Sylvie Meis bezeichnet sich selbst als Macherin: Bei RTL war sie jahrelang Teil der "Supertalent"-Jury, Moderatorin bei "Let's Dance", designte Dessous und Brillien-Kollektionen. Im August des vergangenen Jahres musste sie von ihrem Sohn Damian schmerzhaft Abschied nehmen, der 15-Jährige zog zugunsten seiner Fußballer-Laufbahn zu seinem Vater Rafael van der Vaart und dessen Familie nach Dänemark.
Anlässlich der fünften Brillen-Kollektion, die am 8. Juli erschien und die die 43-Jährige zusammen mit Edel-Optics entworfen hat, sprach Sylvie mit watson über die in der Kampagne erwähnten Stichworte "Charming", "Flirty" und "Confident" – drei Charaktereigenschaften der gebürtigen Niederländerin, die ihre Persönlichkeit ausmachen.
Zudem bekamen ihre Fans sie 2020 lediglich zu kleineren TV-Auftritten bei "Täglich frisch geröstet" und "Schlag den Star" zu sehen, ihre letzte Show moderierte sie 2018, als sie im Rahmen von "Sylvies Dessous Models" ein Unterwäsche-Model suchte. Im Interview erklärt sie, warum es Frauen in Deutschland schwerer haben, über 40 noch einen Platz in einer Unterhaltungsshow zu bekommen und wie unterschiedlich dazu die Besetzung in den Niederlanden aussieht.
Die neue "Supertalent"- und "DSDS"-Jury wurde zudem jeweils mit einer Landsfrau von Sylvie besetzt – auch über Chantal Janzen und Ilse DeLange verlor sie gegenüber watson ein paar Worte und erklärt, ob sie ihren Kolleginnen die Jobs gönnt.
Schließlich gilt sie in der Öffentlichkeit als zu unnahbar und perfekt und sieht sich auf Social Media wiederholt Klischees und Hate ausgesetzt. Von watson wurde sie auf diverse Vorurteile gegen sie angesprochen und bekam die Möglichkeit, diese auszukontern.
watson: Du sagst im Promo-Text zu deiner neuen Sonnenbrillen-Kollektion mit Edel-Optics, dass du dich gern selbst challengest und nicht davor zurückschreckst, dich einem Gefühl der Unsicherheit zu stellen. Wann war das das letzte Mal so?
Sylvie Meis: Als ich beim Staatsbankett mit dem Bundespräsidenten und dem Königspaar Máxima und Willem-Alexander in Berlin war, war ich außerhalb meiner Komfortzone, das hatte ich vorher noch nicht erlebt. Da muss ich ehrlich gestehen, war ich nervös.
Wie bist du dann damit umgegangen?
Für mich bedeutet das, dass ich es kaschiere mit Fashion, Haare, Make-up und damit fühle ich mich dann in meinem Selbstbewusstsein als Frau gestärkt, auch wenn ich mich in einer neuen Situation befinde, was mir nicht so oft passiert. Mit 43 habe ich schon viel erlebt. Aber an einem Staatsbankett habe ich vorher noch nie teilgenommen. Dann liest man sich ein bisschen ins Protokoll ein, was sich alles gehört und was nicht, aber man ist natürlich trotzdem unsicher und nervös. Das macht es aber auch so besonders.
Was gab es beim Protokoll einzuhalten, was du vorher nicht wusstest?
Ich wusste beispielsweise nicht, dass man ein Kärtchen für das Defilee bekommt. Defilee bedeutet, dass man die Chance bekommt, den Bundespräsidenten, seine Frau und das Königspaar zu begrüßen und ein paar Worte zu wechseln. Das läuft so ab: Man bekommt ein Kärtchen, auf dem steht, an welchem Tisch man später beim Bankett sitzen wird und man bekommt ein weiteres Kärtchen für das Defilee. Sobald das Defilee losgeht, muss man das Kärtchen abgeben und diese Person ruft deinen Namen auf und dann läuft man erst nach vorne. Das war das erste Mal für mich, das war sehr spannend.
Was kannst du dir von der niederländischen Königin abschauen? Was bewunderst du an ihr?
