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"Konsequenzen für Luke"-Initiatorin betont: "Dieser Hashtag ist kein Rufmord"

Titel: LUKE! Die Greatnightshow; 
Folge: 1; 
Ausstrahlungszeitraum bis: 2019-09-13; 
Person: Luke Mockridge; 
Copyright: SAT.1/Steffen Z Wolff; 
Fotograf: Steffen Z Wolff; 
Bildredakteur: Susi Lindlba ...
Nach schweren Vorwürfen nimmt sich Luke Mockridge derzeit eine TV- und Bühnen-Pause.Bild: SAT.1/Steffen Z Wolff
Interview

Hassnachrichten gegen "Konsequenzen für Luke"-Initiatorin – Jorinde Wiese betont: "Dieser Hashtag ist kein Rufmord"

07.09.2021, 12:2729.09.2021, 17:43
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Luke Mockridge ist seit Monaten ein großes Thema in den sozialen Netzwerken, denn gegen ihn wird ein schwerer Vorwurf erhoben: Seine Ex-Freundin wirft ihm versuchte Vergewaltigung vor. Dass es deswegen zu einer Anzeige kam, bestätigte der Comedian schließlich auch persönlich in einem längeren Video, das er vor wenigen Wochen auf Instagram veröffentlichte. Zuvor hatte er zu den Anschuldigungen geschwiegen.

Jedoch stellt der 32-Jährige auch klar: Zwar ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn, doch es ergab sich kein Tatverdacht, der eine Anklage gerechtfertigt hätte. Rechtlich gilt der Sat.1-Moderator damit als unschuldig. Sein Heimatsender will an ihm festhalten, für 2022 ist ein neues TV-Format mit Mockridge geplant.

Die Bewegung "Konsequenzen für Luke" kritisiert unter dem entsprechenden Hashtag jedoch nachdrücklich, dass Mockridge weiter eine öffentliche Plattform erhält und dem mutmaßlichen Opfer nicht besser zugehört wird. Schließlich gebe es gerade bei Sexualstraftaten sehr oft keine Zeugen, was die Beweisfindung entsprechend erschwere, argumentieren die Befürworter der Initiative, die von Jorinde Wiese ins Leben gerufen wurde.

Im Gespräch mit watson spricht die Aktivistin über die Reaktionen, die sie in den letzten Tagen erhielt und erklärt, warum genau sie das Mockridge-Video für problematisch hält. Die von Frau Wiese getätigten Aussagen im Interview entsprechen ihrer persönlichen Ansicht und stellen nicht jene der watson-Redaktion dar.

Die Reaktion von Luke Mockridge auf die Vorwürfe der versuchten Vergewaltigung in Form einer Videobotschaft kam extrem überraschend nach dem langen Schweigen. Wie hast du das Video wahrgenommen?

Ich war an dem Tag wandern und im Zug zurück, da wurde mir auf Englisch geschrieben: "Hey, kannst du mir etwas übersetzen? Was sagt Luke da? Spricht er endlich?" Ich war völlig überrascht und hab es da erst gesehen. Ich habe dann aber schon sehr schnell die Einordnungen gelesen und mir ausgiebig Zeit genommen für das Video. Ich fand es sehr krass. Ich, als Survivor, habe es als perfekt inszeniert wahrgenommen, als entweder abgelesen oder auswendig gelernt. Es war nichts frei daran. Es wirkte für mich auch sehr vorbereitet und nicht wie spontan vor die Kamera gesetzt. Außerdem waren sehr starke Framings darin. Es war eine starke Täter-Opfer-Umkehr: Er, der Arme, der von den bösen anonymen Twitter-Accounts angegangen und auch noch bedroht wird.

Du hast das in Bezug auf die Kommentare auf seinen Profilen anders wahrgenommen?

Dazu muss ich nochmal klar sagen: Ich finde es absolut nicht ok, wenn jemand bedroht wird – egal warum. Das geht nicht und das verurteile ich. Aber das, was man öffentlich gesehen hat bei Twitter oder auf seinen Social-Media-Accounts – und ich lese seit Februar akribisch mit –, das ist eben genau das nicht. Die allermeisten Kommentare gingen eher in die Richtung: "Hey, Konsequenzen für Luke."

