"Es ist 16.45 Uhr, herzlich willkommen zu unserer Premiere, live aus der RTL-Nachrichtenredaktion": So begrüßte Peter Kloeppel am Montag seine Zuschauer das erste Mal aus einer neuen Kulisse zu "RTL Aktuell". Die Newssendung am Nachmittag wird, anders als die Hauptnachrichten um 18.45 Uhr, nicht aus dem regulären TV-Studio gesendet.
Der neue, ergänzende Sendeplatz von "RTL Aktuell" ist Teil einer Neuausrichtung von RTL im Bereich der tagesaktuellen Nachrichten. Den Anfang nahm diese Entwicklung damit, dass der Sender etabliertes Nachrichtenpersonal der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz engagierte, wie Pinar Atalay und Jan Hofer. In einem weiteren Schritt verabschiedete sich der Sender zudem von Promis wie Dieter Bohlen.
Das erklärte Ziel: RTL will seriöser und familienfreundlicher werden. Mit der neuen Newssendung "RTL Direkt" tritt das Unternehmen sogar in direkte Konkurrenz zur "Tagesschau" um 22.15 Uhr. Ein ausgefeilter Plan, vor allem Informationsangebote zu verlängern und neu zu besetzen. Die Strategie ist durchaus nachvollziehbar – auch gerade, weil Nachrichtensendungen während Corona boomten und die klassischen Angebote Rekord-Quoten erzielten. Doch zahlen die neuen Folgen um 16.45 Uhr auf diese Strategie ein? Die ersten Sendungen sind jedenfalls kein Durchbruch in Setting, Optik, Berichterstattung, Perspektive.
Grauer Büroteppich, weiße Schreibtische, viele Bildschirme – und mittendrin Peter Kloeppel ohne Sakko, aber dafür vor Screens, die Symbolbilder passend zur jeweiligen Meldung zeigen. Fast wie im gewohnten TV-Studio, nur eben "hinter den Kulissen", dort, wo die News recherchiert werden. Das soll zumindest vermittelt werden. Nahbar und aus dem Geschehen – doch es geschieht eher wenig.
Im Laufe der Sendung werden zwar Redakteure zu Einspielern und Newslagen, die um 18.45 Uhr gezeigt werden sollen, von Kloeppel befragt und auch Meteorologe Christian Häckl muss im Redaktionsstudio vor einem großen Monitor seine Wetterkarten beschreiben, sonst wünscht man sich allerdings die großen Optiken, moderne Studiotechnik und Korrespondenten zurück. Die Nachmittagsausgabe wirkt wie eine Werbe-Sendung für die Hauptnachrichten. Als Zuschauer bekommt man das Gefühl, noch schnell eine Sendung zwischendurch ohne die gewohnte Professionalität bei Technik und Optik zu sehen. Die Sendung um 18.45 Uhr ist das Herz – was ist dann die Werbesendung davon?
Dass zwischendurch weitere Kollegen im Hintergrund durch den Raum laufen, Türen öffnen, Türen schließen und ihrer Arbeit nachgehen, macht es nicht besser. Nachvollziehbar ist jedoch der Ansatz, mitten aus dem Nachrichtengeschehen zu senden, denn das eifert mehr oder minder erfolgreichen US- und UK-Medien nach. Aber wird diese Büro-Sendung wirklich einem Sender gerecht, der sich neu und größer im Nachrichtengeschäft positionieren will und zusätzlich dafür auch noch finanziell üppig ausgestattet ist?
Auf watson-Anfrage erklärt Gerhard Kohlenbach, Chefredakteur Nachrichten bei RTL News, welche Strategie für "RTL Aktuell" um 16.45 Uhr verfolgt wird:
Der Nachrichtentag sei noch in der Entwicklung und die Recherchen sollen laufen. "Wir wollen die Zuschauerinnen und Zuschauer an diesem dynamischen Prozess teilhaben lassen", ergänzt Kohlenbach.
Fraglich ist dabei jedoch, ob RTL damit der ARD wirklich die Stirn bieten kann, wie es vom Sender forciert wird. Der Gedanke scheint zwar richtig, in unruhigen Newssituationen durch die Pandemie und außergewöhnlichen Klimalagen die Zuschauer mit in die Redaktion zu holen, allerdings hapert es hier und da bei der Umsetzung. Manchmal scheint die Technik beim Wetter noch etwas zu straucheln und nicht immer bekommt das Publikum den Stellenwert der News auch wirklich zu fassen, wenn eben einfach "nur" eine Kamera in der Redaktion aufgestellt wird.
So fasste auch Kloeppel am Ende der ersten 16.45-Uhr-Ausgabe zusammen, was man eventuell auch während der 15 Minuten Sendezeit schon gedacht hat: "Das war's von uns aus der Nachrichtenredaktion mit 'RTL Aktuell'. Ich hoffe, wir sehen uns um Viertel vor sieben wieder, dann mit den 'normalen' Nachrichten." Die Betonung lag dabei vielsagend auf "normal". So bleibt abzuwarten, ob RTL diese Form der News-Berichterstattung am Nachmittag tatsächlich auch beibehalten wird.
Abhängig wird das sicher auch von den Zuschauern sein – ob sie den exklusiven Einblick in die Redaktion wertschätzen oder sich das gewohnte TV-Studio zurückwünschen.
(cfl/kiru)