Einst ließen sie sich gut gelaunt auf dem roten Teppich ablichten – Rapper Bushido und sein Geschäftspartner Arafat Abou Chaker. Doch dann trennte sich Bushido 2017 von dem Clanchef. Nun haben sich die Ex-Freunde wiedergesehen – vor Gericht.
Umringt von Personenschützern mit schusssicheren Westen und Sturmhauben wird Rapper Bushido in den Saal 500 des Landgerichts in der Hauptstadt gebracht. In dem Prozess gegen den Chef einer bekannten Berliner Großfamilie und drei seiner Brüder ist der Musiker Nebenkläger und Zeuge. Eines haben die Ex-Freunde und heutigen Gegner noch gemeinsam: Sie kommen am Montag ganz leger im T-Shirt zum Prozessauftakt – Bushido in Weiß, Clanchef Arafat Abou Chaker (44) in Schwarz.
Die einstigen Partner im Musikgeschäft sitzen nun auf verschiedenen Seiten im Gericht. Bushido, mit bürgerlichem Namen Anis Ferchichi, wirkt nachdenklich, verfolgt konzentriert die Anklage, vermeidet jeden Blick zu Arafat Abou Chaker. Dieser antwortet auf die Fragen des Vorsitzenden Richters: Deutscher, fünf Kinder von 5 bis 19, geschieden, gelernter Beruf KfZ-Mechaniker. Jetzige Tätigkeit? "Selbstständig – Vermietung und Verpachtung." Alle vier Brüder verweigern am ersten Tag des mit Spannung erwarteten Prozesses die Aussage.
Der Zoff zwischen den einstigen Freunden begann, als sich Bushido von Arafat Abou Chaker im August/September 2017 trennte. Der Hauptangeklagte soll eine Millionen-Zahlung von Bushido für angebliche Schulden sowie die Beteiligung an dessen Musikgeschäften für 15 Jahre gefordert haben. Er habe die geschäftliche Trennung nicht akzeptieren wollen und Bushido bedroht, ehrverletzend beschimpft, drangsaliert und verletzt. In seinem verschlossenen Büro habe der 44-Jährige mit Stuhl und Wasserflasche nach dem "Sprachgesangskünstler" geworfen. Die Brüder im Alter von 39, 42 und 49 sind als Gehilfen oder Mittäter angeklagt. Nur der 39-Jährige sitzt in U-Haft.
Eine von Bushido gebotene Abfindung von mehr als zwei Millionen Euro schlug der Clanchef laut Anklage aus - er habe mehr gefordert. Der heute 41-Jährige sollte demnach auch seine Villa in Kleinmachnow an Arafat Abou Chaker verkaufen. Bushido habe sich bedroht gefühlt und um das Leben seiner Frau und Kinder gefürchtet.
Es sei schließlich Bushidos Frau Anna-Maria gewesen, die Abou Chaker beschied, es werde keine Zahlungen geben, hieß es in der Anklage. Sie brachte die Polizei ins Spiel. Der Rapper verließ Deutschland für rund zehn Tage, um sich in Kenia und Thailand "weiteren Einwirkungen zu entziehen". Der Musiker sei danach auch in psychologischer Behandlung gewesen. Im März 2018 sahen sich Bushido und Abou Chaker das letzte Mal, so die Anklage.
Angeklagt sind nun versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue. 180.000 Euro soll einer der Brüder rechtswidrig von dem damaligen Firmenkonto von Abou Chaker und Bushido abgehoben und dem Clanchef gegeben haben. Zur Last gelegt wird Abou Chaker auch, unbefugt Gespräche gepostet zu haben.
In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte ein Kenner der Szene gesagt, es sei absurd, wenn sich Bushido jetzt als Opfer darstelle. Er habe früher mit seinem "gefährlichen Freund" geprahlt. In einem gemeinsamen Interview des Magazins "Stern" der Eheleute Ferchichi im September 2018 hatte Bushido auch über Kontakte zu einem Mitglied einer anderen Großfamilie gesprochen.
Arafat Abou Chaker stand schon in Dutzenden Strafverfahren vor Gericht. Sie wurden entweder eingestellt, oder er wurde freigesprochen. Zuletzt war er wegen Beleidigung und Körperverletzung schuldig gesprochen worden, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Auch seine Brüder sind keine Unbekannten im Gericht.
Der Anwalt des Clanchefs, Hansgeorg Birkhoff, sagte am Rande, er halte die Sicherheitsvorkehrungen für völlig übertrieben. "Sie dienen einem Spektakel."
In dem aufwendigen Prozess werden 80 Zeugen erwartet, darunter prominente Vertreter der deutschen Rapper-Szene. Eine für Mittwoch geplante Anhörung von Zeuge Bushido wurde verschoben. Dafür soll die Frau eines mitangeklagten Bruders befragt werden. Zunächst sind bis Ende November mehr als 20 Verhandlungstage geplant.
(vdv/dpa)