Matthias Schweighöfer hat es geschafft, sich eine internationale Karriere vor und hinter der Kamera aufzubauen. Mittlerweile wird er auch in den USA gefeiert und spielt in internationalen Produktionen mit. In seinem neuesten Projekt "Girl You Know It's True" über den Skandal um das 80er-Jahre-Pop-Duo Milli Vanilli ist er im Übrigen nicht als Filmschönling zu sehen, sondern zeigt sich in seiner Rolle des Musikproduzenten Frank Farian ganz uneitel.
Im Interview mit watson spricht Matthias Schweighöfer über Klischeerollen, erklärt, was er über die Showbranche denkt und offenbart, warum seine Partnerin Ruby O. Fee und er sich für eine Paartherapie entschieden haben.
watson: So schlecht aussehend wie in der Rolle als Milli-Vanilli-Manager warst du vielleicht noch nie im Kino zu sehen: Falten, fettige Haare. Ist die Zeit als Filmschönling für dich vorbei, Matthias?
Matthias Schweighöfer: Ja, auf jeden Fall. Ich bin jetzt 42 und merke Stück für Stück: Ich will niemand sein, der der Jugend nachrennt. Das ist einfach mühselig und völlig unnötig. Die Zeit war damals okay so. Es war gut, zu sagen: Ich bin vielleicht ein gutaussehender Mann, mal gucken, wie sich das verkauft. Aber mit dem Alter sehe ich das anders. Auch die nächsten zwei Filme, die ich drehe, werden ernstere und auch eher ältere Sachen.
Nerven dich heute diese Klischeerollen, in denen du als Frauenschwarm zu sehen bist?
Ich muss ehrlich sagen, ich habe jetzt vor Kurzem mit meiner lieben Freundin Ruby mal meine alten Sachen angeguckt und dachte: Frauenschwarm? Also, ich sehe das nicht. Ich kann mich selbst auch nicht mehr so richtig sehen. Ich würde auch nie sagen, dass ich ein Frauenschwarm bin. Das sagen andere.
Rob und Fab von Milli Vanilli hatten echte Star-Qualitäten, begeisterten mit ihrer Show und Performance, statt mit ihrer Stimme. Wie oberflächlich ist die Showbranche?
Das kommt darauf an, wer was wie erzählen möchte. Was sind die Inhalte? Die Oberfläche gehört dazu, weil es zum Teil Produkte sind und Produkte sollen verkauft werden. Auf der anderen Seite muss man fragen: Entscheide ich mich für die Oberfläche des Produkts oder entscheide ich mich für den Inhalt und was wärt wie länger? Milli Vanilli spricht für eine kürzere Zeit. Obwohl, es stimmt nicht, wir sind ja wieder da. (lacht)
Nervt dich die Showbranche selbst oft?
Ich habe das große Glück, als Regisseur und Produzent trotzdem auch Macher sein zu dürfen. Dadurch kann ich mich zum Glück von der Showbranche distanzieren, weil ich selbst die Entscheidungen mit treffe. Möchte ich die Oberfläche? Und wenn ich mich für die Oberfläche entscheide, dann muss ich das auch zu 100 Prozent durchziehen. Oder gehe ich mehr auf den Inhalt?
Im Film wird deutlich, dass der Erfolg einem zu Kopf steigen kann und es wichtig ist, an einem Punkt die Bremse zu ziehen. Der Druck wird zu groß. Du hast auch ein Projekt nach dem nächsten.
Ich bin aber auf dem Boden geblieben. Ich bin nicht abhängig von irgendwelchen Sachen wie Drogen oder Alkohol. Ich habe sehr viele Leute um mich herum, die auch nein sagen. Ich persönlich bin zum Beispiel mehr an der Kritik interessiert, die nicht gut ist, anstatt an einer, die gut ist. Mich interessiert immer die Verbesserung.
Milli Vanilli waren keine guten Sänger und trotzdem Weltstars. Wie wichtig ist es, richtig gut schauspielern zu können, um als Schauspieler erfolgreich zu sein?
Es geht immer um das Team. Es allein zu schaffen, ist eigentlich nicht möglich. Ich vergleiche das immer mit einem guten Football-Team in der NFL. Du brauchst das richtige Jahr, mit den richtigen Coaches und mit den richtigen Teamplayern, die das Richtige übernehmen.
