Wirbel um Dieter Nuhr: Ein Beitrag des Kabarettisten für eine Kampagne der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat heftige Kritik ausgelöst. Nun löschte der Verein diesen. Nuhr beklagt jetzt, er werde öffentlich als Wissenschaftsfeind diskreditiert. Was ist passiert?
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fordert nicht nur Forschungsprojekte an Hochschulen, sondern will "ihre Überzeugung für eine freie und erkenntnisgeleitete Forschung in die Gesellschaft tragen". Dieses Ziel steht auf der Website der aktuellen Kampagne "DFG2020 – Für das Wissen entscheiden". Für diese hat die Forschungsgemeinschaft zahlreiche prominente Botschafter gewonnen, den Moderator Ranga Yogeshwar zum Beispiel. Und auch Dieter Nuhr.
Der Kabarettist nahm einen Audioclip auf, der im Anschluss auf der Kampagnenhomepage und in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde.
Rund 45 Sekunden lang war die Aufnahme – lang genug, um einen Shitstorm hervorzurufen. Nuhr sagt in dem Beitrag unter anderem:
Dieter Nuhr hatte in der Vergangenheit mehrfach Fridays for Future und Greta Thunberg attackiert, die immer wieder mahnt, in Sachen Klimakrise dem Rat der Wissenschaft zu folgen. Nuhr sprach im Zusammenhang mit Thunberg unter anderem von einem "lächerlichen Personenkult" und sagte etwa: "Wenn unsere Kinder meinen, wir könnten diese Welt mit ein bisschen Sonne und Wind antreiben, dann sollten wir Eltern ihnen ein Hamsterrad mit Dynamo ins Kinderzimmer stellen. Da können sie dann ihre Handys aufladen."
Die DFG reagierte im Anschluss. Zunächst verteidigte der Verein den Nuhr-Beitrag noch auf Twitter: "Liebe alle: Jeder, dessen Statement inhaltlich #fürdasWissen steht, ist bei #DFG2020 willkommen. Wir verweisen auf die Idee dahinter."
Einen Tag und viele kritische User-Kommentare später dann schwenkte die Forschungsgemeinschaft um: "Liebe Community, wir nehmen die Kritik, die vielen Kommentare und Hinweise ernst und haben den Beitrag von Dieter #Nuhr von der Kampagnenwebsite entfernt."
Dieser Schritt wiederum rief den Kabarettisten auf den Plan. Dieter Nuhr spricht nun sogar von "Denunziation". Die Löschung sei "geradezu alarmierend", teilte er gegenüber der "Welt" mit.
Nuhr sagt: "Es gibt weltweit – Stichwort cancel culture – zunehmend mächtiger werdende Versuche, kritische Stimmen mundtot zu machen. Die DFG hat sich dem nun angeschlossen. Das ist sehr bedenklich."
Zwar beteuert Nuhr, dass er Fridays for Future grundsätzlich für sympathisch halte. Aber einen Satz wie "Folgt der Wissenschaft" halte er für "unbrauchbar, weil er suggeriert, es gebe die eine, eben wissenschaftliche Lösung für das Problem des Klimawandels".
Als Wissenschaftsleugner bezeichnet zu werden, hält Nuhr indes für "absurd und beleidigend". Er beklagt: "Es wird immer häufiger denunziert statt argumentiert."
Nuhr hat sich der "Welt" zufolge auch in einem Schreiben direkt an die DFG gewandt. Er wirft der Forschungsgemeinschaft vor, sich den "Krawallmachern" im Internet zu unterwerfen, die "an der Unterdrückung kritischer Stimmen arbeiten, die in der Mitte des politischen Spektrums stehen". Zu diesem zählt Nuhr sich offensichtlich selbst. Er bilanziert: "Mir gruselt es ein wenig."
Die DFG scheint ihre Zusammenarbeit mit dem Kabarettisten indes zu bereuen. Gegenüber der "Welt" teilten die Forscher mit Blick auf Nuhr mit, sie seien "offensichtlich zu einer falschen Gesamteinschätzung seiner Haltung gegenüber Wissenschaft und der Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnisse gekommen".
(hau)