Es ist ein Abend, an dem Günther Jauch aus dem Kopfschütteln kaum herauskommt. Nachdem Christoph Cepok, sein Spiel aus der vergangenen Woche mit 64.000 beendet hat, schafft es Kjell Möller, 19, aus Elmshorn auf den Ratestuhl. Der junge Mann befindet sich in der Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzanlagen. Und er tut sich sehr schwer mit schon mit den einfachen Fragen zu Beginn.
Genauer gesagt bereits bei der 200-Euro-Frage, die ja eher zum Schmunzeln als zum Nachdenken gedacht ist. Die lautet: "Was schmeckt nicht nur Turnlehrern zum Kaffee?" Die Antwortmöglichkeiten: Kastenkuchen, Recktorte, Schwebebalkengebäck und Barrenkeks.
Der junge Mann hat keine Ahnung und setzt schon da seinen Publikumsjoker. 97 Prozent der Studiogäste entscheiden sich für Kastenkuchen (und 3 Prozent für Barrenkekse). Dann geht es vergleichsweise problemlos weiter bis zur 1000-Euro-Frage, die den Kandidaten fast aus der Sendung wirft und Publikum wie Moderator Nerven kostet.
"Man hält traditionell eine …?", möchte Günther Jauch wissen, und gibt folgende Optionen vor: Dankesrede in der Dank, Wutrede in der Wu, Büttenrede in der Bütt, Trauerrede in der Trau.
Eigentlich eine sehr simple Frage, sollte man denken. Gerade am Rosenmontag, wo die Sendung ausgestrahlt wird. Doch der Kandidat stellt überzeugt fest: "Büttenrede in der Bütt natürlich nicht. Trauerrede in der Trau hört sich am Sinnvollsten an." Nach viel hin und her ruft er doch noch seinen Vater als Joker an. Und der tendiert im letzten Moment zur Büttenrede. Der Kandidat schließt sich ohne Zögern an.
Besonders Unwissende auf dem Ratestuhl wecken bei Jauch manchmal den Beschützerinstinkt, manchmal den Sadisten, manchmal auch beides. Und so fragt Jauch, wer im Publikum die Lösung gewusst hätte. Antwort: natürlich alle.
"Ich hatte Angst, mich zu blamieren. Ich hatte schon überlegt, spiele ich die Auswahlfrage mit? Hätte ich mal nicht machen sollen. Ich bin eine Schande für die Familie“, sagt Kjell Möller kleinlaut. Immerhin weiß er dann die 2000-Euro-Frage. Doch die 4000-Euro-Frage wird ihm zum Verhängnis. "Was ist häufig das Ergebnis, wenn Unwetter schwere Schäden anrichten?" Die Antwortmöglichkeiten: Blitzeisen, Hagelasphalt, Sturmholz, Gewitterstein.
Der Kandidat hat keine Ahnung. "Ich fühle mich hier wie bei der 1-Million-Frage." Jauch trocken: "Warum nicht den dritten Joker bei der 4000-Euro-Frage nehmen?" Also nimmt er den Zuschauer-Joker. Der sagt: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Hagelasphalt ist." Vermutlich hat er es vom Klang her mit Hagelsalz verwechselt. Die richtige Antwort ist Sturmholz.
Weil der unwissende Herr Möller nun auch noch vom Publikumsjoker eine falsche Antwort vorgesagt bekommen hat, packt Günther Jauch das Mitleid. "Ich überlege gerade, ob ich heute 'ne Spendierhose anhabe", sagt der Moderator. Spontan brandet Applaus im Studio auf. Jauch tut so, als hole er etwas Unsichtbares aus seiner Hosentasche:
Möller aber macht es nicht. Erst meint er: "Ich vertraue dem jungen Mann auf jeden Fall". Jauch resigniert: "Das kann jeder halten wie er möchte." Dann entscheidet sich der Kandidat um und wählt Blitzeisen. Und rutscht auf 500 Euro zurück. Ein sportliches Auto wollte sich Kjell Möller kaufen. "Ein Bobbycar vielleicht?", scherzt Jauch und muntert ihn auf: "Mit 19 Jahren sind sie noch jung. Machen Sie sich keinen Kopf, unterhaltsam war es auf jeden Fall. Viel Glück im Leben."
