, die ist gar nicht beherrschbar. Eine solche Prio brauche ich nicht, die bringt mir nur Ärger. Das sind Dreiviertel der Bevölkerung drin, da ist mir lieber, wir haben gar keine mehr.“
Karl-Josef Laumann

Die Aufhebung der Impfpriorisierung bringt allerdings neue Probleme mit sich: Und die betreffen vor allem die Erwartungshaltung: „Dann denken in zehn Wochen einige Menschen: Ich wurde schon wieder enttäuscht“, bilanziert Journalistin M’Barek und kritisiert die Politik dafür, immer wieder falsche Erwartungen zu wecken. „Das ist wie mit dem Lockdown“, wirft Physiker Dirk Brockmann ein. Dort sei etwas sehr Ähnliches passiert.

Wie sinnvoll ist die Impfung für Kinder? Das ist bislang fraglich

Weniger falsche Erwartungen, aber mehr Unsicherheit weckt nun die Freigabe der Impfungen für 12- bis 17-Jährige. „So wie wir hören, wird die Stiko möglicherweise sagen, ja, die Kinder mit Risikofaktoren sollte man impfen, bei den anderen ist es dann aber eine persönliche Abwägung“, sagt Arzt Jörg Dötsch.

Arzt Jörg Dötsch ist froh, dass immerhin schon mal die Möglichkeit da ist, Kinder zu impfen.
Arzt Jörg Dötsch ist froh, dass immerhin schon mal die Möglichkeit da ist, Kinder zu impfen.Bild: screenshot zdf

Denn wie sinnvoll die Impfung wirklich ist, ist fraglich. Vier Kinder sind bislang in Deutschland an Covid-19 verstorben, weniger als im letzten Jahr an der „gewöhnlichen“ Influenza. „Jedes tote Kind ist eines zu viel“, sagt Dötsch, ergänzt aber: „Jede Impfung ist auch ein mögliches Risiko.“ Das Wichtigste sei, dass man es nicht von der Impfung abhängig mache, ob man die Schulen wieder öffnet und den Kindern ihr soziales Leben zurückgibt.

Knallharter Wahlkampf - da sind die Kinder auch mal schnell egal

Schulöffnungen stehen bei Politikern aber nicht ganz oben auf der Prioritätenliste, vermutet Yasmine M’Barek.

„Man versucht, mit vielen Versprechen, die im Wording super gefährlich sind, zu zeigen, es wird besser.“
Yasmine M'Barek

Aber ob es am Ende wirklich besser wird, lasse sich gar nicht so genau vorhersagen. Und die Versprechen würden dabei vor allem an die gehen, die im September bei der Bundestagswahl wählen dürfen.

Denn für M’Barek ist der Fall klar: Es ist Wahlkampf. In dieser Hinsicht übt sie aber nicht nur Kritik an der Politik, sondern auch an den Medien. Überall suche man nach der schnellen, guten Schlagzeile, um im Vorfeld der Wahl gehört zu werden. Und dass Exklusiv-Interviews von Jens Spahn, in denen er große Versprechungen macht, da nicht gerade Besserung schaffen, gehört für sie auch zur Wahrheit dazu.

Für Yasmine M'Barek steckt hinter dem Verhalten der Politik knallharter Wahlkampf.
Für Yasmine M'Barek steckt hinter dem Verhalten der Politik knallharter Wahlkampf.Bild: screenshot zdf

Mal wieder eine schiefgelaufene Prognose, die Lanz kritisieren kann

Wie in letzter Zeit schon häufiger, will Markus Lanz dann über falsche Corona-Prognosen sprechen. Dieses Mal im Blickpunkt: Eine Kurve des Robert-Koch-Instituts, die für den 18. April 2021 eine Inzidenz von 350 voraussagte, in Wahrheit landete die Inzidenz am 18. April aber bei „gerade einmal“ 162. Lanz echauffiert sich darüber und fragt Modellierer Dirk Brockmann, woher solche „katastrophal falschen“ Prognosen kommen würden. Brockmann kennt das Problem:

„Das Problem bei solchen Prognosen ist, dass wenn man solche Prognosen macht, muss man immer dazu sagen, welche Annahmen man macht und die typische Annahme ist, dass sich in der Zeit der Prognose nichts ändert.“
Dirk Brockmann

Das ist während einer Pandemie aber nicht unbedingt gegeben, sodass Brockmann empfiehlt, niemals länger als eine Woche in die Zukunft zu prognostizieren. Anders könne man keine sinnvolle Annahme mehr treffen.

Markus Lanz bemüht die Kritik an falschen Voraussagen.
Markus Lanz bemüht die Kritik an falschen Voraussagen.Bild: Screenshot zdf

Die spannende Wissenschaft des Modellierens

War die Fokussierung der Politik auf mathematisch-statistische Modelle also falsch? So einfach ist es für Brockmann nicht. Denn Modellierer würden durchaus Aspekte wie die Psychologie der Pandemie oder ähnliches in ihre Berechnungen mit einbeziehen, allerdings sei das nicht immer einfach und in Deutschland würden auch häufig die Möglichkeiten dazu fehlen. Und zusätzlich würden Eindrücke wie übervolle Strände oder Menschenmengen beim Skifahren ein womöglich falsches oder ungenaues Bild schaffen, das dann wichtige Messgrößen wie die Mobilität auf die eine oder andere Art verzerren könne.

Dirk Brockmann (r.) erklärt, worauf es beim Modellieren ankommt.
Dirk Brockmann (r.) erklärt, worauf es beim Modellieren ankommt.Bild: screenshot zdf

Corona-Modelle erstellen: Eine hochspannende Wissenschaft, die in Gänze gar nicht wirklich nachvollziehbar ist. Da sind die harten Zahlen von Karl-Josef Laumann doch etwas eingängiger: In NRW wurden zu Beginn der kostenlosen Bürgertests 200.000 an einem Tag getestet – ein Prozent war positiv. Am vergangenen Pfingstwochenende waren es dann 800.000 Tests – und nur 0,1 Prozent war positiv.

Modellierer Brockmann: "Das ist idiotisch gewesen"

Für Laumann ist die Tendenz klar: Das Virus ist in der Bevölkerung nicht mehr so präsent. Er hofft, dass sich dieser Trend im Herbst nicht wieder komplett umkehrt. Mit seiner Hoffnung gerät er bei Modellierer Brockmann allerdings an den falschen, der laut eigener Aussage "allergisch" auf das "Prinzip Hoffnung" reagiert. Nachdem er den deutschen Pandemie-Verlauf nochmal durchdekliniert hat, übt er deutliche Kritik:

„Und dann wurde in die dritte Welle hinein geöffnet. Das ist nicht auf Sicht fahren, das ist idiotisch gewesen.“
Dirk Brockmann

Darauf geht Markus Lanz dann nicht mehr genauer ein, weil er Karl-Josef Laumann noch fragen möchte, was er von der Nominierung von Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten der Union hält. Und Laumann ist da deutlich: Er ist froh, dass sein NRW-Kollege "gewonnen" hat und äußert zum Ende der Sendung noch eine spannende Theorie: „Vielleicht hat Söder Laschet unterschätzt.“

"Hart aber fair" wird von anderem Polit-Talk in der ARD verdrängt

Bei den politischen Talk-Shows der öffentlich-rechtlichen Sender ist derzeit viel Bewegung drin. Die Sendung von Sandra Maischberger beispielsweise pausiert seit dem 26. März. Die Moderatorin verkündete aber schon selbst, dass das Format nach zwei Wochen Oster-Auszeit in die ARD zurückkehren wird.

Zur Story