Judith Rakers teilt einen privaten Blick hinter die Kulissen ihres Jobs als "Tagesschau"-Sprecherin. Seit Ende Februar befindet sich die Welt in einer Ausnahmesituation: Die Ukraine wird von Russland angegriffen und der Rest der Welt muss herausfinden, was dagegen zu tun ist. Hunderttausende Ukrainer flüchten aus ihrem Heimatland oder haben sich in Bunkern verschanzt.
Immer wieder wird die Kriegslage unübersichtlich, auf Social Media kursieren Falschmeldungen oder irreführende Schlagzeilen. Umso wichtiger sind verlässliche, sachlich korrekte Informationen. In der "Tagesschau" und in anderen Nachrichtenformaten müssen Meldungen so neutral wie nur möglich aufbereitet werden, eine persönliche Meinung ist außerhalb eines Kommentars nicht üblich.
Dass das gerade in der jetzigen Situation nicht einfach ist, stellte nun Judith Rakers in einem emotionalen Posting auf Instagram fest. Sie schilderte, dass es ihr sehr schwer falle, die von ihr geforderte Neutralität zu bewahren und wünschte sich in ihrem Statement auch, dass der Krieg in der Ukraine möglichst schnell beendet sein möge.
Offenbar direkt nach einer aktuellen "Morgenmagazin"-Ausgabe schoss Rakers ein Selfie von sich, in der Hand hat sie augenscheinlich noch die schriftlichen Meldungen aus der Sendung. Eigentlich, so stellte die 46-Jährige fest, wolle sie auf Social Media nichts Politisches posten. Sie konzentriere sich auf Instagram lieber auf "die schönen Dinge des Lebens, die kleinen, die glücklich machen."
Nun entschied sich Rakers aber dazu, diese selbst auferlegte Regel zu brechen. Der Grund ist ihr Job als Nachrichtensprecherin. Sie erläutert: "Weil wir bei der Tagesschau gehalten sind, NEUTRAL zu bleiben bei allen Themen, über die wir in den Nachrichten auch berichten." Objektivität sei für sie ein hohes Gut und sie finde den Neutralitätsanspruch ihrer Arbeit auch sehr wichtig, aber: "Da ich heute morgen in der Frühschicht wieder nur schlechte Nachrichten für euch hatte, möchte ich hier einmal klar sagen, dass mir das nicht leicht fällt." Und weiter:
Mit dem Post verlässt Judith Rakers also ganz eindeutig ihren neutralen Anspruch aus ihrem Arbeitsalltag. Eindringlich fügt sie der Botschaft einen letzten Satz hinzu und schreibt: "Ich formuliere es jetzt so neutral, wie ich kann: Dieser Wahnsinn muss aufhören."
Tatsächlich postet Judith Rakers ansonsten auf ihrem Instagram-Profil in erster Linie Fotos vom heimischen Bauernhof, einer schlafenden Katze, einem guten, selbst gekochten Essen oder auch mal einem Feierabend-Cocktail. Dass sie sich jetzt entschieden hat, ihren 221.000 Followern auch diese Seite ihrer Gefühlswelt zu zeigen, bekommt auf ihrem Profil viel Zuspruch.
Ihre Kollegin Susan Link bestätigte Rakers zudem in ihrer Aussage und kommentierte: "Liebe Judith, genauso ist es! Man berichtet neutral und mit sorgsam gewählten Worten. Und trotzdem gehen die Bilder und Schicksale nicht einfach an einem vorbei." Der Schauspieler Oliver Wnuk meldete sich ebenfalls zu Wort und dankte Rakers für ihre Arbeit.
Ein User fügte außerdem anerkennend hinzu: "In der heutigen Zeit beneide ich Sie nicht um Ihren Job. Ich persönlich kann auswählen, wie viel News ich vertragen möchte. Das können Sie nicht. Respekt für Ihre Einstellung dazu und auch dazu, dass Sie trotzdem deutlich mitteilen, was Sie von dieser ganzen Geschichte halten – ohne es explizit gesagt zu haben."
(cfl)