Als nächstes schafft es Linda Kotzur aus Zülpich auf den Ratestuhl, weil sie Fußballvereinen ihren Farben zuordnet. "Alles nur geraten", gibt sie zu. Sie ist im Vertriebsinnendienst tätig und nebenbei als Fluginfluencerin.
Weniger leicht ist es bei der 500-Euro-Frage, eigentlich einer Kategorie, bei der man nur kurz schmunzelt. Sie lautet: "Würde 'Hart aber Fair'-Moderator Klamroth heiliggesprochen, könnte er sich mit Fug und Recht wie bezeichnen?" Die Antwortoptionen: St. Pauli, St. Louis, St Gallen und St. Tropez.
Als die Kandidatin stutzt und es nicht weiß, ist Jauch erschüttert. “Das gibt's doch nicht, was ist denn heute hier los!", staunt er angesichts der zweiten Minderleistung in Folge.
Es geht lange hin und her. Günther Jauch versucht seiner Kandidatin zu helfen, aber sie ist auf dem völlig falschen Weg und kommt nicht darauf, dass es nur um den Vornamen des Moderators geht. Sie kennt weder ihn noch die Sendung. Jauch versucht es ein letztes Mal: "Wenn ich heilig gesprochen würde, wäre ich der Sankt Günther."
Dann setzt sie noch den 50:50-Joker und es bleiben St. Louis und St. Gallen übrig. Schließlich kommt sie drauf, dass es um den Vornamen geht. Puh! Mit 27 hat sie ihren Flugschein für kleine Maschinen gemacht, erzählt sie und erklärt: "Ich bin nicht dumm, ich weiß nur manchmal das Falsche."
Die 32.000-Euro-Frage hat es dann in sich. "Über 200.000 Bahamaer und knapp 5000 Rheinland-Pfälzer leben in …?", lautet sie. Zur Auswahl stehen: Coburg, Gotha, Oranien und Nassau.
Dass es eine Stadt mit dem Namen Nassau sowohl auf den Bahamas als auch in Rheinland-Pfalz gibt, wissen die wenigsten. Und die Kandidatin will ihren Telefonjoker fragen. Als die drei Joker eingeblendet werden, wird Jauch gleich aufmerksam: Dr. Philipp Rösler steht dort. Und der ehemalige FDP-Parteivorsitzende und Vorgänger von Christian Lindner ist auf dem eingeblendeten Foto leicht wiederzuerkennen.
Jauch ist geplättet. 2013 ist Rösler zurückgetreten, hat sich aus der Politik verabschiedet. Zuvor hatte Jauch ihn als Vize-Kanzler ein paar Mal zu Gast, damals bei seinem ARD-Talk, erzählt er. "Was macht der heute?", fragt der Moderator neugierig. Die Kandidatin weiß es nicht. "Wir kennen uns übers Fliegen, dar redet man nur übers Fliegen."
Rösler erzählt es dann selbst. "Ich lebe jetzt in Zürich und habe eine kleine Beratung“, sagt Rösler. "Ich gucke aus der Ferne auf die deutsche Politik und bin ehrlich gesagt ganz froh, dass ich nicht mehr so direkt aktiv bin."
Was die Antwort auf die 32.000-Euro-Frage angeht, weiß Rösler allerdings keinen Rat. "Keine Tendenz, trotzdem danke", sagt die Kandidatin. Jauch kommentiert ironisch: "Ganz selten, dass einer von der FDP, wenn er was gefragt wird, nichts sagt."
Die Kandidatin geht mit 8000 Euro nach Hause. "Reicht für ein paar Runden Kerosin für alle am Flughafen", urteilt Jauch süffisant.
Justus Will, 38, Gastronom aus Berlin, schafft es abschließend auf den Stuhl. "Der Gastronomie geht es nicht so gut", stellt Jauch in den Raum. "Deshalb bin ich hier", antwortet der Betreiber eines kleinen Restaurants in Berlin-Kreuzberg schlagfertig. Er schafft es bis zur 8000-Euro-Frage, dann ertönt die Sirene. Nächste Woche geht es weiter.