Neben Netflix und Amazon Prime lässt sich Sky nicht lumpen. Der Streaming-Dienst bringt mit "Drift – Partners in Crime" eine neue Action-Serie an den Start, die sich zugleich von anderen Action-Produktionen abhebt. Wie genau sie das erreicht, erklärt Darsteller Ken Duken im watson-Interview. Er spielt einen von zwei ungleichen Brüdern, die plötzlich zusammenwirken und einer Verschwörung auf die Spur kommen müssen.
Im Gespräch geht es aber nicht nur um die Sky-Serie. Duken verrät auch, warum er sich bei Social Media manchmal politisch äußert – und was aus seiner Sicht als Vater im Umgang mit jungen Menschen falsch läuft.
Watson: Der bekannte Regisseur Tim Trachte ("Biohackers") sprach kürzlich über generelle Vorbehalte gegen Action-Filme aus Deutschland. Hast du die auch?
Ken Duken: Nein, ich habe keine Vorbehalte. Wir haben aber einfach nicht die Budgets, die großen internationalen Produktionen zur Verfügung stehen. Die Frage, ob eine gute Vision auch praktisch umgesetzt werden kann, ist immer mit entscheidend. Ich habe schon unfassbar gute Drehbücher für Fantasy- und Science-Fiction-Projekte bekommen. Dann habe ich nach dem Budget gefragt und das Vertrauen, dass wir mit dem festgesetzten Budget das Ziel erreichen, war einfach nicht da.
Um das Action-Genre ranken sich immer noch zahlreiche Klischees. Wie versucht "Drift – Partners in Crime", damit zu brechen?
Ich glaube, dass die Charakterentwicklung bei uns im Vordergrund steht, vor allem durch die zwei dynamischen Hauptfiguren. In den letzten Jahren gab es generell eine bemerkenswerte Entwicklung. Siehe nur James Bond, der ein sehr sensibler Charakter ist. Es hilft dem Genre, von diesem Schubladendenken wegzukommen. Jeder Mensch ist individuell, das sollte sich auch in Filmen und Serien spiegeln. Es gibt eine Art und Weise, das Action-Publikum zu bedienen und dabei nicht nur die Action in den Vordergrund zu stellen – sondern auch die Figuren. Das beste Beispiel ist "Stirb Langsam". Damals hat Bruce Willis das erste Mal die Empfindsamkeit in das Genre hineingebracht.
Was braucht eine gute Action-Serie also?
Man muss immer das Verhältnis zwischen Budget und erzählerischer Ambition sehen. Auch Fantasy-Epen wie "Game of Thrones" und "Vikings" haben grandiose Action-Szenen. Die Schauwerte werden immer mehr in die Story eingebunden. Bei internationalen Drehs, gerade auch für die Streaming-Dienste, geht es eher um die Frage: Wie erzählt sich die Geschichte und wie folge ich den Figuren? Wenn etwas zwar geil aussieht, ich aber der Erzählung nicht folge, nutzt es sich schnell ab. Bleibe ich hingegen an den Figuren dran, wirkt diese Action in mir. Es ist ein Unterschied, ob ich einfach nur ein explodierendes Auto sehe, oder auch Angst habe, dass ein Charakter, den ich ins Herz geschlossen habe, bei dem Unfall zu Schaden kommt.
In früheren Interviews warst du noch eher skeptisch gegenüber Serien. Hat sich das also geändert?
Das lag an der Erzählweise von damals, die dazu führte, dass man praktisch bei jeder Folge skippen konnte. Durch das horizontale Erzählen kommst du aber heute an Punkte, die du mit einem Film gar nicht erreichen kannst. Du hast die Zeit, Figuren in Sphären zu katapultieren, die man nie erwartet hätte. Es ist auch wichtig, sich auf Experimente einzulassen, nur so können originelle Konzepte überhaupt erst entstehen. "Add a Friend" beispielsweise war damals die erste Serie, die fürs Pay-TV produziert wurde und daraus sind andere Serien entstanden.
Serien bedeuten auch, sich für längere Zeit an eine Figur zu binden. War das ebenfalls ein Problem?
