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My Head Is Empty: Tiktok-Star spricht über MS-Diagnose und Musik

Nur wenige kennen den Namen My Head Is Empty. Aber nahezu alle, die Tiktok oder Instagram nutzen, kennen die Musik.
Nennt im Interview weder Geschlecht noch Ort: My Head Is Empty.Bild: My Head Is Empty
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Tiktok-Sounds, die jeder kennt: My Head Is Empty über Leben mit MS und Anonymität

Zwischen weltberühmt und völlig unbekannt: My Head Is Empty ist verantwortlich für einige der meistgenutzten Sounds auf Social Media. Das Rampenlicht möchte die Person nicht, umso offener spricht sie über ihre Krankheit.
01.10.2025, 08:0401.10.2025, 08:04

Diese Person ist ein Phänomen. Denn nur vereinzelt kennt man den Namen My Head Is Empty. Aber nahezu alle, die Tiktok oder Instagram nutzen, haben die Musik schon mal gehört. Menschen verwenden sie weltweit in ihren Videos.

Die Klänge von My Head Is Empty tauchen auch im Horrorfilm "Terrifier 3" auf, im Videospiel "Monsters: Trouble in Paradise", und sogar in einer Adidas-Doku. Dennoch möchte die Person, die auch im Interview weder Geschlecht noch Ort preisgibt, anonym bleiben.

Was es mit dem eigenen Genre "nothing is real" auf sich hat, und wie eine MS-Diagnose das Schaffen beeinflusst, verrät My Head Is Empty im Interview mit watson.

"Ich glaube, in jedem einzelnen von uns steckt ein neues Musikgenre, das darauf wartet, in die Welt gesetzt zu werden."

watson: My Head Is Empty ist ein ungewöhnlicher Name. Warum ist dein Kopf leer?

Erst einmal: Liebe geht raus an Deutschland und vielen Dank an alle, die das lesen! Zu deiner Frage: Von 2013 bis 2021 hatte ich ein anderes Pseudonym. Dann kam meine MS-Diagnose [Anm. d. Red.: Multiple Sklerose] und hat alles verändert. Mein Neurologe betonte, wie wichtig es ist, mich nicht zu stressen. Der Name ist eine tägliche Erinnerung an mich, meinen Kopf frei von stressigen Gedanken zu halten.

Gelingt dir das?

Ich mache mir immer noch viel zu viele Sorgen, aber es hilft mir, so ein Ziel im Kopf zu haben.

Deine Musik wird weltweit millionenfach gehört, dennoch weiß kaum jemand, wer du eigentlich bist. Warum ist es dir so wichtig, anonym zu sein?

Ich träume davon, dass meine Musik möglichst viele Menschen erreicht und ihnen Ruhe schenkt – oder beim Einschlafen hilft. Gleichzeitig schätze ich meine Privatsphäre sehr. Wenn ich mir vorstelle, dass Leute wie Jack Black nicht einmal einkaufen können, ohne dass Kameras vor sein Gesicht gehalten werden, ist das für mich ein sehr stressiger Gedanke. Solche Situationen wären nichts für mich. Kurz gesagt: Ich möchte so vielen Menschen wie möglich durch meine Musik helfen, aber auch ein normales Leben führen.

Du arbeitest seit Jahren an einem eigenen Musikgenre namens "nothing is real", das bereits 22 gleichnamige Alben umfasst. Glaubst du wirklich daran, dass nichts real ist?

Ja. Aber ich lasse diesen Gedanken nicht vollständig zu, denn sonst würde ich nichts mehr auf die Reihe kriegen (lacht). Der Name hat aber noch einen anderen Hintergrund.

Welchen denn?

Er stammt von meinem besten Freund Jacob Skowronski, der vor einigen Jahren in seiner Wohnung gestorben ist. Ich konnte ihn wochenlang nicht erreichen und erfuhr erst später, dass er ums Leben gekommen war. Das hat mich sehr mitgenommen. Ich bin eine Woche lang nicht zur Arbeit gegangen und habe nur geweint.

Das tut mir leid. Möchtest du die genaue Geschichte hinter dem Titel teilen?

Jacob und ich haben oft bis spät in die Nacht über das Leben und den Weltraum geredet, oft über sehr tiefgründiges Zeug. Manchmal haben wir darüber gelacht, dass alles nur ein Traum und nicht real sein könnte. Wir dachten: Das Leben habe keinen Sinn.

"Die Krankheit liefert unendlich tiefe Gefühle, die ich in Musik umwandeln kann. Sie ist eine Art Muse und doch ein Fluch."

Glaubst du das immer noch?

Ja, schon. Ich versuche, an den Gefühlen festzuhalten, die Jacob und ich damals hatten. Wir beide liebten es, Musik zu machen – so sehr, dass sie zum Sinn unseres Lebens wurde. Als Jacob noch lebte, sagte er mir, dass ich eines Tages mein eigenes Genre erschaffen und damit die Welt verändern würde.

