Das Sublabel Universal Urban, das zu Universal Music gehört, möchte nun offenbar weitere Eklats bezüglich neuer Song-Releases verhindern. Seitdem gegen den Rapper Samra Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch die Influencerin Nika Irani laut geworden sind, ist auch der Fokus auf das Label gerichtet. Immerhin äußerte sich das Unternehmen erst nach wachsendem, öffentlichen Druck auf Social Media und kündigte den Vertrag mit dem Künstler zunächst nicht. Momentan ruht die Zusammenarbeit zum "Schutz aller Beteiligten".
Der Shitstorm ebbte nach einem Statement seitens des Labels aber nicht ab, sondern bekam Aufwind durch eine neue Single des Deutschrappers Nimo. In "Komm mit" musste nicht lange heruminterpretiert werden: In vulgärer Sprache ging es um den gewaltsamen Umgang mit Frauen. Universal reagierte ein weiteres Mal zu spät – erst Stunden nach der Veröffentlichung wurde in Absprache mit dem Künstler veranlasst, dass der Song von allen Plattformen verschwindet. Universal Urban entschuldigte sich hinterher: "Dieser Track hätte weder heute noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt erscheinen dürfen."
Nun scheint das Unternehmen Schadensbegrenzung betreiben zu wollen. Kurzfristig wurde einem weiteren gesignten Artist nun die Veröffentlichung eines neuen Tracks untersagt – der Text muss entschärft werden. Doch nicht alle empfinden dafür so viel Verständnis.
Im Rap-Business sind die nun vielfach in der Kritik stehenden Themen eigentlich an der Tagesordnung. Da das Genre im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ist, wird nun allerdings ganz genau hingehört. In der Nacht zu Freitag sollte Kilomatik, ein Signing des Rappers Massiv, eigentlich seine neue Single "Vakuum Pakete" veröffentlichen.
Die Werbetrommel wurde noch bis zum Mittwoch gerührt, vergangene Woche kündigte Kilomatik an, dass der kommende Track momentan sein "absoluter Favorit" und das dazugehörige Video im Kasten sei. Am Mittwoch dann allerdings der Dämpfer – Massiv schrieb in seiner Instagram-Story: "Leider müssen wir wegen der momentanen Situation viele Singles umändern und zensieren. Rap kommt von der Straße und hat diese ganzen Debatten echt satt." Und weiter:
Massiv nennt den aktuellen Eklat eine "momentane Situation" – das klingt ganz so, als würde in ein paar Wochen oder Monaten, wenn die Diskussion abgeebbt ist, eventuell nicht mehr so genau auf die Lyrics geachtet werden wie jetzt. Das scheint der Rapper auch selbst zu bekräftigen, indem er schließlich schreibt: "Die Medien, die auf uns jetzt aufmerksam sind, wollen und werden Rap niemals verstehen!"
Wenig Verständnis hat auch Kilomatik selbst. Er kommentierte das Statement von Massiv mit den Worten: "Mich fuckt es genauso ab. Ich bitte um Verständnis." Bremsen soll das den Interpreten aber nicht, mit entschärftem Text soll er dann durchstarten dürfen. Massiv antwortete: "Schade Bruder. Zwei Wochen später, wir bereiten alles vor. Danach Schlag auf Schlag, versprochen!"
Was für Lines in "Vakuum Pakete" verändert oder gestrichen werden müssen, ist unklar. Auch ungeklärt bleibt, ob es sich dabei wieder um sexistische Lyrics handelt oder allgemeine Gewaltdarstellungen. Universal gab zur Debatte um "Komm mit" von Nimo und zum derzeitigen Umgang mit Texten auf watson-Anfrage zu verstehen:
Das Label sei sich zudem darüber bewusst, "dass sich Musik immer im Spannungsverhältnis zwischen Kunstfreiheit und sich ändernden gesellschaftlichen Werten bewegt." Damit zusammenhängende Entwicklungen sollen in die "internen Beurteilungskriterien" Universals einfließen und würden laufend angepasst.
(cfl)