Der Impfgipfel ist Geschichte – und am Ende steht vor allem eine Erkenntnis: Bald sollen auch die 12- bis 17-Jährigen geimpft werden. Ist das eine gute Idee? Und woher soll der Impfstoff überhaupt kommen? Große Fragen, die Markus Lanz am Donnerstagabend klären möchte. Dabei kommen durchaus spannende Aussagen ans Tageslicht.
In der Sendung zu Gast waren:
Die Impfungen bei Kindern – am Mittwoch in seiner Sendung schon thematisiert, geht Lanz am Donnerstag gleich zu Beginn mit dem aktuellen Aufhänger des Impfgipfels wieder darauf ein. Und gibt erneut zu verstehen, dass er sich wünschen würde, dass die Politik klarere Vorgaben macht und die Ständige Impfkommission (Stiko) die Verantwortung nicht so sehr auf die Eltern abschieben würde. Nach Zustimmung suchend spricht er Arzt Jörg Dötsch an. „Ich halte die Ständige Impfkommission für eine hervorragende Einrichtung“, spielt der Mediziner das Spiel nicht mit. Und auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann will sich nicht auf die Schuldzuweisungen einlassen.
Jobbedingt muss der Minister sich an diesem Abend das ein oder andere Mal für die Handlungen seines Bundeskollegen, Gesundheitsminister Jens Spahn, rechtfertigen. Warum Spahn die Impfpriorisierung am 7. Juni überhaupt aufheben wollte, fragt Lanz. Laumann hat dafür seine eigene Begründung, wird auf einmal sogar etwas lauter und schimpft:
Die Aufhebung der Impfpriorisierung bringt allerdings neue Probleme mit sich: Und die betreffen vor allem die Erwartungshaltung: „Dann denken in zehn Wochen einige Menschen: Ich wurde schon wieder enttäuscht“, bilanziert Journalistin M’Barek und kritisiert die Politik dafür, immer wieder falsche Erwartungen zu wecken. „Das ist wie mit dem Lockdown“, wirft Physiker Dirk Brockmann ein. Dort sei etwas sehr Ähnliches passiert.
Weniger falsche Erwartungen, aber mehr Unsicherheit weckt nun die Freigabe der Impfungen für 12- bis 17-Jährige. „So wie wir hören, wird die Stiko möglicherweise sagen, ja, die Kinder mit Risikofaktoren sollte man impfen, bei den anderen ist es dann aber eine persönliche Abwägung“, sagt Arzt Jörg Dötsch.
Denn wie sinnvoll die Impfung wirklich ist, ist fraglich. Vier Kinder sind bislang in Deutschland an Covid-19 verstorben, weniger als im letzten Jahr an der „gewöhnlichen“ Influenza. „Jedes tote Kind ist eines zu viel“, sagt Dötsch, ergänzt aber: „Jede Impfung ist auch ein mögliches Risiko.“ Das Wichtigste sei, dass man es nicht von der Impfung abhängig mache, ob man die Schulen wieder öffnet und den Kindern ihr soziales Leben zurückgibt.
Schulöffnungen stehen bei Politikern aber nicht ganz oben auf der Prioritätenliste, vermutet Yasmine M’Barek.
Aber ob es am Ende wirklich besser wird, lasse sich gar nicht so genau vorhersagen. Und die Versprechen würden dabei vor allem an die gehen, die im September bei der Bundestagswahl wählen dürfen.
Denn für M’Barek ist der Fall klar: Es ist Wahlkampf. In dieser Hinsicht übt sie aber nicht nur Kritik an der Politik, sondern auch an den Medien. Überall suche man nach der schnellen, guten Schlagzeile, um im Vorfeld der Wahl gehört zu werden. Und dass Exklusiv-Interviews von Jens Spahn, in denen er große Versprechungen macht, da nicht gerade Besserung schaffen, gehört für sie auch zur Wahrheit dazu.
Wie in letzter Zeit schon häufiger, will Markus Lanz dann über falsche Corona-Prognosen sprechen. Dieses Mal im Blickpunkt: Eine Kurve des Robert-Koch-Instituts, die für den 18. April 2021 eine Inzidenz von 350 voraussagte, in Wahrheit landete die Inzidenz am 18. April aber bei „gerade einmal“ 162. Lanz echauffiert sich darüber und fragt Modellierer Dirk Brockmann, woher solche „katastrophal falschen“ Prognosen kommen würden. Brockmann kennt das Problem:
Das ist während einer Pandemie aber nicht unbedingt gegeben, sodass Brockmann empfiehlt, niemals länger als eine Woche in die Zukunft zu prognostizieren. Anders könne man keine sinnvolle Annahme mehr treffen.
War die Fokussierung der Politik auf mathematisch-statistische Modelle also falsch? So einfach ist es für Brockmann nicht. Denn Modellierer würden durchaus Aspekte wie die Psychologie der Pandemie oder ähnliches in ihre Berechnungen mit einbeziehen, allerdings sei das nicht immer einfach und in Deutschland würden auch häufig die Möglichkeiten dazu fehlen. Und zusätzlich würden Eindrücke wie übervolle Strände oder Menschenmengen beim Skifahren ein womöglich falsches oder ungenaues Bild schaffen, das dann wichtige Messgrößen wie die Mobilität auf die eine oder andere Art verzerren könne.
Corona-Modelle erstellen: Eine hochspannende Wissenschaft, die in Gänze gar nicht wirklich nachvollziehbar ist. Da sind die harten Zahlen von Karl-Josef Laumann doch etwas eingängiger: In NRW wurden zu Beginn der kostenlosen Bürgertests 200.000 an einem Tag getestet – ein Prozent war positiv. Am vergangenen Pfingstwochenende waren es dann 800.000 Tests – und nur 0,1 Prozent war positiv.
Für Laumann ist die Tendenz klar: Das Virus ist in der Bevölkerung nicht mehr so präsent. Er hofft, dass sich dieser Trend im Herbst nicht wieder komplett umkehrt. Mit seiner Hoffnung gerät er bei Modellierer Brockmann allerdings an den falschen, der laut eigener Aussage "allergisch" auf das "Prinzip Hoffnung" reagiert. Nachdem er den deutschen Pandemie-Verlauf nochmal durchdekliniert hat, übt er deutliche Kritik:
Darauf geht Markus Lanz dann nicht mehr genauer ein, weil er Karl-Josef Laumann noch fragen möchte, was er von der Nominierung von Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten der Union hält. Und Laumann ist da deutlich: Er ist froh, dass sein NRW-Kollege "gewonnen" hat und äußert zum Ende der Sendung noch eine spannende Theorie: „Vielleicht hat Söder Laschet unterschätzt.“