Nur wenige kennen den Namen My Head Is Empty. Aber nahezu alle, die Tiktok oder Instagram nutzen, kennen die Musik.
Wer verbirgt sich hinter der Maske?Bild: My Head Is Empty

Wie ging es dann weiter?

Nach seinem Tod habe ich mir genau das zu meiner Aufgabe gemacht: "nothing is real" ist der Versuch, mein eigenes Genre zu erschaffen, und ich möchte Jacob damit stolz machen. Ich glaube, dass er dadurch ein Stück weiterlebt. Und durch das Selbstbewusstsein, das er mir vermittelt hat.

Du hast vorhin deine MS-Diagnose erwähnt. Kannst du dich noch an den Tag erinnern, als du diese bekommen hast?

Leider ja. Ich muss ihn jedes Mal wieder durchleben, wenn ich meine Augen schließe. Und jeden Tag werde ich mit neuen Dingen konfrontiert: Probleme beim Gehen, ein Kribbeln in meinen Gliedmaßen oder Schwierigkeiten mit meinem Sehvermögen.

Erschwert dir das auch das Musikmachen?

Ja. Ich habe 2021 ein Gitarrenalbum veröffentlicht, "The Repercussion of Falling in Love". Man hört es vielleicht nicht, aber jeder Akkord wurde einzeln aufgenommen und dann zusammengesetzt. Denn die Krankheit war zu dieser Zeit so schlimm, dass ich mit meiner linken Hand nicht mehr zwischen zwei Akkorden wechseln konnte. Ich habe das Album vollendet, weil ich nicht sicher war, ob ich meine Hand jemals wieder benutzen könne.

Wie geht es deiner Hand denn jetzt?

Zum Glück habe ich meine Hand zum Großteil wieder unter Kontrolle, aber dafür verliere ich derzeit andere Dinge, wie die Fähigkeit zu gehen oder mein Augenlicht.

Trotz allem produzierst du am laufenden Band neue Musik. Wie kommt das?

Es ist ein zweischneidiges Schwert, denn die Krankheit liefert mir unendlich tiefe Gefühle, die ich in Musik umwandeln kann. Sie ist eine Art Muse und doch ein Fluch. Deshalb kann man bei mir immer sicher sein, dass die Musik von Herzen kommt. Wäre das anders, würde es für mich den Sinn der Musik zunichtemachen.

Sie ist dein Ventil.

Genau. Alles, was passiert, wird in Musik verwandelt. Das lenkt mich auch von meiner Krankheit ab. Ich weiß noch, wie ich als Kind in einer Arztpraxis war, in der ich nicht sein wollte. Ich hatte meinen Walkman dabei, und so legte ich mich einfach mit Musik im Ohr auf den Boden und schloss die Augen. Solange die CD lief, habe ich nicht mehr daran gedacht, dass ich in einer Arztpraxis war. Erst als sie zu Ende war, wurde ich daran erinnert. Musik hat mich schon immer an andere Orte gebracht.

"Dass ich dieses Gefühl auch anderen Menschen geben kann, ist für mich das, was auf dieser Welt Magie am nächsten kommt."

Das ist also der Grund, warum du in deinem Spotify-Profil schreibst: "Ich mache so viel Musik wie möglich, bevor ich eines Tages unvermeidlich aufwache und nicht mehr funktionieren kann."

Ja, aber die Ablenkung ist nicht der einzige Grund.

Welchen gibt es noch?

Nicht nur mich kann Musik an andere Orte versetzen. Dass ich dieses Gefühl auch anderen Menschen geben kann, ist für mich das, was auf dieser Welt Magie am nächsten kommt. Und wenn es nur ansatzweise dem Gefühl nahekommt, das ich als Kind in der Arztpraxis hatte, genügt mir das schon, um mein Leben mit Sinn zu füllen.

Haben dir deine Follower:innen schon mal bestätigt, dass du das erreicht hast?

Viele Menschen haben unter meinem Song "I was only temporary" [Anm. d. Red.: das wohl bekannteste Stück von My Head Is Empty] kommentiert, dass ihnen dadurch bewusst geworden ist, wie kostbar Zeit ist. Für andere war das Lied ein Weg, Beziehungen oder Trennungen zu verarbeiten.

Hat das Lied einen konkreten Hintergrund?

Damals wusste ich noch nicht, dass das Stück es in die Welt schaffen würde. Ich habe es in 15 Minuten geschrieben, nachdem mein Arzt mir gesagt hatte, dass Menschen mit MS durchschnittlich 15 Jahre weniger leben. Ich kann nur allen empfehlen, auch meine "nothing is real"-Alben anzuhören, weil sie noch tiefer gehen und ich viel härter daran arbeite.

Abgesehen vom Musikhören: Was würdest du Menschen raten, denen es ähnlich geht wie dir?

Ich würde ihnen sagen, dass sie mit ihrem Schmerz nicht alleine sind, auch wenn es sich so anfühlt. Und ich würde ihnen raten, sie selbst zu sein: Ich glaube, in jedem einzelnen von uns steckt ein neues Musikgenre, das darauf wartet, in die Welt gesetzt zu werden. Der Klang von dir, deinem Leben und deiner Geschichte.

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