Früher hatte ich Schwierigkeiten, über längere Zeit hinweg in die gleiche Rolle zu gehen. Bei "Nachtschicht", einer großartigen Reihe, habe ich irgendwann gemerkt, dass meine Figur auserzählt ist und ich mich nur noch wiederholen würde. Am Ende habe ich mich aber nicht gegen "Nachtschicht", sondern für andere Formate entschieden.
Du treibst privat viel Sport, das kommt dir bei Action-Rollen sicherlich zugute.
Mittlerweile kann ich es benutzen. Ich mag physisches Spiel, was aber nicht nur auf Kraft bezogen ist. Ich habe mich für Rollen auf 69 Kilo runtergehungert oder auf 96 Kilo hochtrainiert, weil ich mir selbst die Figur glaubhaft machen möchte. Über Äußerlichkeiten will ich gar nicht erst nachdenken müssen. Wenn ich eine Wampe hätte und einen Marathonläufer spielen müsste, würde ich mir das nicht abnehmen.
Gibt es Stunts, die dir zu gefährlich wären?
Darüber denke ich meistens leider erst später nach (lacht). Im zweiten Teil von "Drift – Partners in Crime" sind einige solcher Stunts drin. Es ist aber nicht so, dass ich sage: Ich will der Held sein, ich mache das jetzt. Wir haben einen fantastischen Stunt-Koordinator, der dir sehr genau sagt, was du machen kannst und was nicht. Viele Dinge wie zum Beispiel Auto-Stunts dürfte ich auch gar nicht machen, selbst, wenn ich wollte.
Vereinzelt hast du auch bereits Regie geführt, zum Beispiel bei "Berlin Falling". Hast du darauf weiterhin Lust?
Ich sehe mich als Filmemacher. Es wird sich bestimmt immer mehr dazu entwickeln, dass ich eigene Sachen mache. Aber ich schauspielere auch sehr gerne. In Phasen, in denen mir Projekte angeboten werden, die mir nicht gefallen, bin ich nicht der Mensch, der Däumchen dreht. Dann neige ich eher dazu, selbst die Initiative zu ergreifen und etwas auf die Beine zu stellen. Ich schiebe Projekte gern parallel an. Bei "Drift – Partners in Crime" war ich auch an der Entwicklung beteiligt.
Bei Instagram äußerst du dich manchmal auch zu politischen Themen, wie den Aufständen im Iran.
Ich bin ein Impulsmensch, mache so etwas nicht mit Berechnung. Ich bin kein Aktivist. Dafür habe ich leider viel zu wenig Zeit und Möglichkeiten. Social Media führt außerdem oft dazu, dass gleichstromartige Meinungen entstehen, statt Themen differenzierter zu betrachten. Es gibt aber definitiv Themen, bei denen es Sinn macht, Stellung zu beziehen.
Also du verspürst nicht den Druck, dich als Person des öffentlichen Lebens zu bestimmten Themen äußern zu "müssen"?
Ich habe eher das Gefühl, dass bei den meisten Kollegen –mich eingeschlossen – gewünscht wird, sie sollen einfach ihren Job machen. (lacht) Mein Instagram-Account ist ein Spiegelbild von mir. Ich möchte auf diesem Kanal nicht vorgeben, etwas zu sein, das ich nicht bin. Teilweise poste ich auch dumme Sachen über mein Essen. Ich teile mich mit, wenn ich einen Impuls dazu verspüre, das gilt in alle Richtungen.
Was wäre, wenn dein Sohn, der mittlerweile ein Teenager ist, auch ins Filmgeschäft möchte?
Mir ist nur wichtig, dass er seinen Beruf aus Überzeugung wählt. Ich habe das Gefühl, dass heute viele Eltern ihre persönlichen Vorstellungen auf die Kinder projizieren. Ich möchte meinem Sohn dabei helfen, seinen eigenen Weg zu finden. Es muss jungen Menschen auch erlaubt sein, zu scheitern. Ich habe den Eindruck, dass die Gesellschaft das nicht mehr zulässt. Du musst perfekt sein, darfst keine Fehler machen. Auch ein Scheitern kann aber eine wichtige Station auf dem Weg zum Ziel sein. Das versuche ich, meinem Sohn mit auf den Weg zu geben.