Heutzutage kann man aber auch schneller zum Star aufsteigen und auch große Filmrollen spielen, als es zu deiner Zeit vielleicht möglich war.
Ja, das stimmt. Die heutigen Leute zwischen 20 und 25 Jahren haben natürlich die Welt zur Verfügung. Früher, als ich angefangen habe, war das ein Ding der Unmöglichkeit, Kino zu machen.
Auf Social Media wird viel über dich und deine Schauspielqualitäten diskutiert. Wie gehst du damit um?
Ich versuche maximal 20 Minuten am Tag auf Social Media zu verbringen und beschäftige mich damit gar nicht. Aus diesen Vergleichen heraus habe ich gelernt, das bringt dich nur aus der Balance und führt zu nichts. Ich versuche von den Kommentaren, so gut es geht, Abstand zu halten.
Einblicke in dein Privatleben gibt es dennoch ab und an auf Instagram zu sehen. Wie nervig ist es, eine Beziehung in der Öffentlichkeit zu führen?
Ruby und ich stehen nun mal in der Öffentlichkeit. Ich bin total stolz auf sie. Ich liebe meine wunderbare Freundin und bin total happy, dass man das auch gar nicht verstecken muss. Meine Beziehung ist Teil meines Lebens. Ich habe einfach eine der wunderschönsten Frauen der Welt und bin darauf richtig stolz. Sie ist vor allem ein richtiger, cooler, klasse Mensch. Warum soll ich das versteckt halten? Wir halten die Kinder aus der Öffentlichkeit raus, das ist auch schon Arbeit, aber das ist wichtig. Meine Tochter wird jetzt schon 15.
Hast du genug Privatleben?
Ja, voll. Bei uns ist es auch oft lustig. Wir versuchen auch mal weirde Sachen zu teilen, die unseren Humor zeigen. Damit sehen die Leute draußen, dass wir auch nicht anders sind.
Ruby und du redet sehr offen über eure Beziehung, sprecht auch über eure gemeinsame Paartherapie, die ihr regelmäßig macht. Warum?
Man muss dazu sagen, dass wir die letzten Jahre natürlich auch viel in Amerika waren. Da gehört der Therapeut dazu. Für uns ist es im Prinzip noch nicht mal wie eine Therapie, sondern eher wie ein Coaching.
Wie sieht das aus?
Ruby ist jünger als ich, zwischen uns stehen 14 Jahre und da müssen wir lernen, zu kommunizieren. Warum sollten wir das nicht mit einem Therapeuten machen, wenn wir jemanden haben? Es ist genauso wie bei einer Physiotherapie. Wenn Probleme auftreten würden oder ich sehe, gewisse Bewegungen habe ich noch nie gelernt, ist es doch cool, jemanden zu holen, der dir sagt: "So wird es funktionieren." Dann machen wir das. Ich kenne in Amerika niemanden, der sich keine Hilfe holt.
Fällt dir eine Frage zu dir und Ruby ein, die dir noch nie gestellt wurde und die du gerne mal beantworten möchtest?
Nein, da bin ich komplett offen. Es kommt immer darauf an, wer mir eine Frage stellt und ob ich dann Lust habe, sie zu beantworten.
Wie würdest du euch als Paar beschreiben?
Wir sind in jedem Fall gar nicht so gegensätzlich. Eine gute Gemeinsamkeit, die wir haben, liegt darin: Wir sind beide sehr herzlich und immer darauf bedacht sind, dass in unserer Familie alles gut läuft. Wir schauen auch immer auf unser Umfeld.
Ihr seid beide in der Filmbranche tätig, Ruby baut gerade eine eigene Produktionsfirma in Berlin auf. Wie nehmt ihr euch Zeit zu zweit?
Wir haben ein totales Plus, weil wir unseren Job gerade zusammen ausleben können. Ruby entwickelt ihre eigenen Stoffe und wir können schauen: Was machen wir wo zusammen und was getrennt voneinander? Das ist natürlich letztendlich eine super Chance, gerade auch wieder gemeinsam Dinge zu erleben.
Dein neuer Film startet am 21. Dezember. Bleibt ihr an Weihnachten mit deinen Kindern in Deutschland oder feiert ihr in den USA?
Ich bin dieses Jahr eher für warme, anstatt für kalte Weihnachten. Aber mal schauen, ich bin schließlich nicht der Einzige in dieser Konstellation, der da entscheiden darf. Wir haben eine große Family.