Ich bewundere sie enorm für ihre Ausstrahlung, wie sympathisch sie ist. Sie ist unsere Königin, aber trotzdem hat sie eine gewisse Nahbarkeit, was ich sehr schön finde und sehr menschlich. Darum fühlen sich die Menschen auch so wohl, wenn sie das Königspaar treffen und sind oftmals auch sehr begeistert. Sie haben es geschafft, das Königshaus in eine moderne Zeit zu bringen und es so zu repräsentieren. Mit der Zeit gut mitzugehen, ist auch eine Kunst. Und sie schaffen das.
"Selbstsicher" ist ein Wort, das mit dir oft in Verbindung gebracht wird. Und du bezeichnest dich selbst als eine echte Macherin. Warst du das schon immer?
Ich war schon immer eine Macherin. Ich bin ein typischer Widder. Ich glaube, ich sage oft erstmal impulsiv Ja und denke erst im Nachhinein darüber nach, was alles hätte schiefgehen können. Ich bin auch jemand, der oft nachts dasitzt, nachdenkt und versucht, alles zu analysieren. Trotzdem bin ich eine Macherin, sonst wird mir schnell langweilig. Ich liebe es, durch Türen zu gehen, durch die ich noch nie gegangen bin, nur wegen des Thrills. Zeitgleich macht es mich nervös.
Das widerspricht sich ja auch ein wenig.
Das ist immer das Kontra. Ich will es abwechslungsreich und dass es mir eigentlich ein bisschen Angst macht und andererseits will ich, dass alles gut läuft.
Dein Flirty-Modell aus deiner Edel-Optics Kollektion mit Rosé-Glas war sicher kein Zufall. Was hast du das letzte Mal durch die rosarote Brille gesehen?
Ich muss sagen, dass ich momentan sehr glücklich bin. Ich liebe mein Leben, ich bin so dankbar für alle Chancen. Die letzten eineinhalb Jahre haben mir bewiesen, was man erreichen kann, wenn man an sich selbst glaubt und ein gutes Team hat. Die Business-Seite läuft hervorragend, auch der private Teil läuft super. Ich hab selten in meinem Leben so eine zufriedene Phase erlebt. Darüber bin ich happy – also im Moment sehe ich alles durch die rosarote Brille. Und ich habe mein Kind gerade zu Hause und wir fahren in den Urlaub. Es ist wirklich in diesem Moment mega-perfekt.
Dein Sohn Damian hat ja auch seit Kurzem ein eigenes, öffentliches Instagram-Profil. Durch die Brille einer Mutter: Ist das nicht etwas zu früh?
Wir haben da ganz lange gezögert. Er ist mittlerweile 15 und seine Freunde haben auch einen öffentlichen Social-Media-Kanal. Dennoch glaube ich, dass Social Media für Eltern immer zu früh kommt. Ich war auch nicht ready, aber er hat jetzt seinen Profi-Jugend-Fußball-Vertrag unterschrieben, er ist 15 geworden und was man versprochen hat, das muss man auch einhalten.
Dennoch gibt es ja auch viel Hate und Missgunst auf Social Media.
Er weiß natürlich, dass das mit Vorsicht zu genießen ist. Er kennt die Gefahren. Da ist er von mir und Rafael aufgeklärt worden und ich denke, heutzutage gehört Social Media auch einfach zur Erziehung dazu. Ich bin nicht so erzogen worden, weil es damals noch kein Social Media gab. Aber es ist auch wichtig, dass man lernt, damit umzugehen. Das nur zu verbieten gibt einem auch nicht die Möglichkeit, selbst seinen Umgang damit zu finden. Das verdient ein 15-Jähriger auch – er soll die Möglichkeit bekommen, das zu lernen.
Hast du dennoch weiterhin Einsicht in sein Profil und da ein wenig die Hand drauf?
Wir schauen absolut rein. Es geht auch um Snapchat und so weiter. Junge Leute kommunizieren nun mal über diese Kanäle und in meinen Augen wäre es perfekt gewesen, wenn er für immer einen privaten Account behalten hätte. Aber er will nun mal auch Fußballer sein und dann gehört auch das dazu.
