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Karoline Herfurth ärgert sich über falsche Frauenbilder: viel Zeit verschwendet

Karoline Herfurth bei der Premiere des Kinofilms Einfach mal was Schönes im Zoo Palast. Berlin, 08.11.2022 *** Karoline Herfurth at the premiere of the movie Einfach mal was Schönes at Zoo Palast Berl ...
Karoline Herfurth präsentierte jetzt ihren neuen Film "Einfach mal was Schönes".Bild: IMAGO/Future Image
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Karoline Herfurth offenbart: "Habe erst mit Mitte 20 angefangen, Dinge zu hinterfragen"

16.11.2022, 15:36
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Karoline Herfurth zählt zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen Deutschlands und begeisterte nicht zuletzt mit "Fack ju Göhte" ein Millionenpublikum. Mittlerweile ist sie selbst unter die Regisseurinnen gegangen. In "Einfach mal was Schönes" setzte die 38-Jährige diese Arbeit fort und übernahm hierfür neben Nora Tschirner und Milena Tscharntke zudem auch eine der Hauptrollen. Aaron Altaras, in der Figur des "viel zu jungen" Ole, spielt in der turbulenten Liebeskomödie eine wichtige Schlüsselrolle.

Im Interview mit watson sprechen Karoline, Aaron und Milena über Rollenbilder, erklären, ob sie selbst in Schubladen gesteckt wurden und offenbaren, was für sie Familie bedeutet.

Aaron Altaras, Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Ulrike Kriener, Milena Tscharntke und Jasmin Shakeri bei der Premiere des Kinofilms Einfach mal was Schönes im Zoo Palast. Berlin, 08.11.2022 *** Aaro ...
Aaron Altaras, Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Ulrike Kriener, Milena Tscharntke und Jasmin Shakeri feierten im Zoo Palast Berlin die Premiere des Films.Bild: IMAGO/Future Image

watson: Karoline, du spielst in deinem eigenen Film die Rolle der Radiomoderatorin Karla, die 39 ist und unbedingt ein Kind bekommen möchte. Den passenden Partner hat sie nicht, die biologische Uhr tickt. Was denkst du über diesen Druck vieler Frauen?

Karoline Herfurth: Es gibt natürlich den Druck des eigenen Wunsches und es gibt den Druck, der von außen kommt. Dabei geht es um Idealbilder, denen wir ausgesetzt sind. Hier kann man ja erstmal prüfen: Sind das wirklich meine eigenen Vorstellungen?

Milena, ähnlich wie bei deiner Filmrolle bist du ein Mensch, der früh selbstständig wurde. Wie wichtig ist es, seinen eigenen Weg zu gehen?

Milena Tscharntke: Jeder darf für sich selbst entscheiden, was das bedeutet. Ich verstehe darunter, mich auch finanziell unabhängig zu machen, aber ich verurteile nicht, wenn jemand sagt: "Ich möchte gerne zu Hause bleiben, Kinder aufziehen und mein Mann geht arbeiten oder andersherum."

Darum geht es in "Einfach mal was Schönes"

Kinostart: 17. November 2022
Karla (Karoline Herfurth) hat ein turbulentes Liebesleben. Einen passenden Partner findet sie nicht und doch ist ihr Kinderwunsch stark. Schließlich möchte sie allein ein Kind bekommen, zum Trotz ihrer Schwestern Jule (Nora Tschirner) und Johanna (Milena Tscharntke). Doch dann lernt sie den jüngeren Ole (Aaron Altaras) kennen.
"In der besten aller Welten sind alle miteinander zusammen, die zusammen sein möchten."
Schauapieler Aaron Altaras

Im Film geht es auch um einen großen Altersunterschied von Paaren. Ist das heute wirklich noch ein Thema?

Aaron Altaras: Wir sehen in der Regel andauernd sehr viel ältere Männer mit sehr viel jüngeren Frauen. Es gibt das mittlerweile aber auch andersherum. In der besten aller Welten sind alle miteinander zusammen, die zusammen sein möchten, vielleicht gibt es dann auch idealerweise Gleichaltrige.

Welche Missstände fallen euch zu dem Thema noch auf?

Karoline: Ach, ständig fällt mir etwas auf. Es gibt so viele limitierende Normen und Regeln in unseren Köpfen oder in der Wirklichkeit, die eben auch in den gesellschaftlichen Strukturen verankert sind.

Milena: Ja, auch gerade im Film gibt es Ungerechtigkeiten. Ich meine, es ist eine Ausnahme, dass so viele Frauen Hauptrollen in einem Film spielen.

Karoline: Wir erzählen zwar eine fiktive Geschichte, aber Frauen oder homosexuelle Paare, die allein Kinder kriegen wollen, stehen tatsächlich vor großen Hindernissen. Ich höre dauernd Geschichten von wirklich harter Diskriminierung, die auch von Ärzten oder Kinderwunschkliniken ausgehen. Allein, dass der Krankenkassenzuschuss nur für heterosexuelle, verheiratete Paare gilt, ist völlig absurd und unzeitgemäß.

Was ist dir im Zuge dessen besonders bitter aufgestoßen?

Karoline: Ein betroffenes Paar hat mir berichtet, dass sie auf ihrem Weg beim Kinderwunsch regelrechten Verhörsituationen ausgesetzt waren. Ich meine, würden sich alle, die Eltern werden wollen, so einem Verhörsystem unterziehen müssen, ok – so aber werden homosexuelle Eltern einfach furchtbar ungleich behandelt. Warum sollten Hinz und Kunzine sich als Eltern besser eignen, weil sie heterosexuell sind? Da wird ja auch nicht auf vermeintliche Qualität geprüft.

