Und Gottes Sohn öffnete seine Arme, als Taylor Swift im Dezember nach Brasilien gereist ist. "Welcome to Brasil" stand auf der Brust des versteinerten Jesus, der berühmten Christusstatur in Rio de Janeiro, um die Popsängerin zu ihrer "Eras-Tour" gebührend in Empfang zu nehmen.
Was für Jesus einst die Jünger waren, sind für Taylor Swift die "Swifties". Gläubige, auf der Suche nach der Offenbarung, die sie in ihren Texten oder bei ihren Konzerten finden. Jesus selbst mag in unserer scheinbar säkularisierten westlichen Welt nicht mehr die Followerzahlen von früher erreichen. Aber er hat zumindest eine Nachfolgerin gefunden.
Und weil Taylor Swift bereits jetzt von ihrer Anhängerschaft gottgleich verehrt wird, wagt die evangelische Heiliggeistkirche in Heidelberg nun den einzig konsequenten Schritt: Am 12. Mai wird um 11 Uhr ein Gottesdienst zu Ehren ihrer Heiligkeit abgehalten werden, bei dem Swifts Musik gespielt und zelebriert wird.
In Anspielung an ihren gleichnamigen Song wird die Veranstaltung unter dem Motto "Anti Hero – Taylor Swift-Gottesdienst" stattfinden. Der "Pop-Gottesdienst", wie es auf der Webseite heißt, drehe sich um "Taylor Swift, ihre Songs und Spiritualität". Der Eintritt sei frei, "wegen großer Nachfrage" müsse allerdings online ein Platz reserviert werden.
Themen-Gottesdienste sind in der Heiliggeistkirche dabei nichts Neues. Zuvor wurden bereits Gottesdienste zu den Beatles, Madonna, Peter Gabriel, Bob Dylan, Michael Jackson und Queen gefeiert.
Taylor Swift hat einen großen Teil ihrer Jugend in Tennessee verbracht. Der Bundesstaat liegt im sogenannten "Bible Belt", der die Gegend beschreibt, in der evangelikaler Protestantismus einen zentralen Bestandteil der Kultur einnimmt.
Sie selbst ist bekennende Christin, wie aus der 2020 erschienen Netflix-Dokumentation "Miss Americana" hervorgeht. In einer für Swifts Karriere zentralen Szene erklärt sie, warum sie sich dazu entschieden hat, sich politisch zu positionieren.
"Ich lebe in Tennessee. Ich bin Christin. Das sind nicht unsere Werte", sagte Swift darin in Bezug auf die konservative Politikerin Marsha Blackburn, die dezidiert antifeministische und queerfeindliche Positionen vertreten hat. Zu den Midterm-Wahlen 2018 rief Swift dazu auf, den demokratischen Kandidaten in Tennessee ihre Stimme zu geben.
Mit dem Musik-Gottesdienst sollten auch Menschen erreicht werden, die sonst nicht in die Kirche gehen, sagte Citykirchenpfarrer Vincenzo Petracca dem Evangelischen Pressedienst. Darüber hinaus solle thematisiert werden, welche Rolle der christliche Glaube im Leben der 34-Jährigen spielt.
Auf der Webseite der evangelische Heiliggeistkirche in Heidelberg wird auch auf die Begründung des "Time"-Magazin Bezug genommen, das Swift im Dezember vergangenen Jahres als erste Popsängerin überhaupt zur Person des Jahres ernannt hatte. Darin hieß es, Swift habe in einem schwierigen Jahr voller Spaltung und Dunkelheit "einen Weg gefunden, Grenzen zu überwinden und eine Quelle des Lichts zu sein".