Das tut schon beim Hinschauen weh. Model-Anwärterin Marie ist mit den Fersen aus ihren Schuhen gerutscht und humpelt über den Laufsteg. Hinter der Bühne rollen später die Tränen. Zu lange habe sie warten müssen, ihre Füße seien schwitzig geworden, erzählt sie, weshalb sie in den High Heels keinen Halt mehr hatte.
Probleme, die nur Models kennen. Und Menschen, die sich seit vielen Jahren "Germany’s next Topmodel" anschauen. Seit letzter Woche läuft die 20. Staffel des Model-Castings von Heidi Klum, gefühlt wird die ProSieben-Show Jahr für Jahr umfangreicher.
Mittlerweile laufen zwei Folgen die Woche im regulären TV-Programm, dazu gibt es eine Hintergrundshow zum Streamen. Am Mittwoch waren zunächst die männlichen Nachwuchs-Models dran, am Donnerstag mussten sich die Frauen beweisen.
Von den ursprünglich 100 Kandidatinnen haben es 49 in die zweite Folge geschafft. Sie sollen sich bei ihrem ersten Laufsteg-Einsatz bei einer extra arrangierten Modeschau bewähren.
Dafür ist Designerin Lessja Verlingieri aus Los Angeles eingeflogen. Ihre bis zur 150.000 Euro teuren Haute-Couture-Kleider wurden von den größten Stars auf den glamourösesten roten Teppichen der Welt getragen, erzählt Verlingieri.
Lady Gaga, Jennifer Lopez, Cardi B und natürlich Heidi Klum gehören zu ihren Kundinnen. "Die Models treten heute in große Fußstapfen. Sie müssen dem Vergleich standhalten, wenn ein Superstar so ein Kleid getragen hat“, sagt die Designerin und absolviert ein Catwalk-Training mit den Kandidatinnen.
Xenia und Svenja beeindrucken die Designerin dabei offenbar besonders. Denn die beiden Nachwuchsmodels werden als "First Face" und "Last Face" eingeteilt.
Was bedeutet, dass Xenia die Show eröffnet und Svenja als letztes Model über den Laufsteg schreitet. Ob das für Xenia ein bisschen zu viel Verantwortung ist? Die 26-Jährige erleidet kurz vor der Show einen Schwächeanfall.
Ein Notarzt kommt ihr zu Hilfe, misst ihren Puls und Blutdruck. Mit einer Banane, einer Flasche Cola und ein wenig Frischluft aus dem Ventilator wird das am Boden liegende Model schließlich wieder auf die Beine gebracht.
"Mir ist schwindelig und schwarz vor Augen geworden. Das liegt vielleicht auch an dem Kleid, das sehr eng war. Da ist mir der Kreislauf ein bisschen weggebrochen", erzählt sie später.
Ihr selbst sei das noch nie passiert, ergänzt Heidi Klum. Aber schwindelig sei ihr auch schon gewesen. Einfach, weil sie in dem ganzen Trubel vergessen habe, zu essen und zu trinken. "Man muss wirklich auf sich achten in dem Business", lautet das Fazit der Laufsteg-Veteranin.
Die 49 "GNTM"-Kandidatinnen scheinen jedenfalls alle bereit, sich den Gefahren des Model-Jobs zu stellen. Und an Selbstvertrauen mangelt es ihnen allen ganz sicher nicht. Leila beispielsweise ist nur 1,65 Meter groß, hat aber dennoch die feste Absicht, als erstes Petite Model das Format zu gewinnen.
Daniela ist 1,80 Meter und hat schon Modelerfahrung. Sie ist überzeugt, die meisten Jobs in dieser Staffel zu bekommen. "Man arbeitet gerne mit mir zusammen, das habe ich schon oft gehört", sagt die 19-Jährige.
Svenja, das "Last Face" der Show, ist überzeugt, dass sie "gut walken kann". Die 24-jährige Hamburgerin ist nach eigener Auskunft privilegiert aufgewachsen.
Ihre Eltern hätten trotzdem großen Wert darauf gelegt, dass sie bodenständig bleibe. Ihr erstes Auto bekam sie nicht einfach so geschenkt, sie musste tatsächlich einen ganzen Sommer lang dafür arbeiten.
"Realistisch gesehen denke ich, dass meine Chancen nicht schlecht sind, ein bisschen länger dabei zu sein", sagt sie und erzählt dann noch eine Anekdote.
"Als hübsche Frau hat man natürlich viele Vorteile im Leben. Zum Beispiel, wenn man bei McDonald's im Drive-through nach einer Portion Pommes fragt, ist das schon ab und zu passiert, dass ich zwei hatte", berichtet Svenja: "Da sage ich natürlich nicht 'nein'.“
Melina hingegen beschreibt sich selbst als Curvy Model, ihre Lippen, ihre Nase und ihre Brust hat sie beim Schönheitschirurgen überarbeiten lassen. Als sie einige sehr dünne Konkurrentinnen sieht, scheint die Medizinische Fachangestellte kurz zu zweifeln. "Aber dann ist mir eingefallen, dass ich geil bin", sagt sie.
Ihr großes Ziel ist es, eines Tages eine "Boss-Bitch" wie Heidi Klum zu sein. Mit ihrem Walk ist die Berlinerin ebenfalls sehr zufrieden. "Ich habe mich supergut gefühlt auf dem Laufsteg. Wie ich immer gesagt habe, ich bin dafür geboren", erklärt Melina.
Heidi Klum, Gast-Jurorin Kristen McMenamy und Designerin Lessja Verlingieri sehen das aber völlig anders und schicken Melina nach Hause.
Insgesamt 23 Kandidatinnen müssen gehen, in die nächste Runde schaffen es 26 Model-Anwärterinnen. Ins Modelhaus einziehen dürfen unter anderem Svenja, Leila, Daniela und Xenia, der trotz Schwächeanfall ein guter Walk gelingt.
Auch Marie schafft es in die nächste Runde. Denn ihr Gesicht sei trotz der massiven Schuhprobleme "on point" gewesen, wie Heidi Klum findet. Models wissen, was damit gemeint ist. Und langjährige "GNTM"-Fans auch.