Harter Themenwechsel: Die neue "Supertalent"-Jury ist nun bekannt. Was hältst du als ehemaliges Jurymitglied von Neuzugang Fußballer Podolski?
Ich kenne ihn nicht persönlich und ich weiß nicht, was er draufhat, wenn es darum geht, Leute zu beurteilen. Aber wenn RTL ihn ausgewählt hat, kann ich mir vorstellen, dass da ein Plan dahintersteckt. Er wird es bestimmt toll machen – zumindest hoffe ich es.
Und Chantal Janzen? Sie ist ja genau wie du Niederländerin.
Chantal kenne ich natürlich, Chantal ist einfach der Mega-Knaller aus Holland. Sie hat so viel Jury-Erfahrung. Da mache ich mir überhaupt keine Gedanken, die wird das toll machen. Sie ist eine tolle Frau: witzig, intelligent, sieht gut aus. Ich bin sehr stolz auf Chantal, sie verdient das.
Kennst du Chantal eigentlich persönlich? Hier in Deutschland ist sie ja (noch) recht unbekannt.
Ja klar kenne ich Chantal persönlich! Wir waren mal zusammen bei einem Film-Set im Schnee. Ich glaube, das war irgendwo in der Schweiz oder Österreich. Da haben wir für einen holländischen Film gedreht. Ich kann mich erinnern, dass wir viel zusammen spazieren waren und damals hatte sie vor allem in Musicals mitgespielt und langsam angefangen, zu moderieren in Holland. Wir sind ungefähr gleich alt und ich bin dann meinen Weg in Deutschland gegangen und sie ist in Holland sehr bekannt geworden.
Und den Erfolg, den sie bald in Deutschland haben könnte, gönnst du ihr?
Wir sind beide Frauen, die es schätzen können, wenn eine andere Frau erfolgreich ist, dafür hart arbeitet, Mutter ist. Deswegen ist das Verhältnis zwischen uns immer gut geblieben.
Und dann gibt's ja auch noch mehr Niederländerinnen in RTL-Jurys…
Richtig, auch Ilse DeLange finde ich eine super Wahl für "DSDS".
Und Michael Michalsky, der die "Supertalent"-Jury komplettiert?
Nun gut, der war auch mal Jury-Mitglied bei "GNTM", der hat da auch seine Erfahrungen sammeln können. Man muss immer abwarten, ob die Chemie zwischen den Jury-Mitgliedern stimmt. Das weißt du erst, wenn die Show gedreht ist. Natürlich kann man im Schnitt auch noch viel machen und das passiert bei solchen Formaten auch noch – die Close-ups, die Spannungsbilder – aber trotzdem muss man immer abwarten, wie das Publikum reagiert und wie die drei miteinander umgehen. Ich gönne es den dreien von Herzen, denn es ist eine total tolle Show und ich habe das fünf Jahre lang mit so viel Freude gemacht, dass ich nur sagen kann: Have fun.
Du hast eine Pause bei "Das Supertalent" eingelegt und bist zurückgekommen. Könntest du dir ein erneutes Comeback vorstellen?
Nein, ich glaube, für alles gibt es eine Zeit und die Zeit ist bei RTL gekommen, dass da gewechselt wird und es ist perfekt so.
Bei RTL stehen derzeit drastische Umstrukturierungen an. Was hältst du davon, ist das eine gute Entwicklung?
Ich glaube, dass RTL die Maßnahmen vornimmt, um eine Strukturierung zu schaffen, die Quoten und Zuschauern zugutekommt und das verstehe ich auch. Am Ende des Tages muss man immer gucken, wie etwas läuft und manchmal muss man Dinge anpassen, um weiterhin da zu sein, wo man sein möchte. Sie werden wissen, was sie tun und Entscheidungen auf Marktforschung basieren lassen. So ist es auch mit meinem Business: Ich muss ebenfalls schauen, wie ich mich neu erfinden kann und Entscheidungen dafür treffen.
Unterscheidet sich das niederländische TV eigentlich stark vom deutschen – vor allem hinsichtlich der Besetzung?