"Ich kann mir nur vorstellen, dass es ein sehr strategischer Zug war, um weiteren Schaden zu verhindern."

Und was sagst du zu dem Zeitpunkt des Videos? Kam das überraschend?

Ja, ich war überrascht von dem Zeitpunkt. Ich hatte eher damit gerechnet, dass er es komplett aussitzt und totschweigt, weil dadurch, dass er gesprochen hat, darf man ja berichten und sagen, dass es diese Beziehung gab und seinen Namen nennen. Davor wurden ja alle Artikel zu dem Thema abgemahnt. Das ist schon eine krasse Sache. Keine Ahnung, warum er es jetzt doch gemacht hat. Ich kann mir nur vorstellen, dass es ein sehr strategischer Zug war, um weiteren Schaden zu verhindern. Er hat es eh nicht mehr rückgängig machen können und sich vielleicht gedacht, dadurch den Schaden zu minimieren, sich eine Auszeit zu nehmen und dann weiterzumachen. Und dass er wieder zu sehen sein wird, wird ihm ja klar gewesen sein. Denn für solch eine große Show, wie sie jetzt angekündigt wurde, stehen die Verträge doch schon längst fest.

Was fandest du an seinem Video-Statement besonders erschreckend?

Was ich schockierend, aber leider nicht überraschend fand: Durch sein Framing, also sich selbst als der Arme darzustellen, bleibt bei der ganzen Sache etwas ganz anderes hängen. Beispielsweise: Es gab ein Verfahren, er ist unschuldig. Aber darum ging es nie. Es gab ein Verfahren, vor allem eine Anzeige, und das Verfahren wurde eingestellt. Sehr viele Verfahren werden eingestellt, bei den wenigsten kommt es überhaupt zum Verfahren oder zum Urteilsspruch. Das heißt aber nicht, dass man freigesprochen wurde, sondern es wurde einfach das Verfahren nicht aufgenommen – beispielsweise aus Mangel an Beweisen. Luke Mockridge hat es einfach sehr gut inszeniert und es geschafft, dass Ines Anioli plötzlich im negativen Mittelpunkt steht und nicht mehr er. Er hat sich komplett aus der Verantwortung genommen.

Und er bekam für sein Video viel Applaus…

Sehr viele Leute sind eher gewillt, einem Mann zu glauben, der erzählt, wie schlecht es ihm geht und wie ungerecht alles ist, als den sehr glaubwürdigen Aussagen einer Frau, die in öffentlichen Podcast-Folgen über diese Beziehung und auch die Gewalt spricht. Viele haben Mitleid mit ihm und mit seiner Karriere und seinem Ruf. Aber was ist denn mit ihrer Karriere und ihrem Ruf? Sie durfte sich nie öffentlich zu der Sache äußern, nie seinen Namen nennen. Denn wenn ein Verfahren eingestellt wird, darf man den mutmaßlichen Täter nicht namentlich benennen, damit macht man sich strafbar wegen Rufmords. Und das hat sie auch nie getan.

Was war dein erster Impuls, nachdem du das Video gesehen hast?

Meine erste Reaktion war: Jetzt keine Fehler machen. Denn ich war mir sehr bewusst, dass die ganze Sache sehr öffentlich ist und ich bin mir auch sehr bewusst darüber, wer ihn vertritt – nämlich Deutschlands größter Medienanwalt. Ich wollte mich auf keinen Fall angreifbar machen und irgendetwas schreiben, was im Nachhinein justiziabel wäre. Ich habe es erst mal sacken lassen und bin dann irgendwann die Kommentare unter dem Video durchgegangen und nicht überraschend waren diese dort noch sehr positiv. Viele sprachen ihm Mut zu, stellten sich hinter ihn. Da bin ich komplett reingegrätscht – immer wieder. Das kann man schreiben, aber dann bekommt man eben auch Widerspruch. Denn das sehen ja auch viele Betroffene von Gewalt.

Es war ja sehr auffällig, dass sich sehr viele Prominente sehr schnell unter dem Post zu Wort gemeldet und sich solidarisiert haben. Nur wenige haben sich hingegen kritisch geäußert. Was hast du diesen Leuten zu sagen?

