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Olivia Jones über Pride-Month: "Unsere Freiheiten sind nicht selbstverständlich"

Olivia Jones feiert im Juni ganz besonders ihre "Olivia Jones Familie".
Olivia Jones feiert im Juni ganz besonders ihre "Olivia Jones Familie".Bild: Andy J. Wirth/PhotoART / Andy J. Wirth
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Olivia Jones über den Pride-Month: "Unsere Freiheiten sind nicht selbstverständlich"

06.06.2023, 12:17
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Olivia Jones ist wohl die bekannteste Dragqueen Deutschlands. In diesem Jahr hat sie im Juni nicht nur den Pride-Month zu feiern, sondern auch ein großes Jubiläum.

Seit 15 Jahren gibt es die "Olivia Jones Familie", die in Olivias Bars nicht nur jeden Abend für Getränke, sondern auch für gute Stimmung sorgt. Kult-Koberer Fabian Zahrt gehört genau so dazu wie Eddy Kante, der ehemalige Bodyguard von Udo Lindenberg. Beide führen inzwischen auch als Guides bei Olivias "Kult-Kieztouren" durch St. Pauli.

Im Interview mit watson verrät Olivia Jones, warum sie manchmal heimlich in ihre eigenen Bars geht, wie sie ihr großes Jubiläum feiern möchte und was sie an der Debatte um Dragqueen-Lesungen für Kinder besonders stört.

Watson: Wozu gratulierst du dir zum Jubiläum selbst am meisten?

Olivia Jones: Unterhaltung mit Haltung zu verbinden und im Moment vor allem: Zur "Olivia Jones Familie". Sie ist das Beste, was mir je passiert ist.

"Kinder können nichts dafür, wenn bornierte graue Herren beim Thema Liebe nur an Sex denken können und Vielfalt und Toleranz als Bedrohung sehen."

Welche Feierlichkeiten hast du für dein Jubiläum am 6. Juni geplant?

Wir machen eine riesige Party mit vielen Promis und Influencern in Olivias Show Club, feiern, dass wir Corona überstanden haben und die Familie zusammengehalten hat. Keiner hat am Anfang an die "Olivia Jones Familie" geglaubt, aber sie ist ein echtes Erfolgsmodell.

Deshalb feiern wir an diesem Tag unter anderem auch den 50. Geburtstag unseres Kult-Koberers Fabian Zahrt von Reeperbahn privat und das zehnjährige Familien-Jubiläum von unserer Family-Botschafterin Veuve Noire. Wir sind wirklich die bekannteste Patchwork-Familie Deutschlands, kämpfen mit Projekten wie "Olivia macht Schule" für Diversity und gegen Diskriminierung. Darauf sind wir stolz.

Um das Engagement von Dragqueens in Schulen gab es ja zuletzt große Diskussionen. Was sagst du dazu?

Kinder können nichts dafür, wenn bornierte graue Herren beim Thema Liebe nur an Sex denken können und Vielfalt und Toleranz als Bedrohung sehen. Es geht doch gar nicht um Sex. Es geht um Liebe, Toleranz und Respekt. Kinder sind von Natur aus tolerant. Erziehung und das Internet machen sie intolerant. Außerdem sind Sorgen ums Kindeswohl wegen angeblicher Frühsexualisierung doch meist nur vorgeschoben. Damit wird gezielt gehetzt und Politik gemacht. Leider mit immer mehr Erfolg.

Vor 15 Jahren war ja auch die Queer-Szene in Deutschland eine ganz andere. Was hat sich in dieser Zeit verändert?

St. Pauli war ein großer Spielplatz für heterosexuelle Männer. Eine Dragqueen als erfolgreiche Gastronomin schien undenkbar. Der Kiez ist jetzt viel bunter. Aber wir kämpfen dafür, dass das auch so bleibt. Mit unseren Shows, mit unseren Touren, mit Initiativen wie "Olivia macht Schule".

Und insgesamt?

Als ich meine ersten Auftritte vor über 30 Jahren hatte, stand Homosexualität auch in Deutschland quasi noch unter Strafe. Seitdem hat sich zum Glück viel zum Positiven verändert. Jedenfalls in Deutschland. Es gibt inzwischen etwa die Ehe für alle. Aber: Der weltweite Rechtsruck und dass auch bei uns eine Partei wie die AfD im Bundestag sitzt, sollte uns alle aufwachen lassen.

Was waren die besten Momente für dich in den letzten 15 Jahren, seit du auf St. Pauli angefangen hast?

Ich werde mich immer an meine erste Kult-Kieztour erinnern. Wir mussten damals Freunde und Verwandte überreden, mitzulaufen. Das hat sich ja geändert. Unsere Kult-Kieztouren waren der Grundstein. Wir haben Stadtführungen mit Comedy und Personalitys verbunden. Ein weiterer Meilenstein war die Eröffnung der Olivia Jones Bar. Wir haben selber angestrichen und renoviert, weil wir niemanden dafür bezahlen konnten. Damals haben uns alle belächelt und gesagt: Dragqueens? Schlager? Da seid ihr ja bald pleite.

"Dass es uns gelingt, durch unsere Touren und Shows Unterhaltung mit Haltung zu verbinden, ist ein großes Geschenk."

Was war dein größtes Highlight bisher?

Für mich ist es auch nach 15 Jahren immer noch das größte Highlight, wenn ich mich inkognito in unsere Läden schleiche und sehe, wie glücklich und ausgelassen Menschen zusammen feiern, die sich sonst wahrscheinlich im Leben nie begegnet wären und Vorurteile gehabt hätten. Dass es uns gelingt, durch unsere Touren und Shows Unterhaltung mit Haltung zu verbinden, ist ein großes Geschenk. Gerade heutzutage. Arizona hat gerade Drag-Shows quasi verboten und weitere Staaten werden sicher folgen. Unsere Freiheiten sind eben nicht selbstverständlich. Deswegen ist es wichtig, dass wir weiter mit unseren bunten Mitteln für Freiheiten kämpfen.

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Für Olivia Jones haben Pride-Month und Christopher-Street-Day immer noch eine große Bedeutung.Bild: dpa / Marcus Brandt
"Für mich ist der CSD eine bunte politische Demonstration und keine Spaßparade."

Was bedeutet dir der Pride-Month und besonders die Demonstration zum Christopher-Street-Day?

Es ist für die "Olivia Jones Familie" ein wichtiger Feiertag, um das zu feiern, was wir und viele Aktivisten erreicht haben. Und es ist ein Tag, an dem wir zeigen können: Wir lassen uns keine Angst machen und unsere Freiheiten nicht verbieten. Für mich ist der CSD immer noch eine bunte politische Demonstration und keine Spaßparade. Gerade im Moment: wichtiger, denn je.

Warum glaubst du, kann so ein Motto-Monat etwas verändern?

Es geht um Sichtbarkeit. Und darum, auf Themen aufmerksam zu machen. Toleranz ist etwas, das immer wieder neu definiert und erkämpft werden muss.

"Erst wenn sich der letzte Profi-Fußballer outet und alle nur noch mit den Schultern zucken, können wir langsam einen Gang zurückschalten."

Welche Veränderungen würdest du dir in Deutschland noch wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass es irgendwann überhaupt kein Thema mehr ist, ob jemand schwul, hetero oder was auch immer ist. Erst wenn sich der letzte Profi-Fußballer outet und alle nur noch mit den Schultern zucken, können wir langsam einen Gang zurückschalten.

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