David Bowie spielte dort bereits, Joe Cocker ebenfalls, dann wären da noch Rage Against The Machine, Pearl Jam und Sepultra, die in den 90er-Jahren einen Auftritt sondergleichen hingelegt haben sollen. Rock am Ring war lange Treffpunkt einiger Weltstars. Und diesen Weltstars haftete stets eine politische Note an. Ihre Bühne nutzten sie mitunter auch, um gesellschaftliche Missstände anzusprechen.
In diesem Jahr wird der Nürburgring wieder zum Spielplatz der Rockprominenz. Und wie gewohnt sind einige dabei, die sich durch eine ordentliche politische Kragenweite auszeichnen, etwa Feine Sahne Fischfilet und Drangsal. Beide ihres Zeichens stabile Linksausleger.
Jetzt wird aber Kritik laut. Nicht am Line-up, die fällt in diesem Jahr deutlich verhaltener aus. Vielmehr geht es um eine Kooperation mit dem Springer Verlag.
Teile der 40. Ausgabe von Rock am Ring werden diesmal ebenfalls via Livestream übertragen, quasi das Light-Pendant zum regulären Festivaltrubel. Dass die Bands über heimische Monitore hüpfen, ist nicht unbedingt neu. Ganz anders verhält es sich mit dem Überträger. Statt RTL+ wird es diesmal "Bild" sein.
Vom 6. bis 8. Juni bietet "Bild.de" einen Livestream von der Hauptbühne, der sogenannten "Utopia Stage". Alles kostenlos und reichweitenstark. "Bild"-Unterhaltungschefin Tanja May verspricht laut "DWDL" "Reportagen, Interviews und Backstage-Einblicke", die auch den Fans zu Hause "ein unvergleichliches Festival-Erlebnis" bieten sollen.
Auf die Bekanntmachung folgten allerdings keine Begeisterungsstürme. Fans stören sich vor allem an der inhaltlichen Ausrichtung der "Bild". Diese entspreche eben nicht den politischen, moralischen und ethischen Vorstellungen der Bands, die dort auftreten.
"Letztes Jahr haben die Ärzte da noch gespielt und gegen die 'Bild' gesungen. 1 Jahr später wird eine Partnerschaft mit denen eingegangen. Was soll man dazu noch sagen?", fragt zum Beispiel ein Instagram-User. Ein Vorwurf ist auch, dass meist eher internationale Acts die "Utopia"-Stage bespielen, also solche, die eventuell nicht im Bilde sind, was sich hinter dem Springer-Medium verbirgt.
Für den Managing Director von Eventim Live, Frithjof Pils, ist die "Bild" hingegen eine Option, viel mehr Menschen, das Festival näherzubringen, schreibt "DWDL". Reaktionen auf die durchaus überbordende Kritik gibt es nicht.
Es lässt sich nur mutmaßen, ob den Veranstalter:innen die heftigen Reaktionen im Vorhinein klar waren. Viele der Bands und deren Fans engagieren sich öffentlich für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Rassismus, vereinzelt sind sie sogar kapitalismuskritisch. Fast alle eint eine Abneigung gegen Springer und das Flaggschiff "Bild".
Da Festivals aber, wie so ziemlich alles, einer gewissen Profitlogik unterliegen, dürfte das lukrativste Angebot alle Bedenken beiseite gewischt haben. Eine Woche vor Festivalbeginn wird ohnehin kaum jemand abspringen.