Gerade eine Yvonne Catterfeld, die geschrieben hat, sie wisse zwar nicht genau, worum es geht, aber sie stehe hinter ihm. Da denke ich mir: Dann informiere dich doch erst mal, bevor du so etwas schreibst. Und auch Steffen Hallaschka… Ich möchte diesen Leuten eigentlich nur sagen: Wir als Betroffene sexualisierter, psychischer Gewalt, wir sehen euch und wir vergessen das auch nicht. Gerade im Falle von Steffen Hallaschka – ich war selbst in seiner "Stern TV"-Sendung zu sexualisierter Gewalt – ist das wie Hohn. Man selbst ist gut genug für die Sendezeit, damit Leute betroffen sind und sagen, wie schlimm das alles ist. Aber wenn es um konkrete, echte Fälle geht und es darum geht, dass Menschen, die öffentlich sind und eine große Plattform haben, sich solidarisieren – und zwar nicht mit den mutmaßlichen Tätern, sondern den Opfern –, kehrt es sich ins Gegenteil. Das ist schon krass – allerdings auch nicht überraschend für mich.

Hat sich durch deine Aktivität in dem Fall etwas bei dir verändert? Bekommst du mehr Anfeindungen? Oder auch mehr Support?

Es ging alles sehr schnell. Ich hatte zuvor ein sehr kleines Profil und plötzlich ist alles groß geworden und ging viral. Ich hatte zwei Youtube-Shitstorms von einem rechten Youtuber, ich habe 40.000 Fake-Accounts gekauft bekommen, ich bekam extrem viele Drohnachrichten. Seitdem bin ich Meisterin im Blockieren. Ich habe tatsächlich Tausende blockiert und mittlerweile ein Team, das mich dabei unterstützt. Man setzt sich dem Ganzen öffentlicher aus und das macht keinen Spaß. Wenn Leute sagen, das würde ich nur für die Reichweite machen… Ich wäre froh, wenn ich es morgen einfach einstellen könnte. Aber wenn ich es einstelle, dann sind die Inhalte weg und diese habe ich ja dafür gemacht, damit sie draußen gesehen werden. Es ist auf jeden Fall mehr Druck durch die Öffentlichkeit.

"Doch dieser Hashtag ist kein Rufmord."

Gibt es denn auch positive Aspekte?

Ja, ich habe im Frühjahr zusammen mit der Illustratorin Bianca Gröbner „seidLAUT“ gegründet. Geplant ist, nicht nur im Netz aktiv zu sein, sondern es auch in die Städte zu bringen. Wir haben Sticker und Postkarten bedrucken lassen, unter anderem mit diesen ganzen schlimmen #Metoo-Sprüchen und den typischen Victim-Blaming-Sachen, die man so hört, beispielsweise: "In Germany we don’t say me too, we say: Was hatte sie an?!". Aber auch "#KonsequenzenFürLuke" haben wir drucken lassen, denn es war ja schon vor allem ein Internetphänomen. Allerdings hat auch Luke Mockridges Anwalt davon Wind bekommen und sich eingeschaltet und es hieß "#KonsequenzenFürLuke" sei Rufmord. Doch dieser Hashtag ist kein Rufmord. Allerdings ist es schon spannend, dass er Angst hat vor Stickern.

Aber ihr seid dran geblieben?

Ja, wir haben es trotzdem fertig gemacht und sie werden in Kürze verschickt. Durch die aktivistische Arbeit haben sich einfach viele Leute vernetzt und ihre Stimme erhoben. Viele davon sind leider durch ihre eigenen Erfahrungen Expertinnen geworden und wissen oftmals viel mehr über Gerichtsverfahren und wie es bei einer Anzeige läuft. Das finde ich gut, das macht mir Mut.

Wie gehst du mit dem Hass, der dir bei deiner Aktivistinnentätigkeit entgegenschlägt, um?

Für schlimme Sachen wende ich mich an Hate Aid. Ansonsten schaue ich mir die meisten Sachen einfach gar nicht so genau an, blockiere oder lösche sie. Manchmal veröffentliche ich Nachrichten auch, um zu zeigen, was bei mir alles ankommt. Viele denken einfach, Privatnachrichten seien ein rechtsfreier Raum. Aber das ist nicht so, die kann man auch anzeigen. Ich wusste, worauf ich mich einlasse, aber es ist schon extrem. Gleichzeitig denke ich mir, andere Menschen bekommen noch mehr ab, denn ich bin weiß, ich habe keine Behinderung, ich erfülle viele Punkte nicht, bei denen Leute noch mehr angreifen würden.