Ja, absolut. In Deutschland ist es schwieriger, über 40 einen Platz zu finden. In Holland ist es eher so, dass junge Frauen auf Streaming-Plattformen ihre Shows haben und im Fernsehen vor allem die festen Namen immer noch scheinen dürfen.
Wie beurteilst du das?
Ich finde es gut. RTL strukturiert um, weil sie ein älteres Publikum erreichen wollen. Eigentlich ist es cleverer, ältere Frauen im TV zu behalten. Es gibt auch bei RTL Vertreterinnen wie Nazan Eckes, Frauke Ludowig und noch mehr. Die Frauen sind da. Leider ist es so, dass es in der Unterhaltung schwieriger wird. Dort sieht man weniger Frauen über 40, die die Chance dafür kriegen. Da sind mehr die Männer über 40, 50, 60 und sogar 70. (lacht) In Holland sieht man eher ältere Frauen, die die Unterhaltungsshows behalten und die Männer nicht.
Im letzten Abschnitt des Interviews bekam Sylvie die Möglichkeit, Klischees, mit denen sie im Laufe ihrer Karriere immer wieder konfrontiert wird, zu kontern. Nicht bei allen nahm die Moderatorin diese Möglichkeit wahr – denn einige Klischees entsprechen sogar der Wahrheit.
Klischee-Behauptung Nummer eins: Du hast extrem hohe Ansprüche an dich selbst.
Das ist kein Klischee, das ist wirklich die Wahrheit. Ich habe sehr hohe Ansprüche an mich selbst, hatte ich schon immer. Das liegt auch nicht nur daran, dass ich in der Öffentlichkeit stehe, das war schon immer so. Ich habe sogar gelernt, damit besser umzugehen und ein bisschen freundlicher zu mir selbst zu sein, ein bisschen mehr zu akzeptieren, dass das Spannungslevel nicht immer ganz hoch sein muss, dass man relaxen darf und auch mal ein paar Tage oder eine Woche keinen Sport machen muss. Und ich plane es gut ein, wenn ich Shootings habe, dann muss ich on point sein, den Anspruch habe ich an mich selbst. Aber danach kann ich ein bisschen lockerer sein und das ist gut so. Aber das Klischee stimmt.
Ungeschminkt würdest du niemals vor die Tür gehen.
Das ist nicht wahr. Ich gehe ganz oft ungeschminkt vor die Tür. Natürlich habe ich dabei meine Edel-Optics-Sonnenbrillen auf der Nase. Denn wer weiß, vielleicht wartet ein Paparazzo. Aber ansonsten bin ich sehr oft ungeschminkt und ich liebe es.
Du kannst dir nicht vorstellen, etwas anderes als eine Unterhaltungsshow zu moderieren.
Also Unterhaltungsshows sind absolut in meinem Herzen, ich liebe Unterhaltung.
Du leidest unter dem Druck, perfekt sein zu müssen.
Ich leide nicht unter dem Druck. Wenn Leute sagen: "Sylvie ist so perfekt", dann ist das oft nicht als Kompliment gemeint. Meine Erfahrung ist, wenn etwas nicht perfekt ist, kriegt man auch richtig auf den Deckel, genauso, wie wenn man immer perfekt ist. Ich habe gelernt, auch das kommt mit dem Alter, man kann es eh nicht allen recht machen. Deswegen lasse ich mich nicht mehr so sehr von dem Druck belasten, aber der Druck ist da.
Und schließlich: Besonders Frauen bekommen den Druck in der Öffentlichkeit deutlich zu spüren.
Als Frau ist es immer schwieriger. Und das liegt auch daran, dass wir uns gegenseitig Druck machen und damit machen wir es uns auch nicht einfacher. Eigentlich ist es schade, man könnte sich so gut gegenseitig unterstützen und das Frauen-Empowerment, das auf Social Media gepredigt wird – warum leben wir das nicht wirklich? Das ist immer die Frage, die ich mir selber stelle. Practise, what you preach. Und ich glaube nicht, dass das heutzutage wirklich passiert. Es wird groß gepredigt, aber nicht wirklich praktiziert.