"Ich glaube, dass der Strom tatsächlich manchmal nicht der gesunde Weg ist."
Schauspielerin Milena Tscharntke

Die Hauptfigur trennt sich von den klassischen Familienbildern. Hattet ihr schon Phasen, in denen ihr gegen den Strom schwimmen wolltet?

Milena: Ich glaube, dass der Strom tatsächlich manchmal nicht der gesunde Weg ist.

Karoline: Sich lösen zu können von Erwartungen oder von Mustern, die jetzt im Erwachsenenalter nicht mehr für einen gelten, finde ich einen schönen Aspekt. Der Film erzählt also auch die Geschichte von einem Erwachsenwerden 2.0.

War das für dich auch ein wichtiger Zeitabschnitt?

Karoline: Zwischen 30 und 40 hatte ich das Gefühl, mich noch mal ein Stück besser kennenzulernen, mein Leben noch mal unabhängiger nach eigenen Vorstellungen leben zu können und dadurch tatsächlich erwachsen zu werden. Die Beziehung zu den Eltern verändert sich auch noch mal finde ich, weil eine andere Augenhöhe entsteht. Diese Abhängigkeit, die man als Kind zu den Eltern hat, ist dann beendet.

Was bedeuten Familien- und Rollenbilder für euch?

Aaron: Ich bin in einer sehr engen Familie aufgewachsen. Ich bin mit sehr vielen schlechten, aber auch mit ganz vielen tollen Sachen aufgewachsen. Die tollen möchte ich unglaublich gerne auch an meine Kinder weitervermitteln oder an meine Familie, wie ich sie mir dann bastele.

Karoline: Ich finde, es ist an der Zeit, sich Familien- und Rollenbilder noch mal anzugucken und zu überdenken. Ich selbst bin zum Glück so sozialisiert und groß geworden, dass es mir immer erlaubt war, zu fragen: Was möchte ich gerne vom Leben? Ich durfte immer Fehler machen, durfte immer fragen, scheitern, ich durfte immer meinen eigenen Weg suchen.

"In unserem klassischen Schulsystem wird man, sobald man einen Fehler macht, immer noch bestraft."
Schauspielerin und Regisseurin Karoline Herfurth

Karoline, du hast eine Waldorfschule besucht. Im Abitur hattest du das erste Mal Noten. Man könnte meinen, du bist unkonventionell aufgewachsen.

Karoline: Als ich das erste Mal Regie geführt habe, war das Einzige, was ich kannte, das Set. Die Vor- und Postproduktion waren für mich völlig neue Felder. Ich glaube, dass ich mich überhaupt getraut habe, in dieses sehr professionelle Umfeld zu gehen, ohne diesen Beruf einmal richtig gemacht zu haben, hat etwas damit zu tun, dass mir immer erlaubt war, nicht alles zu wissen und dass mir immer vermittelt wurde, dass Scheitern überhaupt nicht schlimm ist. In unserem klassischen Schulsystem wird man, sobald man einen Fehler macht, immer noch bestraft. Ich glaube, dass durch dieses demotivierende Leistungsprinzip viel Potenzial und Kraft blockiert wird. Das ist doch nicht sinnvoll.

Wie war das bei dir?

Karoline: Meine Mama war eine sehr emanzipierte Frau. Daher war es für mich im Soziologiestudium überraschend und schockierend, von den Ungleichheiten zu erfahren, die wir beispielsweise durch Rollenbilder und Familienbilder immer wieder aufs Neue beleben.

"Ich liebe das Älterwerden auch deshalb sehr, weil die Selbstbeziehung immer stärker wird."
Schauspielerin und Regisseurin Karoline Herfurth

Gab es bei euch auch schon Momente, wo ihr in ein Rollenbild gedrängt worden seid?

Aaron: Das kommt in den besten Familien vor. (lacht)

Karoline: Ich habe auf jeden Fall sehr viel Kraft und Zeit verschwendet, weil ich den ganzen Jugendzeitschriften und Frauenmagazinen und den Bildern aus der Werbebranche geglaubt habe, dass ich einen ganz bestimmten und auf jeden Fall anderen Körper brauche, um eine richtige und begehrenswerte Frau zu sein.

Wann hast du dich davon gelöst?

Karoline: Sich davon zu befreien, hat eine Weile gedauert. Ich habe tatsächlich erst mit Mitte 20 angefangen, Dinge zu hinterfragen: Mag ich das wirklich? Macht mir das Spaß oder mache ich das, weil ich denke, das muss man so machen? Ich bin auch immer wieder mal an so einem Punkt, sich von etwas loszulösen und zu erkennen: Ich darf dazu nein sagen. Ich liebe das Älterwerden auch deshalb sehr, weil die Selbstbeziehung immer stärker wird.

Wie nimmst du das wahr?

Karoline: Ich entwickle immer mehr Souveränität, mich von Dingen zu verabschieden, die mir nicht guttun. Mein "Nö, danke" wird immer stärker. Ich kann wirklich nur empfehlen, sein eigenes "Nö, danke" so früh wie möglich zu entdecken. Ich habe das zu spät gemacht und viel Zeit in irgendwelchen Sportzentren verschwendet. (lacht)

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