Wie kam die Aktion "Konsequenzen für Luke" zustande?

Als erstes hatte ich den Post von Lilly Blaudszun von der SPD gelesen, die auf die Podcast-Folge verwiesen hat und habe keine Artikel dazu gefunden. Ich habe anschließend immer wieder über den Fall geschrieben, doch es verpuffte einfach. Irgendwann habe ich geschrieben: "Mann kann alles machen" und daraus haben Alicia (Anm. d Red.: Aliciakatharinap auf Instagram) und ich gemacht: "Wir fordern Konsequenzen für Luke." Außerdem hat Alicia einen offenen Brief an die Sender verfasst, in dem wir schon den Hashtag benutzt haben. Ich würde sagen, das ist einfach entstanden und wir zwei haben damit angefangen. Es war am Anfang aber überhaupt nicht so, dass Aktivistinnen hinter mir oder uns standen. Im Gegenteil, viele waren extrem skeptisch.

"Das Statement von Sat.1 war wie aus einer Notizen-App rauskopiert."

Hast du dir vor der Aktion quasi das Einverständnis von Ines Anioli geholt bzw. mit ihr gesprochen?

Das möchte ich nicht sagen. Aber sie hat ja über die Jahre immer wieder Hinweise gegeben und Dinge beispielweise anonymisiert veröffentlicht. Und sie hat auch einmal öffentlich auf mein Profil verwiesen, als es darum ging, mehr Informationen zu der Sache zu bekommen.

In deinen Posts hast du schon oft erwähnt, warum du ausgerechnet Konsequenzen forderst. Kannst du das nochmal kurz zusammenfassen?

Ich glaube, das mit den Konsequenzen ist oft missverstanden worden. Den Begriff Konsequenzen haben wir sehr offen gefasst, auch in unserem offenen Brief, den wir damals geschrieben haben. Wir haben einfach nur gefordert, dass die Forderungen ernst genommen werden, dass daraus Konsequenzen entstehen, dass man sich hinsetzt und erst einmal allen zuhört und nicht sofort abkanzelt. Es ging nie um juristische Konsequenzen, das haben wir auch nie irgendwo geschrieben. Das wurde uns aber immer wieder vorgeworfen. Aber nein, wir wollen nicht richten, aber wir wollen, dass man in der Gesellschaft davon wegkommt, dass bei so großen Vorwürfen sofort die Glaubwürdigkeit derer infrage gestellt wird, die sie erheben. Das muss aufhören.

Vor allem die Fernsehsender wurden mit dem Hashtag "#KonsequenzenfürLuke" konfrontiert. Wie hätte solch eine Konsequenz in dem Fall aussehen sollen?

Die Konsequenz kann beispielsweise einfach sein, dass man sich fragt: Wollen wir dem noch eine Bühne geben? Deswegen habe ich gerade auch damit angefangen, seine Inhalte sichtbarer zu machen. Denn wenn jemand sagt, der ist doch so lustig und harmlos, dann kann ich nur sagen: Er hat 2015 schon Witze über KO-Tropfen gemacht, über sexualisierte Gewalt, über die wandernde Hand. Seine Inhalte sind so schon problematisch und es gab nie Kritik daran, außer einmal einen Artikel in der "Emma". Eigentlich wollten wir vor allem, dass sich dazu positioniert wird, wir wollten ein Statement. Und das passierte ja auch – aber auf welche Weise? Das Statement von Sat.1 war wie aus einer Notizen-App rauskopiert. Das ist einfach nur unprofessionell und kein Statement von einem Fernsehsender. Wir wollten einfach, dass es ernst genommen wird.

Hast du das Gefühl, es hat sich tatsächlich eine Art Konsequenz eingestellt?

Ja, die Konsequenz ist, dass es sehr viel öffentlicher ist und sehr viel mehr Menschen Bescheid wissen. Dass er hingegen weitermacht, war irgendwie klar. Aber die gesellschaftliche Konsequenz ist schon da. Und erstmals gibt es Artikel in dieser Richtung über ihn.

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